SCHNEE AM KILIMANDSCHARO, DER | Les neiges du Kilimandjaro
Filmische Qualität:   
Regie: Robert Guédiguian
Darsteller: Robert Guédiguian
Land, Jahr: Frankreich 2011
Laufzeit: 107 Minuten
Genre: Zwischenmenschliche Beziehungen
Publikum: ab 12 Jahren
Einschränkungen: --
im Kino: 3/2012


José García
Foto: Arsenal

Die Filme des französischen Regisseurs mit deutsch-armenischen Wurzeln Robert Guédiguian spielen im Arbeitermilieu von Marseille, wo er selbst 1953 geboren wurde. Dass im Mittelpunkt seines nun anlaufenden Spielfilms „Der Schnee am Kilimandscharo“ („Les neiges du Kilimandjaro“) die „armen Leute“ stehen, zeigt bereits die erste Filmszene: Die Gewerkschaftler Raoul (Gérard Meylan) und Michel (Jean-Pierre Darroussin) entscheiden per Los über die zwanzig Kollegen, die entlassen werden sollen, um die Werft zu retten.

Als Gewerkschaftsvertreter hätte Michel zwar nicht auf der Liste der in Frage kommenden Arbeiter zu stehen brauchen. Von diesem Privileg wollte er jedoch aus Solidarität keinen Gebrauch machen. Nachdem der Zettel mit seinem Namen ausgelost wird, muss auch Michel gezwungenermaßen in den Vorruhestand. Michels Klassenbewusstsein und Ideale werden freilich bald auf die Probe gestellt, als zwei maskierte und bewaffnete Männer ihn und seine Frau Marie-Claire (Ariane Ascaride) überfallen, fesseln und die Ersparnisse stehlen, mit denen das Ehepaar eine Reise nach Afrika zum Kilimandscharo unternehmen wollte. Denn als einer der Angreifer stellt sich Christophe (Grégoire Leprince-Ringuet) heraus, der zusammen mit Michel aus der Werft entlassen wurde und aus einer gewissen Zwangslage heraus gehandelt hat, weil er für seine zwei jüngeren Brüder sorgen muss.

Unabhängig von manchen Zufällen im Drehbuch oder von der bewusst, durch die Filmmusik deutlich unterstützten, märchenhaften Anmutung insbesondere des Filmendes stellt Robert Guédiguian Michels Gewissenskonflikt – Soll er seine Anzeige gegen jemand, der „ein Arbeiter wie wir“ ist, zurücknehmen? – in den Mittelpunkt von „Der Schnee am Kilimandscharo“. Stärker als etwa der andere Anwalt der „kleinen Leute“ unter den Filmregisseuren, der Finne Aki Kaurismäki, wird Robert Guédiguian gerne als der Filmemacher angesehen, der mit seinen Filmwerken das Klassenbewusstsein wachhalten möchte, wobei er sich selbst als Kommunist bezeichnet, der noch immer an den Klassenkampf als Instrument zum Verschwinden der Klassen glaubt. Dennoch: „Der Schnee am Kilimandscharo“ stellt tiefgreifendere moralische Fragen. Indem der Regisseur seine Hauptfigur über die Anwendung seiner Prinzipien auf eine ganz persönliche Angelegenheit nachdenken lässt, liefert er ein eindrückliches Plädoyer für Versöhnung und Menschlichkeit.
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