JANE EYRE | Jane Eyre
Filmische Qualität:   
Regie: Cary Fukunaga
Darsteller: Mia Wasikowska, Michael Fassbender, Judy Dench, Sally Hawkins, Jamie Bell, Imogen Poots, Amelia Clarkson, Holliday Grainger, Tamzin Merchant
Land, Jahr: Großbritannien 2011
Laufzeit: 120 Minuten
Genre: Literatur-Verfilmungen
Publikum: ab 12 Jahren
Einschränkungen: --
im Kino: 12/2011
Auf DVD: 4/2012


José García
Foto: Tobis

Die Romane der Schwestern Charlotte und Emily Brontë gehören zu den bekanntesten Werken der viktorianischen Literatur im England des 19. Jahrhunderts. Sowohl Emilys einziger Roman „Sturmhöhe“ („Wuthering Heights“, 1847) als auch Charlottes „Jane Eyre“ (ebenfalls 1847) wurden häufig für Kino und Fernsehen adaptiert. Nun hat der erst 34-jährige Cary Joji Fukunaga nach seinem vielbeachteten Regiedebüt „Sin Nombre“ (siehe Filmarchiv) für seinen zweiten Spielfilm „Jane Eyre“ in ein ganz anderes Genre gewechselt, um eine zwar der Vorlage treue, aber keineswegs verstaubte filmische Interpretation des klassischen Romans von Charlotte Brontë zu bieten.

Im Morgengrauen flieht eine junge Frau aus einem typisch englischen Landhaus. Nachdem sie durch eine Moorlandschaft gewandert ist, bricht sie unter dem aufziehenden Gewitter zusammen. Jane Eyre (Mia Wasikowska) wird von Vikar St. John (Jamie Bell) und seinen beiden Schwestern aufgenommen. Im benachbarten Dorf findet sie unter falschem Namen eine Anstellung als Lehrerin. Der dramaturgische Kniff, die chronologische Erzählstruktur des Romans zu durchbrechen, erlaubt Regisseur Fukunaga, Kindheit und Jugend Jane Eyres mit einigen Pinselstrichen zu beschreiben und sich auf das Wesentliche zu konzentrieren: Auf Janes Liebe zu Mr. Rochester (Michael Fassbender), dem Hausherrn von Thornfield Hall, wo sie als 19-Jährige eine Anstellung als Gouvernante fand.

Diese teilweise Parallelerzählung auf mehreren Zeitebenen stellt allerdings die einzige Modernisierung von Charlotte Brontës Roman dar. Denn die Inszenierung von Fukunagas Film kann als überaus klassisch bezeichnet werden. Die Kamera von Adriano Goldman schwelgt zwar in den bis in die Details liebevoll rekonstruierten Dekors des Produktionsdesigners Will Hughes-Jones, liefert aber immer wieder Nahaufnahmen der Gesichter, in denen die hervorragenden Darsteller ihr Seelenleben ausdrücken: Mia Wasikowska gelingt es, die in der Kindheit erlittenen Verwundungen, ihr Verlangen nach Selbstständigkeit, vor allem aber ihre nach außen unterdrückte Liebe darzustellen. Michael Fassbender wiederum drückt die widersprüchlichen Gefühle aus vermeintlicher Schroffheit und Herzensgüte bestens aus.

Die atmosphärisch dichte Inszenierung, die von der getragenen, aber nie pathetisch klingenden Diktion der Darsteller und darüber hinaus von der stimmigen Filmmusik von Dario Marianelli vortrefflich unterstützt wird, macht Fukunagas „Jane Eyre“ zu einer herausragend zeitlosen Literaturverfilmung.
Diese Seite ausdrucken | Seite an einen Freund mailen | Newsletter abonnieren