GOLD | Gold
Filmische Qualität:   
Regie: Thomas Arslan
Darsteller: Nina Hoss, Marko Mandic, Uwe Bohn, Lars Rudolph, Peter Kurth, Rosa Enskat, Wolfgang Packhäuser
Land, Jahr: Deutschland 2012
Laufzeit: 101 Minuten
Genre: Action/Western
Publikum: ab 12 Jahren
Einschränkungen: G
im Kino: 8/2013
Auf DVD: 2/2014


José García
Foto: Piffl Medien

Im Sommer 1898 wollen in Kanada sieben Deutsche ihr Glück als Goldgräber suchen. Es ist die Zeit des Goldrausches im nördlichsten Kanada, der vom im Jahre 1896 auf einem Zufluss des Klondike-Flusses gefundenen Gold ausgelöst wurde, und dem Charlie Chaplin in seinem berühmten Spielfilm „Goldrausch“ (1925) ein Denkmal setzte. Emily Meyer (Nina Hoss) kommt mit dem Zug in Ashcroft, der nördlichsten Bahnstation in Kanada, an. Sie schließt sich einer Gruppe von Landsleuten unter der Führung des Geschäftsmanns Wilhelm Laser (Peter Kurth) an. Zu ihr gehören noch der Journalist und Photograph Gustav Müller (Uwe Bohm), der für eine deutschsprachige Zeitung aus New York eine Fotoreportage über die Reise plant, der verarmte Rossmann (Lars Rudolph), der seine vielköpfige Familie aus der viel zu engen Wohnung in New York herausholen möchte, der als Packer und Pferdespezialist engagierte, wortkarge Carl Boehmer (Marko Mandiæ) sowie das für die Verpflegung zuständige Ehepaar Maria (Rosa Enskat) und Otto Dietz (Wolfgang Packhäuser), das als einzige in einem Planwagen reist, während die fünf anderen Reiseteilnehmer auf Pferden reiten.

Wenig mehr erfährt zunächst der Zuschauer von diesen sieben Deutschen, die in der Wildnis durch unwegsames Gelände 1 500 Meilen zurücklegen wollen – außer dass Carl Boehmer von zwei zwielichtigen Gestalten verfolgt wird. So bleibt etwa die Vergangenheit von Emily Meyer, aus deren Perspektive der deutsche Wettbewerbsbeitrag an der diesjährigen Berlinale „Gold“ erzählt, zunächst einmal im Dunkeln.

Fünf Männer und zwei Frauen brechen voller Hoffnung nach Dawson auf., der nach dem Goldfund 1896 gegründeten Stadt im Territorium Yukon an der Grenze zu Alaska. Der Weg erweist sich jedoch als viel beschwerlicher und gefährlicher als angenommen – größtenteils deshalb, weil sich der Geschäftsmann als Schurke entpuppt, der lediglich hinter dem Geld der anderen her ist, und vom Kartenlesen nichts versteht. Bald irren die deutschen Goldsucher orientierungslos durch die dichten kanadischen Wälder. Nach und nach erleidet die Gruppe auch Verluste. Zunächst müssen sie nach einem Achsbruch den Planwagen zurücklassen, dann verlieren sie auch die Reservepferde. Als sich Wilhelm Laser mit der Gemeinschaftskasse aus dem Staub machen will, wird er gestellt. Was mit ihm geschehen soll, wird beratschlagt. Ganz gleich, wie das Ergebnis der Beratung ausfällt, eins ist klar: Bei der Gruppe kann er nicht bleiben. Sie wird auch allmählich kleiner, nachdem Müller ein unglaubliches Pech hat und Rossmann dem Wahnsinn verfällt. Ob überhaupt noch einer der Teilnehmer es bis Dawson schafft, bleibt lange offen.

Obwohl es sich bei „Gold“ strenggenommen nicht um einem Western handelt, weil im Jahre 1898 die Bestandteile des klassischen Westerns einfach vorbei sind, passt die Charakterisierung „deutscher Western“ zu Thomas Arslans Film wiederum doch. Jedenfalls wird das Deutsche immer wieder betont: „Wir Deutsche müssen in der Fremde zusammenhalten.“ Arslan kann insofern von sich behaupten, den ersten deutschen Western überhaupt gedreht zu haben. Zum Ausgangspunkt seines Filmes führte Drehbuchautor und Regisseur Thomas Arslan auf der Berlinale-Pressekonferenz aus: Deutsche seien die größte Bevölkerungsgruppe gewesen, die in die Vereinigten Staaten ausgewandert sei. Das Drehbuch habe er auf der Grundlage von erhaltenen Tagebüchern aus dieser Zeit verfasst. Übrigens: Ein zeitgenössischer, von Bergingenieur Zdenko Hoøovský im Dezember 1898 als Vortrag gehaltener und in der „Zeitschrift des österreichischen Ingenieur- und Architektenvereines“ veröffentlichter Reisebericht nach Klondyke kann aus dem Internet (www.joern.de/Klondyke.htm) abgerufen werden.

Die Kamera von Patrick Orth fängt eindrucksvolle Aufnahmen der wilden Landschaft ein. Obwohl ihnen jedes Pathos der klassischen Western abgeht, entsteht im Zusammenhang mit den Gitarrenklängen von Dylan Carlson schon die Assoziation zu diesem Genre. Im Gegensatz zu den Western nimmt die Kamera jedoch eine beobachtende Position ein, was allerdings leicht in Teilnahmslosigkeit umschlägt. Zu der vorhersehbaren Handlung kommt deshalb die dramaturgische Schwäche hinzu, dass die Figuren kaum Entwicklung zeigen und insbesondere auch die Hauptfigur Emily Meyer so geheimnisvoll bleibt, dass sie kaum mit der Empathie des Zuschauers rechnen kann.

Zwar ist anfangs nicht ersichtlich, wer überleben und wer auf der Strecke bleiben wird. Dass es sich aber um einen Überlebenskampf in der Wildnis handelt, den nur wenige überstehen werden, das wird in „Gold“ schon recht früh deutlich. Zusammen mit der bereits angesprochenen mangelnden Tiefe der einzelnen Charaktere, die das Kollektive unterstreicht, entsteht der Eindruck, dass es Drehbuchautor und Regisseur Thomas Arslan um die Gruppendynamik sowie um die organisatorischen und ethischen Maßstäbe – etwa in der Frage, wie mit dem Betrüger zu verfahren sei – in einer fern aller Zivilisation auf sich selbst gestellten Gemeinschaft geht.

Dass es sich bei den Expeditionsteilnehmern ausnahmslos um Deutsche handelt, spricht das Thema der Migration mit den Anpassungsschwierigkeiten an die neue Heimat an, selbst wenn der eine oder andere wie Rossmann seit seiner Kindheit in Amerika lebt. Insofern kann Arslans Film durchaus als „deutscher Western“ bezeichnet werden.
Diese Seite ausdrucken | Seite an einen Freund mailen | Newsletter abonnieren