KOCHEN IST CHEFSACHE | Comme un Chef
Filmische Qualität:   
Regie: Daniel Cohen
Darsteller: Jean Reno, Michaël Youn, Raphaëlle Agogué, Joulien Boisselier, Salomé Stevenin, Serge Larivière, Issa Doumbia
Land, Jahr: Frankreich 2011
Laufzeit: 84 Minuten
Genre: Komödien/Liebeskomödien
Publikum:
Einschränkungen: --
im Kino: 6/2012
Auf DVD: 11/2012


José García
Foto: Senator

Der wunderbar animierte, mit viel Liebe zum Detail gestaltete und mit typischer Pariser Akkordeonmusik unterlegte Vorspann verspricht eine leichtfüßige Komödie. Dem wird Daniel Cohens Spielfilm „Kochen ist Chefsache“ („Comme un Chef“), der bei der diesjährigen Berlinale die Sektion „Kulinarisches Kino“ eröffnete, auch gerecht, ohne freilich auf Klischees zu verzichten. Nicht frei von solchen stereotypen Verhalten stellt sich denn auch eine der Hauptfiguren in Cohens Film bereits in der ersten Szene dar, nachdem das letzte Vorspannbild in den Film übergegangen ist: Der leidenschaftliche Koch Jacky Bonnot (Michaël Youn) gerät mit seinen Gästen anein-ander, weil er ihnen den zu seinem Gericht passenden Wein kompromisslos vorschreiben will. Der gekränkte Künstler, dem seine Kunst wichtiger als das Geschäft ist, verliert natürlich seinen Job. Nachdem er auch noch aus einem Schnellrestaurant gefeuert wird, verspricht er seiner hochschwangeren Frau Béatrice (Raphaëlle Agogué), die erstbeste bezahle Arbeit anzunehmen. Der Hobbykoch muss nun als Maler in einem Altersheim Unmengen von Türen und Fenstern renovieren. Aber ausgerechnet dort wird er den Sternekoch Alexandre Lagarde (Jean Reno) kennenlernen, den er über alles bewundert, und dessen Rezepte Jacky auswendig kennt.

Um den berühmten Sternekoch, der in einem Edelrestaurant in Paris immer wieder mit seinem Personal hadert, ist es allerdings nicht besonders gut bestellt. Denn Stanislas Matter (Julien Bouisselier), der neue, jung-dynamische Geschäftsführer des Konzerns, zu dem Lagardes Restaurant gehört, möchte Alexandre Lagarde durch einen jungen Koch ersetzen, der sich auf die trendige „Molekular-Küche“ spezialisiert hat. Das könnte schon bald geschehen. Denn nach einer Vertragsklausel müsste Lagarde seinen Platz räumen, wenn er seinen dritten Kochstern verliert. Und der Besuch der Michelin-Kritiker steht nun bevor. Der gestresste Koch vergisst sogar, dass seine Tochter kurz vor ihrem Studienabschluss steht, weswegen bei ihm zu Hause der Haussegen schief hängt. Die Begegnung mit Jacky könnte ihm helfen, ein neues Menü zu kreieren, das die Restaurantkritiker überzeugt. Allerdings sind da noch ein paar Hürden zu nehmen, muss doch Jacky etwa seiner Frau verheimlichen, dass er einen zweiwöchigen unbezahlten Probejob als Sous-Chef bei Lagarde angenommen hat.

Trotz der vorhersehbaren Dramaturgie im zusammen mit Olivier Dazat von Regisseur Daniel Cohen selbstverfassten Drehbuch, überzeugt die leichtfüßige Inszenierung von „Kochen ist Chefsache“ vor allem deshalb, weil sich die zwei Protagonisten bestens ergänzen. Der seit Luc Bessons „Leon – Der Profi“ (1994) für seine knallharten Charaktere berühmte Jean Reno stellt eine komödiantische Seite unter Beweis. Der für seine Leinwandpräsenz bekannte, aus Marokko stammende französische Mime verlässt sein zurückgenommenes Schauspiel lediglich in einer am Slapstick orientierten Episode, die freilich am Possenspiel vorbeischrammt, als die zwei Protagonisten, als japanisches Diplomatenpaar verkleidet, die Geheimnisse der Molekularküche im Restaurant des Gegenspielers ausspionieren. Dennoch erinnert diese Szene an den anarchischen Humor eines Louis de Funes in seinem genreverwandten „Brust oder Keule“ („L aile ou la cuisse“, 1976). An den vor fast drei Jahrzehnten verstorbenen Grandseigneur der französischen Komödie lässt ebenso das hyperaktive, manchmal umständlich-ungelenke Spiel Michaël Youn denken. Regisseur Daniel Cohen: „Ich hatte schon lange die Idee, ein Komiker-Duo zu erschaffen, das eine sehr ernste und autoritäre Figur mit einem unkonventionellen Partner zusammenbringt. Im Theater gibt es schon lange viele dieser gegensätzlichen Paare ... und natürlich auch im Kino.“

Zum komödiantischen Grundton von „Kochen ist Chefsache“ gesellen sich ernstere Untertöne. Abgesehen von der beiläufigen Satire auf die Gastronomiekritiker, die teilweise an den Pixar-Animationsfilm „Ratatouille“ erinnert, kritisiert einerseits der Film die jungen, dynamischen Manager, die sich schnell profilieren möchten und dabei wegen der neuesten Mode – hier: die ominöse Molekular-Küche – Altbewährtes über den Haufen werfen. Andererseits handelt ein Handlungsnebenstrang von den Bemühungen Jackys, seine Ehe und Familie mit seinen künstlerischen Ambitionen in Einklang zu bringen. Wie es sich zu einer französischen Komödie gehört, verliebt sich sogar Alexandre Lagarde. Der angemessen ruhiger werdende Erzählton in diesen ernsthaften Passagen verleiht „Kochen ist Chefsache“ einen Tiefgang, der Daniel Cohens Film über den Durchschnitt leichtfüßiger Komödien hebt.
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