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José GarcÃa Foto: 3Rosen Der Begriff Volks- oder Heimatmusik weckt bei vielen Menschen zwiespältige Gefühle: Manche denken dabei an einen biederen, verstaubten âMusikantenstadlâ, andere verbinden damit eine in der Geschichte häufig instrumentalisierte âDeutschtümeleiâ. Der Dokumentarfilmer Arne Birkenstock und der Musikjournalist Jan Tengeler waren jedoch der Meinung, dass deutsche Volksmusik vielfältig und innovativ sein kann. Sie schickten deshalb den in Köln lebenden neuseeländischen Musiker Hayden Chisholm auf Spurensuche durch ganz Deutschland. Daraus entstand der Dokumentarfilm âSound of Heimat â Deutschland singt!â Crisholm verknüpft als in Deutschland lebender Fremder einen unvorbelasteten Blick auf die deutsche Musikkultur mit einer aufgeschlossenen und ungemein wissbegierigen Haltung gegenüber den unterschiedlichen Bräuchen. Hayden Chisholm suchte auf seiner Deutschlandreise nach alten und neuen Formen der Volksmusik, die seinen ersten Eindruck widerlegen könnten, den er pointiert ausdrückt: âDieselben Menschen in Deutschland, die feuchte Augen bekommen, wenn ein alter Indio in den Anden zum tausendsten Male âEl cóndor pasaâ in seine Panflöte bläst, kriegen Pickel, wenn man sie auf die Melodien ihrer Heimat anspricht.â Chisholms Off-Kommentar begleitet zwar den ganzen Film. Der neuseeländische Musiker bleibt jedoch nicht unbeteiligter Beobachter. Ganz im Gegenteil: Er singt und tanzt auch mit. Bereits auf der ersten Station seiner Reise in Köln wird es deutlich, dass Hayden Chisholm und mit ihm auch der Dokumentarfilm von Arne Birkenstock und Jan Tengeler zwei verschiedene Zielgruppen ins Visier nehmen. Denn in seiner Wahlheimat besucht der neuseeländische Musiker einerseits die Kneipe âWeiÃer Holunderâ, in der sonntags mit den Gästen kölsches Liedgut, etwa âEn unsrem Veedelâ von den Bläck Föös, gesungen wird. In Köln trifft Chisholm andererseits auch die HipHop-Formation âBamBam Babylon Bajaschâ, die Lieder der im Dritten Reich verfolgten âEdelweiÃpiratenâ neu interpretiert. Es erstaunt indes, dass in einem vom WDR koproduzierten und von einem Wahlkölner kommentierten Dokumentarfilm nicht etwa die âBläck Föösâ selbst interviewt werden, die heimatverbundene Texte in âkölscher Sprochâ mit modernen Musikrichtungen verknüpfen und Heimat ohne dümmliche Multi-Kulti-Allüren als ein Zusammenwachsen aus verschiedenen Ursprüngen (âIch wor ne stolze Römer, kom met Caesars Legion,/ un ich ben ne Franzus, kom mem Napoleon ... su fing alles aan. Su simmer all he hinjekummeâ, heiÃt es etwa in âUnsere Stammbaumâ) definieren. Als Tradition pflegende Gruppen werden der GewandhausChor Leipzig, die Jodelkurse von Loni Kuisle in den Allgäuer Bergen und der plattdeutsche Folk von Rainer Prüà vorgestellt. Unter den eher jungen Musikern, die laut Chisholm insbesondere in Süddeutschland âdie Volksmusik aufmischenâ zeigt der Film den Bamberger âAntistadlâ, auf dem alternative Volksmusikgruppen auftreten. Chrisholm besucht ebenfalls die Sängerin Bobo in Sachsen-Anhalt, die traditionelles Liedgut (âDie Gedanken sind freiâ) neu interpretiert beziehungsweise verfremdet. Eine erfrischende Mischung aus Volksmusik und Kabarett bieten die âWellkürenâ, die drei Schwestern Moni, Burgi und Bärbi, die der 17-köpfigen Volksmusikantenfamilie Well aus Günzlhofen, einer kleinen Gemeinde zwischen München und Augsburg, entstammen. Auf dem Besuchsprogramm von Hayden Chisholm stehen darüber hinaus zwei besondere Begegnungen: Im Erzgebirge trifft er den Bandoneonspieler Rudi Vodel, der von den absurden Winkelzügen der DDR-Kulturschützer erzählt. In der Gedenkstätte des Konzentrationslagers Buchenwald berichtet der ehemalige Häftling Wladyslaw Ko¿doñ, wie die KZ-Schergen die Häftlinge das Lied âAlle Vöglein sind schon daâ zum Hohn singen lieÃen, wenn ein KZ-Insasse nach der Flucht geschnappt wurde. Die Instrumentalisierung deutscher Volkslieder erklärt die zwiespältigen Gefühle gegenüber der Heimatmusik: âNach dem Nationalsozialismus konntest Du kein Volkslied unbefangen anfassenâ, heiÃt es etwa an einer Stelle des Films. Die Filmemacher suchen jedoch nicht nach einer Erklärung, wie es in den letzten Jahren zu den neuen Interpretationen deutscher Volksmusik durch junge Musiker kommen konnte. Seine Spurensuche fasst Chisholm folgendermaÃen zusammen: âIch habe nur einen Bruchteil von der Musik gehört, die dieses Land zu bieten hat. Ich habe wahnsinnig schöne Melodien gelernt, Lieder, Tänze. Und tief verborgen irgendwo in dieser Musik ist eben das Gefühl von Heimat. Ich habe erlebt, wie viel Freude euch Deutschen diese Musik macht. Auch wenn immer ein Hauch von Melancholie dabei ist. Die gehört wohl dazu hier in Deutschland. Sie macht auch eure Volksmusik zu etwas ganz Besonderem.â Zwar liefert der Dokumentarfilm âSound of Heimat â Deutschland singt!â sicherlich kein umfassendes Bild über den heutigen Zustand der Volksmusik. Die Filmemacher verdeutlichen jedoch, dass in vielen Gegenden Deutschlands sowohl Traditionspflege betrieben als auch nach unterschiedlichen Ansätzen gesucht wird, Volkslieder und -musik neu zu interpretieren. |
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