UM KLASSEN BESSER | Won’t Back Down
Filmische Qualität:   
Regie: Daniel Barnz
Darsteller: Maggie Gyllenhaal, Viola Davis, Emily Alyn Lind, Oscar Isaac, Holly Hunter, Rosie Perez, Ving Rhames, Bill Nunn
Land, Jahr: USA 2012
Laufzeit: 121 Minuten
Genre: Dramen
Publikum: ab 12 Jahren
Einschränkungen: --
Auf DVD: 8/2013


José García
Foto: polyband

Die Drittklässlerin Malia (Emily Alyn Lind) tut sich mit dem Lesen besonders schwer. Davon zeugt ihr Gesichtsausdruck bereits in der ersten Einstellung des Spielfilmes „Um Klassen besser“ („Won’t Back Down“). Jedem müsste es klar sein, dass sie an Legasthenie leidet – jedem, nur nicht ihrer Klassenlehrerin, die an Malia offensichtlich genauso wenig Interesse zeigt wie an einem geregelten Unterricht. Denn dass die anderen Schüler Malia auslachen, oder sich Beschäftigungen wie Musikhören oder Videospielen widmen, stört die Lehrerin auch nicht. Wohl aber Malias Mutter, die alleinerziehende Jamie (Maggie Gyllenhaal). Gerade weil sie selbst ebenfalls an Legasthenie leidet und mangels gezielter Förderung keine höhere Bildung genießen konnte, will Jamie eine bessere Zukunft für ihre Tochter. Malia soll sich später nicht wie sie selbst mit zwei Jobs über Wasser halten müssen, und deshalb auch immer unausgeschlafen zu allen Terminen zu spät kommen.

Zunächst versucht Jamie, dass ihre Tochter in die Klasse der engagierten Lehrerin Nona (Viola Davis) versetzt wird. Als dies von Schulleiter Thompson (Bill Nunn) abgelehnt wird, nimmt sie selbst das Heft in die Hand. Sie erkundigt sich bei der Schulbehörde, wie sie eine Schule gründen kann. Nach einigem Zögern schließt sich ihr nicht nur Nona, sondern auch der junge, „unorthodoxe“ Lehrer Michael (Oscar Isaac) an, der allerdings an Jamie auch ein persönliches Interesse zu haben scheint. Sie beschließen, die Schule zu übernehmen, wofür sie allerdings 400 Eltern- und 18 Lehrer-Unterschriften besorgen und ein pädagogisches Konzept vorlegen müssen. Dafür haben sie nicht nur einige Hürden zu nehmen, sondern auch Bestechungsversuchen standzuhalten. So verspricht etwa Lehrer-Gewerkschafts-Präsidentin Evelyn Riske (Holly Hunter) Jamie, für ihre Tochter ein Stipendium an der besten Privatschule in Pittsburgh zu besorgen, wenn sie von ihrem Vorhaben Abstand nimmt.

„Um Klassen besser“ wurde produziert von der von christlichen Grundsätzen geleiteten Produktionsfirma Walden Media, die etwa für die Verfilmung der „Chroniken von Narnia“, aber auch für „Das Geheimnis von Green Lake“ („Holes“, 2003) und für den wunderbaren Familienfilm „Brücke nach Terabithia“ („Bridge to Terabithia“, 2007) verantwortlich zeichnete. Die meisten Produktionen von Walden Media sind Verfilmungen von Kinder- und Jugendbüchern, was dem Drehbuch eine besondere Tiefe verleiht. Bei „Um Klassen besser“ handelt es sich jedoch um ein Originaldrehbuch von Regisseur Daniel Barnz und seinem Mitautor Brin Hill, die sich von „wahren Ereignissen“ inspirieren ließen. Allerdings sind „wahre Begebenheiten“ nicht ohne Weiteres eine Garantie für eine spannende und tiefgründige Geschichte. Dazu muss außerdem die Dramaturgie stimmen.

Kein Zweifel: Die Geschichte von „Um Klassen besser“ berührt den Zuschauer. Denn Drehbuchautor und Regisseur Daniel Barnz prangert ein Schulsystem an, das insbesondere die sozialschwachen Familien vernachlässigt. Auch wenn Einiges in Barnz’ Film zu amerikanisch vorkommen mag, ist die Schulkrise kein spezifisches Problem der Vereinigten Staaten. Allerdings erzählt „Um Klassen besser“ nicht aus der Sicht von Lehrern wie etwa „Dangerous Minds – Wilde Gedanken“ (John N. Smith, 1995) oder „Freedom Writers“ (Richard LaGravenese, 2007). Als eine Frau, die ohne Ausbildung mit einer ungeheuren Energie einen überaus komplexen Plan verfolgt, erinnert Jamie eher an die von Julia Robert in „Erin Brockovich“ (Steven Soderbergh, 2000) gespielte alleinerziehende Mutter aus einfachen Verhältnissen, die zu einer Rechtsexpertin wird. Denn die Dramaturgie von „Um Klassen besser“ folgt dem typischen Kampf des „kleinen Mannes“ (hier der „kleinen Frau“) gegen ein übermächtiges System, das in der auf ihre Besitzstände bedachten Lehrer-Gewerkschaft seinen Ausdruck findet.

Zwar bemüht sich Regisseur Barnz, seine Figuren nicht zu idealisieren – so nimmt sich das Privatleben von Jamie als ein ziemliches Chaos aus, und Nona trägt ein dunkles Geheimnis in sich, das freilich ziemlich spät aufgedeckt wird. Die Teilung der Figuren in Gut und Böse erscheint jedoch in viel zu deutlichem Schwarz-Weiß. Dazu passen die aufdringliche Musik, die manche Szene unterstreichen soll, sowie das Pathos in etlichen Reden. Dennoch überzeugen die Schauspieler: Maggie Gyllenhaal verkörpert überzeugend ihre Rolle als „normale“ Frau der Mittelklasse, und Viola Davis gestaltet glaubwürdig den Part der ehemals idealistischen Lehrerin, die sich mit den Jahren mit dem System arrangiert hat und nun eine zweite Chance bekommt, ihren einstigen Idealismus unter Beweis zu stellen. Besonders hervorzuheben ist die von Emily Alyn Lind gespielte Malia, die sich eher wie ein normales als wie ein Hollywood-Kind verhält.

Trotz der angesprochenen dramaturgischen Schwächen überwiegt bei „Um Klassen besser“ die guten schauspielerischen Leistungen und insbesondere auch die tiefgreifenden Themen, etwa die Verantwortung der Eltern für die Erziehung ihrer Kinder sowie der Wert der Freundschaft und der Mut zur Veränderung von Missständen im Schulwesen.
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