|
||||||||||||||||||
José García Foto: Piffl Medien ![]() Denn die chilenische Opposition trifft eine wichtige Entscheidung für den Abstimmungskampf: Die wenigen Minuten, die ihr im Gegensatz zur offiziellen Pro-Pinochet-Kampagne in den Medien zugestanden werden, sollen von einem Werbefachmann gestaltet werden. So engagieren die Oppositionellen René Saavedra, der eigentlich Werbung für Getränke macht. Renés Werbestrategie besitzt allerdings eine Eigenschaft, die sich auch in der Politik als entscheidend erweisen wird: Um die Softdrinks zu bewerben, vermittelt er eine Lebensfreude, die dem chilenischen Volk nach fünfzehn Jahren Diktatur offenbar abhanden gekommen ist. Zwar wollen die oppositionellen Gruppen zunächst einmal auf heftige Bilder von Folter und Terror setzen, weil sie ohnehin nicht an einen Erfolg glauben und dadurch wenigstens auf diese Missstände hinzuweisen hoffen. Mit viel Engagement schafft es René jedoch, sie davon zu überzeugen, dass ihre einzige Chance darin besteht, dem chilenischen Volk Hoffnung und Freude zu versprechen. So wird unter dem Motto Chile, die Freude kommt! die ¡NO!-Kampagne geboren. Renés gefährlichster Gegner sitzt allerdings im selben Haus. Denn sein eigener Chef Luis Guzmán (Alfredo Castro) arbeitet eigentlich für die Regierung. Zu den Stärken der NO-Kampagne erklärt Hauptdarsteller Gael García Bernal: Der beste Schachzug war, das neoliberale System, das die Diktatur eingeführt hat, für die eigenen Zwecke zu nutzen und gleichzeitig den gesamten Spielraum der rudimentären Demokratisierung der Medien, die sich damals abzeichnete. Sie hat an den Optimismus und an das Glücksversprechen in einem Land appelliert, das unter dem traumatischen Schock als Konsequenz der Diktatur litt. Larraín erzählt ¡NO! als eine Art Reportage, wozu Kameramann Sergio Armstrong besonders am Anfang vorwiegend die Handkamera einsetzt, was dem Film eine gewaltige Dynamik verleiht. Weil Larraíns Film zu einem bedeutenden Teil laut Filmproduktion zu dreißig Prozent aus Dokumentarmaterial besteht, wählte Pablo Larraín das ungewohnte 4:3-Verhältnis, das klassische Fernseh- oder Videoformat. Dazu führt der chilenische Regisseur aus: Wir haben uns entschieden, in genau dem Format zu drehen, in dem auch praktisch das gesamte in unserem Film verwendete Archivmaterial gedreht worden ist. Durch die Verwendung der originalen Umatic-Kameras haben wir genau den Look der in den achtziger Jahren entstandenen Aufnahmen bekommen, so dass der Zuschauer vom Bild her nie genau wissen kann, was Archivmaterial ist und was für den Film gedreht wurde. Das führt allerdings dazu, dass einige Bilder überbelichtet anmuten, dass sich insgesamt ein fehlerhafter Eindruck einstellt was wiederum zum Authentizität vorspiegelnden Reportage-Charakter passt. Regisseur Larraín macht kein Hehl daraus, wem seine Sympathien gelten, was sich bereits in der Schauspieler-Auswahl abzeichnet: Der Gute René Saavedra wird von einem Sympathieträger dargestellt, einem der beliebtesten spanischsprachigen Schauspieler, obwohl dies erforderlich machte, dass sich der Mexikaner Gael García Bernal einen chilenischen Akzent aneignen musste. Den Bösen Luis Guzmán verkörpert der chilenische Darsteller Alfredo Castro hingegen mit finsterer Miene und deutlicher Humorlosigkeit. Trotz dieser Parteinahme umschifft Pablo Larraín die Gefahr, zu ideologisieren, die Pinochet-Anhänger zu sehr als Abziehbilder darzustellen. Seinen Film zeichnet vielmehr dieselbe Leichtigkeit, die feine Ironie aus, die auch die darin beschriebene Werbekampagne charakterisiert. Dennoch: Dass bei der freien Volksabstimmung 46 Prozent mit Ja stimmten, war gewiss nicht nur darauf zurückzuführen, dass die Diktatur (fast) die gesamte Medienlandschaft kontrollierte. Darüber hinaus muss Augusto Pinochet bei einem nicht zu vernachlässigenden Teil der Bevölkerung Rückhalt gehabt haben. Was für Menschen diejenigen waren, die Pinochet gewählt haben, bleibt bis auf die klischeehafte Figur des Luis Guzmán als Handlanger der Diktatur völlig im Dunkeln. Schade, dass dies Pablo Larraíns Film um der politischen Korrektheit willen kaum anreißt. |
||||||||||||||||||
|