EINZELKÄMPFER | Einzelkämpfer
Filmische Qualität:   
Regie: Sandra Kaudelka
Darsteller: (Mitwirkende): Brita Baldus, Ines Geipel, Marita Koch, Udo Beyer
Land, Jahr: Deutschland 2012
Laufzeit: 93 Minuten
Genre: Dokumentation
Publikum: ab 12 Jahren
Einschränkungen: --
im Kino: 10/2013


José García
Foto: farbfilm

Im Dokumentarfilm „Einzelkämpfer“, mit dem sie ihr Regiestudium an der Deutschen Film- und Fernsehakademie Berlin (DffB) abschloss, gibt Sandra Kaudelka einen kleinen Einblick in ihre eigene Karriere als Wasserspringerin, ehe sie sich auf vier ehemalige DDR-Rekordsportler konzentriert, die sie für ihren Abschlussfilm auswählte: Marita Koch, Olympiasiegerin und bis heute die schnellste 400 m-Läuferin mit 16 Weltrekorden, Kugelstoßer Udo Beyer, Olympiasieger, dreifacher Weltrekordler und Kapitän der DDR-Leichtathletikmannschaft, Brita Baldus, ehemals beste Wasserspringerin der DDR, sowie Ines Geipel, Sprinterin bei Olympischen Spielen, die 1985 aus politischen Gründen ihre Sportkarriere aufgeben musste, weil die Stasi von ihrem Fluchtversuch bei den Olympischen Spielen 1984 erfuhr.

Mit Dokumentaraufnahmen und Interviews rekonstruiert Sandra Kaudelka den Lebenslauf dieser vier Leistungssportler, die heute ganz unterschiedliche Berufe ausüben: Udo Beyer betreibt zusammen mit seiner Tochter ein Reisebüro in Potsdam. Brita Baldus hatte Mühe, trotz zweier Hochschulabschlüsse in ihrer Heimatstadt eine Arbeitsstelle zu finden, und arbeitet nun als Bademeisterin. Dafür fand sie zum Glauben und ließ sich taufen. Ines Geipel ist als Schriftstellerin und Professorin an der wohl renommiertesten Schauspielschule Deutschlands, der Hochschule „Ernst Busch“ tätig. Sie erhielt 2011 wegen ihres Engagements für in der DDR unterdrückte Literatur und für ihre Aufarbeitung des DDR-Zwangsdoping-Systems das Bundesverdienstkreuz.

Mit den Biografien dieser vier Sportler und ihren ganz unterschiedlichen Erfahrungen beleuchtet Kaudelka die Bedeutung des Sports für die internationale Anerkennung der DDR, aber auch ihre Schattenseiten. Die Kehrseite der Devise „kein Talent soll in der DDR unentdeckt bleiben“ war der unbedingte Auftrag „Medaillen gewinnen“, selbst wenn die Sportler zu Objekten degradiert wurden, mit denen man alles machen konnte. Zu den Kehrseiten gehörte ebenfalls die Verstrickung in die Politik: Udo Beyer und insbesondere Marita Koch wurden zu Aushängeschildern der DDR – Kaudelkas Film zeigt beispielsweise Marita Koch bei ihrer Rede vor dem Delegierten des 11. SED-Parteitages. Eine Verquickung, die Ines Geipel kritisch beleuchtet: „Für diejenigen, die zeitgleich im Gefängnis gesessen haben, waren die DDR-Athleten Oberidioten, die nie nach rechts oder links geschaut haben.“

Das Thema, das heute im Zusammenhang mit dem DDR-Sport sicherlich am meisten interessiert, kommt erst gegen Ende von „Einzelkämpfer“ zur Sprache: Bestreiten Koch und Beyer in die Doping-Maschinerie der DDR eingebunden worden zu sein, so zeigt sich lediglich Ines Geipel wirklich kritisch diesem Zwangsdopingsystem gegenüber. Sie, die nach der Wende von den unglaublichen Zersetzungsmethoden der Stasi an ihrem eigenen Leib erfuhr, trat denn auch 2000 als Nebenklägerin im Doping-Prozess auf.
Diese Seite ausdrucken | Seite an einen Freund mailen | Newsletter abonnieren