|
||||||||||||||||||||
José GarcÃa Foto: Tobis Seinen 43. Spielfilm âTo Rome with Loveâ gestaltet Regisseur Woody Allen als Episodenfilm. In Rom kreuzen sich verschiedene Liebesgeschichten, so etwa die des amerikanischen Architekturstudenten Jack (Jesse Eisenberg), der eigentlich mit seiner Freundin Sally (Greta Gerwig) glücklich ist, aber deren beste Freundin Monica (Ellen Page) verfällt, und die der Touristin Hayley (Alison Pill), die sich in den Römer Michelangelo (Flavio Parenti) Hals über Kopf verliebt, als sie ihn nach dem Weg fragt. Wobei letzterer Nebenstrang lediglich den Anlass für eine weitere Episode liefert: Als Hayleys Eltern Jerry (Woody Allen) und Phyllis (Judy Davis) den künftigen Schwiegersohn und dessen Eltern kennenlernen wollen, stellt der ehemalige Opernregisseur Jerry fest, dass Michelangelos Vater Giancarlo (Fabio Armiliato) ein eindrucksvolles Gesangstalent besitzt. Diese und weitere Nebenhandlungen laufen ohne jede Beziehung zueinander parallel, so etwa auch die Story des unscheinbaren Durchschnittsrömers Leopoldo (Roberto Benigni), der über Nacht berühmt wird und sich irgendwann einmal nach seinem früheren Leben sehnt. Dass in âTo Rome with Loveâ Vieles von der Satire auf den Prominentenkult bis zum väterlichen Freund, der einem Jüngeren Ratschläge in Sachen Liebe erteilt, an frühere Woody-Allen-Filme erinnern, verwundert nicht. SchlieÃlich dreht der New Yorker Regisseur seit mehr als vierzig Jahren Filme, die sich im Grunde stets um ähnliche Themen drehen. Dazu trägt auÃerdem seine Arbeitsmethode bei, die Robert B. Weide unlängst in seinem Dokumentarfilm âWoody Allen: A Documentaryâ (siehe Filmarchiv) festgehalten hat. Aus einem Sammelsurium aus Notizzetteln und Zeitungsausschnitten holt sich der Regisseur immer wieder seine Inspiration für das jeweilige neue Drehbuch. Die bloÃe Wiederkehr von Motiven, Gedankengängen und Ideen muss sich nicht unbedingt nachteilig auswirken, wie die wohl zwei besten Woody-Allen-Filme seit der Jahrhundertwende beweisen: âMatch Pointâ (2005) nahm sich fast als ein Remake von âVerbrechen und andere Kleinigkeitenâ (1989) aus. Die âMidnight in Parisâ (2011) zugrunde liegende Idee hatte der Regisseur ebenfalls in den achtziger Jahren in âThe Purple Rose of Cairoâ (1985) zu einer poetischen Reflexion über das Leben und die Kunst, über die Wirklichkeit und die verklärte Wunschwelt verarbeitet. Die in âTo Rome with Loveâ wiederkehrenden Sujets erinnern jedoch an die schwächeren Allen-Filme âCelebrityâ (1998), âAnything Elseâ (2003) und âIch sehe den Mann deiner Träumeâ (2010), wobei auÃerdem einzelne Stilmittel kaum überzeugen. Beispielsweise wird es nicht klar, ob die Begegnung Jacks mit seinem Vorbild, dem Stararchitekten John (Alec Baldwin), wirklich stattgefunden hat, oder ob dies lediglich Jacks personifiziertes schlechtes Gewissen darstellt. Dramaturgisch wirkt der neue Allen-Film nicht wegen der mangelnden Verknüpfung der einzelnen Episoden miteinander unausgegoren, sondern deshalb, weil einige dieser Nebenstränge kaum zu Ende gedacht und lediglich überhastet zum Abschluss gebracht werden. So etwa die Episode mit den frisch verheirateten Antonio (Allesandro Tiberi) und Milly (Alessandra Mastronardi), die aus der Provinz in die italienische Hauptstadt gekommen sind, weil sich Antonio einen Job von seiner einflussreichen Verwandtschaft erhofft. Als sich die Prostituierte Anna (Penélope Cruz) in der Hoteltür irrt, beginnt eine hanebüchene Verwechslungskomödie, die immer skurriler wird. An einigen Stellen bricht sich zwar Woody Allens Sprachwitz Bahn (âIch kann mich bei Turbulenzen nicht entkrampfen. Ich bin Atheistâ). Im GroÃen und Ganzen aber überwiegen jedoch Slapstick-Elemente, die etwa in den Szenen mit dem auf der Bühne einer Operninszenierung unter der Dusche singenden Stimmwunders Giancarlo einfach peinlich berühren. Im Laufe seiner Filmografie hat sich Woody Allen des Ãfteren mit dem Prominentenwahn und mit dem unrühmlichen Beitrag des Fernsehens zur allgemeinen Verdummung beschäftigt und etwa im Medienmogul Lester (Alan Alda) in âVerbrechen und andere Kleinigkeitenâ dafür eine paradigmatische Figur geschaffen. Im Vergleich dazu wirkt die âTo Rome with Loveâ-Episode mit dem von Roberto Benigni verkörperten grauen Büroangestellten Leopoldo Pisanello, der aus unerfindlichen Gründen so berühmt wird, dass er in Fernseh-Talk-Shows auf dümmliche Fragen (âWas haben Sie heute gefrühstückt?â) antworten soll, leidlich uninspiriert. Woody Allen selbst hat einmal Oscar Wildes Bonmot âDas Leben ahmt die Kunst weit mehr nach als die Kunst das Lebenâ in âDas Leben imitiert nicht die Kunst, es imitiert schlechtes Fernsehenâ umgewandelt. Mit âTo Rome with Loveâ imitiert sich Woody Allen selbst â und dabei kommt schlechtes Fernsehen heraus. An der Arbeitsweise des eigenwilligen Regisseurs, die Jahr für Jahr einen Film dreht, liegt es, dass das Drehbuch stets zu einem bestimmten Zeitpunkt abgeschlossen sein muss, ganz gleich ob er wirklich reif ist oder eben nicht. Woody Allens Filme ähneln Weinjahrgänge: Es gibt gute und weniger gute, ja ausgesprochen unausgegorene Filme. Woody Allens Jahrgang 2012 gehört zu den Letzteren. Es bleibt nur zu hoffen, dass sein nächster Film besser wird. |
||||||||||||||||||||
|