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José GarcÃa Foto: Prokino Filme über krebskranke Kinder geraten verständlicherweise leicht zum Melodram, so etwa der Klassiker âLorenzos Ãlâ (George Miller, 1993), der die wahre Geschichte eines sechsjährigen Jungen verfilmte, bei dem eine seltene Nervenkrankheit diagnostiziert wird. Dass aber ein solches Schicksal auch als Mischung aus Tragödie und Komödie filmisch umgesetzt werden kann, stellte Eric Emmanuel Schmitts auf seinem eigenen Roman basierender Spielfilm âOskar und die Dame in Rosaâ (siehe Filmarchiv) unter Beweis. Nun startet im deutschen Kino der französische Film âDas Leben gehört unsâ, dem, ähnlich Schmitts Film, der Drahtseilakt zwischen Tragödie und Komödie gelingt, gleichzeitig aber wie âLorenzos Ãlâ aus der Sicht der gegen die Krankheit des Sohnes kämpfenden Eltern erzählt. Für Juliette (Valérie Donzelli) und Roméo (Jéremie Elkaim) ist es Liebe auf den ersten Blick. Nachdem sie sich in einer Pariser Diskothek kennengelernt haben, machen sie Witze über ihre Namen: âErwartet uns also ein schreckliches Schicksal?â Wie recht sie damit haben, stellt sich etwa ein Jahr später heraus. Nachdem der Zuschauer im Zeitraffer ihre Verliebtheit erlebt hat, wird er Zeuge ihres Glücks, als ihr Sohn Adam zur Welt kommt. Weil Juliette beruflich sehr in Anspruch genommen wird, kümmert sich liebevoll Roméo um den Kleinen. Dabei beobachtet er, dass sich Adam sehr häufig übergibt. Die Kinderärztin stellt eine Gesichtsasymmetrie fest und rät zu weitgehenden neurologischen Untersuchungen. Genau in dem Augenblick, als sie die Diagnose erhalten, beginnt der Irakkrieg. Juliette und Roméo erklären der Krankheit ebenfalls den Krieg â daher auch der Originaltitel âLa guerre est déclaréeâ. Denn Adam hat einen Gehirntumor. Das Besondere an âDas Leben gehört unsâ besteht zum einen darin, dass Valérie Donzelli und Jéremie Elkaim gemeinsam ein Drehbuch geschrieben haben, das nicht auf irgendwelchen Tatsachen, sondern auf den Erlebnissen beruht, die sie selbst durchgemacht haben. Darüber hinaus spielen die beiden sozusagen sich selbst. Dazu führt Donzelli, die auÃerdem Regie führt, aus: âIn gewisser Weise ist dieser Film autobiografisch, weil Jéremie und ich ein Kind haben, das schwer krank wurde. Die Fakten liegen sehr nah an dem, was wir durchgemacht haben. Dennoch erzählt der Film nicht unsere Geschichte.â Dass Valérie Donzelli ihren Film nicht als (film-)therapeutische Aufarbeitung versteht, macht sie mit ihrer Inszenierung deutlich. Da ist zunächst einmal die Off-Stimme oder genauer die drei verschiedenen Off-Stimmen, die in je eigener Tonart mit unterschiedlicher Distanz ihre Kommentare abgeben. Lässt sich der Zuschauer auf diese ausgiebige und eigentümliche Verwendung dieses Stilmittels ein, so spürt er, dass dadurch die gewohnte Dramaturgie konterkariert wird. Ãhnliches gilt für die Kameraarbeit: Sie schafft eine groÃe Nähe, ja Authentizität, weil der Film weitestgehend mit einer Fotokamera bei natürlichem Licht gedreht wurde. Diesen Bildern stellt aber die Regisseurin die traditionell mit einer 35 Millimeter-Kamera in Zeitlupe aufgenommenen Schlusseinstellungen gegenüber. Der Schwere des Sujets begegnet Valérie Donzelli darüber hinaus mit einer beschwingten Dramaturgie, bei der sich an mehreren Stellen eine gewisse Komik Bahn bricht. So etwa, als die Familien von Roméo und Juliette vorgestellt werden. Dass die Regisseurin âein sehr gegenwärtiges Paar zeigenâ wollte, äuÃert sich nicht nur darin, dass er den Haushalt macht und das Kind versorgt, während sie arbeitet. AuÃerdem wird dem Zeitgeist dadurch gefrönt, dass Roméos Mutter Claudia (Brigitte Sy) eine Lebensgefährtin hat, Alex (Elina Löwensohn). Die Ãberzeichnung wirkt insbesondere im Kontrast mit Juliettes Eltern (Michele Moretti, Philippe Laudenbach), die als besonders konservativ dargestellt werden. Zur überbetonten Modernität der Filmanmutung gehört es etwa denn auch, dass sich Juliette und Roméo als nicht gläubig bezeichnen â was sie aber nicht daran hindert, im Augenblick der Not ein Gebet zu sprechen. Wobei insbesondere Juliette kein Hehl daraus macht, dass sie es auch ehrlich meint. Zur auÃergewöhnlichen Inszenierung von Donzellis Film gehört auÃerdem eine sehr eigenwillige Musik-Mischung aus klassischen Stücken, Ennio Morricone, Chansons und Techno-Musik, mit der die Regisseurin die unterschiedlichen Gefühlszustände ihrer Figuren unterstützt. âDas Leben gehört unsâ ist alles andere als ein halbdokumentarischer Film über ein krankes Kind. Denn Donzellis Film erzählt eine wunderbare Liebesgeschichte, die nach dem Hochgefühl des Anfangs einer harten Bewährungsprobe unterzogen wird. Dass sich die Protagonisten, wie dem Abspann zu entnehmen ist, am Ende trennen und nach mehreren Versuchen wieder auseinandergehen, stellt zwar einen Wermutstropfen dar. Das gemeinsame Kämpfen für ihr Kind lässt sie jedoch innig verbunden bleiben. âDas Leben gehört unsâ wurde als Frankreichs Beitrag für den Oscar als Bester nicht-englischsprachiger Film ausgewählt. |
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