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José GarcÃa Foto: Konzept+Dialog ![]() Louis Sneh wurde als 16-Jähriger nach dem deutschen Einmarsch in Ungarn im März 1944 zusammen mit seinen Eltern nach Auschwitz deportiert. Von dort aus kam er zunächst erst in das KZ Dachau, anschlieÃend in das AuÃenlager MühldorfâMettenheim, wo er zusammen mit 8 000 jüdischen Gefangenen in einem halb unterirdischen Rüstungsbetrieb der Firma Messerschmitt arbeiten musste. âEndstation Seeshauptâ kontrastiert die schwarzweiÃen Original-Aufnahmen der Rüstungsfabrik mit den heutigen Farbbildern der Ruine. Snehs Mutter wurde in Auschwitz ermordet, sein Vater starb während eines Todesmarschs. Denn mit dem Herannahen der Alliierten erlieà Heinrich Himmler den Befehl: âKein KZ-Insasse darf lebend in die Hände des Feindes fallenâ. So wurden im April 1945 Hunderttausende KZ-Häftlinge in Marsch gesetzt. Es waren die berüchtigten âTodesmärscheâ. Deren Name rührt daher, dass viele an Hunger und Erschöpfung starben oder von den SS-Wachmannschaften erschossen wurden. In Walter Steffens Film sind auch Bilder von einem solchen âTodesmarschâ zu sehen, auf dem etwa 7 000 â 8 000 Menschen aus Dachau kamen. Louis Sneh stand jedoch ein anderes Schicksal bevor. Ende April 1945 wurden im Zuge der Räumung des Konzentrationslagers Mühldorf- Mettenheim 4 000 KZ-Häftlinge in einen Zug gesperrt. Fünf Tage lang fuhr er quer durch Oberbayern, stoppte in Poing, München, Beuerberg, wo die Häftlinge nur notdürftig versorgt wurden, denn von den SS-Wachmännern erhielten die Gefangenen weder Wasser noch Verpflegung. Viele der körperlich geschwächten Menschen kommen dabei ums Leben. Als die âFreiheitsaktion Bayernâ über das Radio den Sieg über den Nationalsozialismus ankündigt, flieht die Wachmannschaft bei einem Zwischenstopp in Poing. Sie kehrt jedoch zurück, um die Häftlinge wieder in den Zug zu treiben. Am Münchner Südbahnhof werden die Waggongs auf zwei nun unabhängig voneinander fahrende Züge aufgeteilt. Max Mannheimer fuhr in diesem anderen Zug. Auch er kommt in âEndstation Seeshauptâ zu Wort â Walter Steffen begleitet ihn bei einem Besuch in einer Schule, wo er den Schülern einschärft: âIhr seid nicht verantwortlich für das, was geschah, aber für das, was in der Zukunft geschieht.â In ruhigen Einstellungen fängt die Kamera von Christoph IÃmayer die Stationen des âTodeszugsâ ein. Die Aussagen von Louis Sneh und Max Mannheimer werden von den Beobachtungen der Anwohner der Orte ergänzt, an denen der Zug anhielt. So erinnert sich Herbert Reich, dass er als 7-Jähriger am 29. April aus dem in Tutzing stehenden Zug gequälte menschliche Laute zu hören bekam. âIch wusste nicht, was da dahintersteckt, aber dass es was Böses war, das hat man gefühlt, selbst als Kind.â Ãber die Erinnerung der Anwohner schlägt der Dokumentarfilm einen Bogen zu den Mahnmalen, die an verschiedenen Orten der Eisenbahnstrecke ab den 80er Jahren errichtet wurden, so etwa das in Seeshaupt von Jörg Kicherer Geschaffene oder die âTodesmarschâ-Plastik von Hubertus von Pilgrim, die vielerorts â darunter in Yad Vaschem â aufgestellt wurde. Hans Niedermayer, der Initiator des Mahnmals in Poing sagt dazu: âGeschichte kann man besser verstehen, wenn man von lokalem Geschehen ausgehtâ. Die Sicht, die âEndstation Seeshauptâ aus naheliegenden Gründen nicht bietet, ist jedoch die der Täter. Die SS-Wachsoldaten erhalten kein Gesicht. Diese flohen und â wie Augenzeugen im Film berichten â rissen sich die Uniform vom Leib, als die Alliierten in Sicht kamen. Die amerikanischen Soldaten machten erschütternde Bilder von der Befreiung, die der Dokumentarfilm teilweise zeigt. Der amerikanische Befehlshaber war so ergriffen, dass er von jedem Haushalt der Stadt eine Person zum Bahnhof beorderte: Sie sollten die toten und die überlebenden KZ-Häftlinge mit eigenen Augen sehen. Angesichts des bestürzenden Bildes, das sich ihnen bot, haben viele erst dann mit dem Naziregime endgültig gebrochen. Sie verstanden wohl, was Isa Vermehren in ihrem 1946 erschienenen Erlebnisbuch âReise durch den letzten Aktâ beschreibt: âDer dichte Vorhang, so schien es, den die vergangenen zwölf Jahre vor dieses Land gespannt hatten, war endlich gefallen, und es lag offen zutage, was sich Entsetzliches dahinter abgespielt hatte.â |
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