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José GarcÃa Foto: Zorro Films Thomas Müller (Olli Dittrich) kann als der Inbegriff des Durchschnittsdeutschen bezeichnet werden. Sogar sein Auto trägt das Autokennzeichen NO-RM 0815. An seinem Arbeitsplatz bei einem Navigationssystem-Hersteller hält er alles in peinlich genauer Ordnung. Der Durchschnittsbürger führt eine durchschnittliche Ehe mit Sabine (Veronica Ferres) und hat durchschnittliche Verständigungsprobleme mit seinem pubertierenden Sohn Alexander (Jonas Nay). Seine Chancen, in seiner Lieblings-Quizshow âKönig von Deutschlandâ zu gewinnen, wären auch ziemlich gut, geht es bei dieser Fernsehsendung doch um durchschnittliche Antworten â es gewinnt der Kandidat, der etwa den âLieblingsromanâ oder das âLieblingstier der Deutschenâ errät. Um das groÃe Geld zu gewinnen, müsste Thomas lediglich seine Lieblingsromane, -tier, oder -farbe nennen. Unter einem Vorwand verliert Thomas jedoch unerwarteter Weise seine Arbeitsstelle. Ob ihm dabei übel mitgespielt wurde? Durch einen Zufall lernt er bald darauf Stefan Schmidt (Wanja Mues) kennen, der ihm unvermittelt einen Job bei seiner Beratungsfirma âIndustries Unlimitedâ anbietet. Erstaunlich ist dabei nur, dass Thomas in der Firma eigentlich gar nichts zu tun hat. Stefan trifft sich lediglich mit ihm auf ein Bier, geht mit ihm zu einem Herrenausstatter. Dabei interessiert sich Stefan stets für Thomas Meinung. Irgendwann einmal geht Thomas ein Licht auf, dass seine Arbeit eben darin besteht, seinen Durchschnittsgeschmack kundzutun, damit Massenprodukte nach seinen Vorstellungen maÃgeschneidert werden können. Mittels Kameras, Hautsensoren und eben seiner ÃuÃerungen schafft die Firma neue Trends für Werbung und Politik. Als Thomas den aufstrebenden Politiker Kurt Knister (Stephan Grossmann) genau seine Politik-Plattitüden sprechen hört, der damit Spitzenwerte in den Umfragen erreicht, wird es ihm unheimlich. Zumal hinter Kurt Knisters Kandidatur ein Mephisto namens Dr. Wallenstein (Hanns Zischler) die Strippen zieht, der sich immer wieder auf einer übergroÃen Leinwand zu einer Videokonferenz mit Stefan Schmidt einschaltet, um ihm Anweisungen zu erteilen. Mit âKönig von Deutschlandâ liefert David Dietl seinen Abschlussfilm an der Deutschen Film- und Fernsehakademie Berlin dffb. In seiner Inszenierung erinnert sein Debütfilm etwa an Marc Forsters âStranger than Fictionâ (2006), vor allem aber an Peter Weirs âDie Truman Showâ (1996), insbesondere in den letzten Szenen, als Thomas Müller in einer im Studio nachgebauten, von der AuÃenwelt isolierten Wohnung unfreiwillig festgehalten wird, damit aus seinen Gehirnströmen die Durchschnittsmeinung ermittelt werden kann. Ãhnlich Truman Burbank in Weirs epochalem Film oder Harold Crick in âSchräger als Fiktionâ muss auch Thomas Müller aus der ihm aufgezwungenen Rolle ausbrechen und zu sich selbst finden. âKönig von Deutschlandâ wird gröÃtenteils von Olli Dittrich getragen. Dem Schauspieler gelingt es, die Figur des Durchschnittsbürgers nicht holzschnittartig anzulegen. Weil es Dittrich schafft, die menschliche Seite des Thomas Müller zu betonen, gewinnt seine Figur trotz aller MittelmäÃigkeit die Sympathie des Zuschauers. Schwieriger hat es Veronica Ferres mit der eigentlich unausstehlichen Figur der Ehefrau: Sie kommandiert nicht nur ihren Mann herum, wobei sie ihn auch noch mit einem Nachbar betrügt, sondern lässt sich am Ende auf das unmoralische Angebot der Firma ein. Wanja Mues gestaltet glaubwürdig den charismatischen Firmenchef, der mit seiner ausgesuchten Freundlichkeit hinterlistige Absichten verfolgt. In den Nebenrollen überzeugen ebenfalls Jonas Nay als Thomas Müllers Sohn Alexander und Jella Haase als dessen Freundin Mira. David Dietl setzt vor allem auf eine Zuspitzung, die in den besten Augenblicken an Loriots Sketche erinnert, die aber der Drehbuchautor und Regisseur nicht durchgängig hält. Auch die skurrilen Ideen, an die eine solche Handlung denken lässt, werden sehr spärlich eingesetzt, so etwa die Bierflasche mit Drehverschluss, die Thomas Müller für eine geniale Erfindung hält, und die natürlich sofort mit einer begleitenden Werbekampagne auf den Markt kommt. Im Laufe der immer neuen Wendungen, die âKönig von Deutschlandâ nimmt, bleibt dieses Potenzial jedoch ungenutzt. Dietls Film bietet zwar eine Satire auf das Geschäft der Meinungsforschungsinstitute, die statt repräsentativer Erhebungen nur noch die Meinung des Durchschnittsdeutschen zu ermitteln brauchen, um die allgemeine Stimmung im Lande zu ermitteln. Ãber den Sinn oder Unsinn solcher Mehrheitsmeinungen, die etwa an der Bierflasche mit Drehverschluss hätte exemplifiziert werden können, lässt sich Regisseur David Dietl aber nicht aus. Der Nebenstrang mit dem Chamäleon-Politiker Kurt Knister hätte ebenso eine Steilvorlage für die Auseinandersetzung mit einer Politik geliefert, die nur noch dem Volk nach dem Mund redet, die erst angesichts der Meinungsumfrageergebnisse ihre Standpunkte festlegt. So bleibt Dietls Satire eher zahnlos. Stattdessen verlegt er sich darauf, die Durchschnittlichkeit des Thomas Müllers genüsslich in Szene zu setzen, um daraus das Drama eines Mannes ohne Eigenschaften zu entwickeln, der endlich ein eigenes Leben führen und sein wahres Ich entdecken will. |
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