KUNST ZU GEWINNEN, DIE – MONEYBALL | Moneyball
Filmische Qualität:   
Regie: Bennett Miller
Darsteller: Brad Pitt, Jonah Hill, Ken Medlock, Philip Seymour Hoffman, Chris Pratt, Kerris Dorsey, Robin Wright, Stephen Bishop, Brent Jennings
Land, Jahr: USA 2011
Laufzeit: 133 Minuten
Genre: Komödien/Liebeskomödien
Publikum: ab 6 Jahren
Einschränkungen: --
im Kino: 2/2012
Auf DVD: 6/2012


José García
Foto: Sony

Die Zeiten, in denen Massensportarten unter gleichen Bedingungen für alle Beteiligten stattfanden, sind längst vorbei. Die immensen Geldsummen, die buchstäblich auf dem Spiel stehen, haben zu einer Zweiklassengesellschaft im bezahlten Sport geführt. Dank riesiger Investitionen aus Abu Dhabi gelang es beispielsweise Manchester City, in nur drei Jahren dem Keller der „Premier League“ zu entkommen und 2011 erstmalig die Qualifikation für die Champions League zu schaffen. Zurzeit steht Manchester City zudem an der Spitze der englischen Fußballliga. Die Kehrseite dieser Entwicklung verdeutlicht etwa Ajax Amsterdam: Der viermalige Europa-/Champions League-Meister hat seit 1995 keinen internationalen Titel mehr gewonnen. Dass der niederländische Traditionsverein zurzeit in Europa lediglich zweitklassig ist, hat einen einfachen Grund: Obwohl Ajax Amsterdam als eine der besten Fußballerschmieden der Welt gilt, kann der Verein die Spieler nicht halten. Seine jungen Talente werden von den reichen europäischen Clubs bereits mit Anfang Zwanzig abgeworben.

Dieses Abwerbe-Problem steht denn auch am Anfang des Spielfilms „Die Kunst zu gewinnen – Moneyball“: Auf die Dokumentarbilder des Baseball-Endspiels zwischen den Oakland Athletics und den New York Yankees am 15. Oktober 2001 folgen die Budgetangaben der zwei Mannschaften. Die wieder einmal mit finanziellen Schwierigkeiten kämpfenden „Oakland A’s“ sehen sich gezwungen, ihre Stars von reicheren Vereinen verpflichten zu lassen, die ihnen viel höhere Gehälter bieten können. Eine Einspielung aus dem Rundfunk stellt unmissverständlich fest: „Beste Spieler werden von den besseren Teams weggekauft“. Billy Beane (Brad Pitt), Manager der „Oakland A’s“, steht vor der schwierigen Aufgabe, für die neue Saison 2002 seine Baseball-Mannschaft komplett neu aufzustellen. Um gegen Vereine anzutreten, die über ein dreifaches Budget verfügen, stellt er das bisherige Spielsystem auf den Kopf. Dabei kommt ihm der Yale-Wirtschaftsabsolvent Peter Brand (Jonah Hill) zu Hilfe, der ein vom Baseball-Historiker Bill James entwickeltes, auf mathematischen Formeln und Statistiken basierendes Prinzip zur Mannschaftszusammenstellung vertritt. Das Revolutionäre an diesem neuartigen Konzept: Sie nehmen gerade die Spieler unter Vertrag, die vom Rest der Liga entweder übersehen oder unterschätzt wurden. Mit dieser Methode und ihren Außenseitern ecken Billy und Peter sowohl bei den Medien und den Fans als auch bei ihrem eigenen Trainer Art Howe (Philip Seymour Hoffman) an, der sich weigert, mit ihnen zu kooperieren. Aber die Beiden haben eine lange Saison vor sich, um ihren Ansatz unter Beweis zu stellen.

Basierend auf dem vom ehemaligen Aktienhändler Michael Lewis im Jahre 2003 veröffentlichten Sachbuch „Moneyball“ konzentrieren sich die renommierten Drehbuchautoren Steven Zaillian und Aaron Sorkin darauf, wie die unterfinanzierten und unterschätzten „Oakland A’s“ ein unfaires System, in dem das große Geld und entsprechend zusammengestellte Mannschaften das Sagen haben, herausfordern. In seiner Inszenierung greift Regisseur Bennett Miller dafür bemerkenswert wenig auf Szenen aus den Baseballspielen zurück – wofür ihm der europäische, mit den Baseball-Regeln wenig vertraute Zuschauer gewiss dankbar ist. „Die Kunst zu gewinnen – Moneyball“ spielt sich vielmehr in den Meetingräumen und den Managerbüros ab, wo Billy Beane die Verein-Scouts, den Trainer oder auch den Vorsitzenden der „Oakland A’s“ von der Richtigkeit seines Konzeptes zu überzeugen sucht. Weil Billy Beane im Mittelpunkt des Filmes steht, folgt ihm Wally Pfisters Kamera auch etwa in den Fitnessraum oder in eine einsame Landschaft, wohin er sich während der Spiele seiner Mannschaft flüchtet, die er sich nie anschaut. Ein Handlungsnebenstrang widmet sich der Beziehung Billy Beanes zu seiner Tochter Casey (Kerris Dorsey), die bei Beanes geschiedener Frau Sharon (Robin Wright) lebt. Etwas zu gefühlsbetont geraten die Rückblenden, mit denen Beanes besonderer Ehrgeiz als Manager verdeutlicht werden soll: Einst galt er als künftiger Baseball-Superstar, konnte den hohen Erwartungen am Ende jedoch nicht gerecht werden. Als gäbe es in der Sportgeschichte keine Beispiele von mittelmäßigen Spielern, die sich als hervorragende Trainer oder Manager herausstellten.

Diese Rückblenden hemmen denn auch eine Dramaturgie, die sich sonst wohltuend vom üblichen Muster der Sportfilme abhebt, in denen am Ende der Erfolg von David gegen Goliath steht. „Die Kunst zu gewinnen – Moneyball“ setzt insbesondere auf die Schauspieler. Fühlt sich Philip Seymour Hoffman offenbar in seinem Part als Trainer unterfordert, so glänzen Brad Pitt, der für diese Rolle des von seinen Ideen besessenen Baseball-Managers für den diesjährigen Oscar nominiert wurde, sowie Jonah Hill, der seiner Figur viele Nuancen und eine gute Portion Humor abgewinnt. Für diese Schauspielleistung heimste Hill ebenfalls eine Oscar-Nominierung ein.
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