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José García Foto: Camino ![]() Die 76 Minuten lange, eigenwillige Mischung aus Dokumentar- und Spielfilm besticht durch einen interessanten Einsatz der Farbe die Proben werden in Schwarzweiß, die Aufführung in Farbe wiedergegeben. Neben diesem dramaturgischen Gesichtspunkt folgte der Einsatz von Schwarz-Weiß-Bildern einer künstlerischen Entscheidung. Dazu erklären die Regisseure: Farbe ist realistisch, Schwarz-Weiß unrealistisch. Einmal im Gefängnis, fühlten wir, dass es ein Risiko wäre, in den Naturalismus des Fernsehens zu verfallen. Das sind wir umgangen, indem wir alles in Schwarz-Weiß hielten, weil uns das eine gewisse Improvisationsfreiheit bot, an diesem absurden Set, dem Gefängnis in Rebibbia, wo Cäsar nicht vor der Kulisse des alten Roms umgebracht wurde, sondern in den winzigen Zellen, in denen die Häftlinge ihre Zeit an der frischen Luft verbringen. Mit Schwarz-Weiß fühlten wir uns freier beim Dreh in der Zelle, in der Brutus seinen leidvollen, leidenschaftlichen Monolog rezitiert: Cäsar muss sterben. Wir entschieden uns für starke und gewaltige Schwarz-Weiß-Bilder, die am Ende den magischen Farben des Theaters weichen und die die unbändige Freude der Häftlinge hervorheben, die von ihrem Erfolg überwältigt werden. Darüber hinaus besticht die Ausnutzung der engen Verhältnisse etwa auf dem Gefängnishof, um eine klaustrophobische Wirkung zu erzielen, die außerdem von der dramatischen Filmmusik unterstützt wird. Weil sich das Shakespeare-Drama um Betrug, Machtkampf und nicht zuletzt Freiheitsstreben in den Lebensverhältnissen der Häftlinge spiegelt, erfährt Cäsar muss sterben eine bemerkenswerte Brechung. Nicht vordergründig, eher unterschwellig zieht der Film stets eine Parallele zwischen Shakespeares Drama und der Welt der Gefängnisinsassen deutlich wird es etwa in der Mimik der Laiendarsteller, die ihnen aus ihrer kriminellen Vergangenheit vertraut zu sein scheint. Entsprechend der Mischung aus Dokumentar- und Spielfilm, die Cäsar muss sterben auszeichnet, vermischt der Film auch die Realitäts- und die Kunstebene miteinander. Dennoch überrascht das schauspielerische Talent der Darsteller. Fabio Cavalli hat jahrelang mit ihnen gearbeitet die Idee zu ihrem Film bekamen die Taviani-Brüder beim Besuch einer Vorstellung von Dantes Göttliche Komödie im Rebibbia-Gefängnis: Wir verspürten das Bedürfnis, im Rahmen eines Filmprojekts herauszufinden, wie aus diesen Gefängniszellen heraus und mit diesen Außenseitern, die von Kultur weit entfernt sind eine so zauberhafte Vorstellung entstehen konnte. Unter ihnen ragt insbesondere Brutus-Darsteller Salvatore Striano, der allerdings seine Haftstrafe bereits abgesessen hatte und nach Rebibbia für die Proben und die Vorstellung als freier Mann zurückkehrte. Inzwischen hat Striano eine Schauspielerkarriere begonnen. Im vergangenen Februar kam er zusammen mit dem Regie-Duo nach Berlin, um Cäsar muss sterben auf der Berlinale vorzustellen. Der Film endet mit derselben Theateraufführung, mit der er begann. Die Akteure selbst haben aus dem ungewöhnlichen Film-Theater-Projekt ambivalente Gefühle erhalten: Sie haben sich insbesondere mit Freiheitsbestreben beschäftigt, vielleicht haben sie in der Kunst eine neue Art der Freiheit entdeckt. Aber nach der Aufführung müssen sie zurück in ihre Zellen. So etwa Cosimo Rega, der Cassius spielt. Er sitzt schon seit Jahren im Gefängnis, aber in dieser Nacht fühlt sich die Zelle anders an, beinahe feindselig. Er hält inne. Dann dreht sich Cosimo Rega um, blickt in die Kamera und sagt: Seit ich der Kunst begegnet bin, ist diese Zelle für mich ein Gefängnis geworden. |
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