MEIN STÜCK VOM KUCHEN | Ma part du gâteau
Filmische Qualität:   
Regie: Cédric Klapisch
Darsteller: Karin Viard, Gilles Lellouche, Audrey Lamy, Jean-Pierre Martins, Raphaële Godin, Marine Vacth, Zinedine Soualem, Fred Ulysse
Land, Jahr: Frankreich 2011
Laufzeit: 109 Minuten
Genre: Komödien/Liebeskomödien
Publikum: ab 16 Jahren
Einschränkungen: X
im Kino: 9/2011
Auf DVD: 2/2012


José García
Foto: Kinowelt

Der französische Regisseur Cédric Klapisch wurde vor allem für seine Komödien, etwa für die Verfilmung des gleichnamigen Theaterstücks von Agnès Jaoui und Jean-Pierre Bacri „Typisch Familie“ („Un air de famille“, 1996) sowie für „Barcelona für ein Jahr“ („L’auberge espagnole“, 2002, nach eigenem Drehbuch) international bekannt. In seinem nun anlaufenden Spielfilm „Mein Stück vom Kuchen“ („Ma part du gâteau“) verknüpft Klapisch, ebenfalls nach selbstverfasstem Drehbuch, komödiantische mit sozialkritischen Elementen – mit nicht immer überzeugendem Ergebnis.

Die ersten Bilder bringen bereits den Kuchen ins Bild, der hier als Metapher dienen soll: Eine Arbeiterfamilie feiert Geburtstag in der nordfranzösischen Industriestadt Dünkirchen. Nicht allen in der Verwandtschaft ist es jedoch zum Feiern zumute: Die allein erziehende Mutter von drei Töchtern France (Karin Viard) hat gerade zusammen mit weiteren 1 200 Arbeitern den Job in der Fabrik verloren, in der sie 20 Jahre lang gearbeitet hatte, weil deren Betrieb abgewickelt wurde. Nach einem Selbstmordversuch entschließt sich France, ihr Glück in Paris zu versuchen. Von einem Bekannten ihrer ältesten Tochter bekommt sie die Adresse von Ahmed (Zinedine Soualem) ausgehändigt, die in der französischen Hauptstadt ein Putzfrauen-Service betreibt.

Nachdem France bei Ahmed eine Schnellgang-Ausbildung absolviert hat, findet die resolute Frau schnell eine Stelle als Haushaltshilfe im modern-eleganten Appartement eines Börsenmaklers: Stéphane (Gilles Lellouche) hat in London eine steile Karriere gemacht. Steve, wie sich der Börsenhai in England nennt, wird deshalb von seinem Chef nach Paris entsandt, um in der französischen Hauptstadt eine Filiale der Investment-Bank aufzubauen. Beachtet anfangs der vielbeschäftigte Investmentexperte seine Putzfrau kaum, so ändert sich dies schlagartig, als Steves vierjähriger Sohn Alban (Lunis Sakji) von dessen Mutter, die zu einer vierwöchigen Thailandreise aufbricht, einfach bei ihm abgegeben wird. Plötzlich sieht sich der erfolgsgewohnte Banker mit einem Problem konfrontiert, für das er keine Lösung kennt. Händeringend wendet er sich an France, die sich gegen ganz schön viel Geld bereit erklärt, auf den Jungen aufzupassen. Zusammen mit Alban kommen sich die Beiden näher, insbesondere nachdem sie ein Wochenende in London zu dritt verbringen, in dessen Verlauf France Steve zu einem Galadiner begleitet. Nach einer gemeinsamen Nacht erfährt sie jedoch, dass er für den Abverkauf der Dünkirchener Fabrik mitverantwortlich war. France sinnt auf Rache …

Cédric Klapisch führt, insbesondere zu Beginn, in den zwei Parallelhandlungen auch zwei Parallelwelten vor. Stehen die Zeichen in Dünkirchen auf Arbeitsplatzabbau, so steigen bei Steve in London die Börsenkurse immer höher. Steves und Frances Welten könnten unterschiedlicher nicht sein, wie es am ersten Wochenende ihrer Arbeitsbeziehung deutlich wird: Während sie mit dem Zug zu ihren Kindern nach Hause fährt, jettet er im Privatflugzeug und in Begleitung eines jungen Models nach Venedig. Obwohl das Wochenende für Steve ganz anders verläuft, als er sich vorgestellt hatte, wird dadurch der Gegensatz zwischen dem Egoisten und der Frau mit Familiensinn verdeutlicht. Ist er daran gewöhnt, sich zu nehmen, was er will, so muss sie um ihr Stück vom Kuchen mit all ihren Kräften kämpfen.

Abgesehen von einigen dramaturgischen Schwächen, die sich etwa bei einer viel zu lange geratenen Rückblende offenbaren, und etlichen viel zu konstruierten Stellen im Drehbuch krankt Klapischs Film vor allem daran, dass sich die Mischung aus Komödie und Sozialdrama zu unausgewogen ausnimmt. Insgesamt scheint sich der französische Regisseur mehr für die komödiantischen Aspekte des Zusammenpralls zweier Lebensentwürfe und –welten zu interessieren als für die sozialkritische Komponente, die im Drehbuch durchaus vorhanden ist. Zwar tappt Klapisch nicht in die Falle, ein verlogenes Happy End nach Hollywood-Art anzubieten. Sein Film ist jedoch vom Realismus der britischen Regisseure Mike Leigh oder Ken Loach meilenweit entfernt.

Die Unentschiedenheit des Filmes setzt sich insbesondere in der Charakterzeichnung fort. Steht etwa Frances Selbstmordversuch in krassem Gegensatz zu ihrem zupackenden Charakter, der sich von allerlei Schwierigkeiten nicht zermürben lässt, so wirkt Steves Verwandlung in einen liebenden Vater kaum glaubwürdiger. Obwohl dem Zuschauer die Figuren über weite Strecken holzschnittartig, ja die ganze Handlung karikaturhaft vorkommen, entschädigt ihn jedoch das hervorragende Spiel von Karin Viard, die aus den teilweise skurril-irrealen Situationen das Beste daraus macht, ohne über die Slapstick-Stränge zu schlagen.
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