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JOSÉ GARCÍA Foto: Pegasos Film ![]() Die titelgebenden kleinsten Geschichten spielen sich im Süden Argentiniens, in der unendlichen Weite Patagoniens ab, wo jeder Film zwangsläufig zu einem Roadmovie wird. Regisseur Carlos Sorin verwebt sogar die Reisen dreier Menschen aus drei unterschiedlichen Generationen in der unwirtlichen Einöde miteinander: der 80-jährige Don Justo, dessen kleiner Laden nunmehr von seinem Sohn und seiner Schwiegertochter geführt wird und der sich von ihnen entmündigt fühlt, macht sich auf die Suche nach seinem entlaufenen Hund und hofft, dass auf dem vierhundert Kilometer langen Weg in die Provinzhauptstadt San Julián ihn ein Lkw mitnimmt. Der 40-jährige Handlungsreisende Roberto transportiert in seinem Wagen eine große Geburtstagstorte in Form eines Fußballs, die er dem Sohn (oder war es doch eine Tochter?) einer attraktiven Witwe schenken wird. Damit will er seiner Herzdame mächtig Eindruck machen so versprachs wenigstens irgendeines seiner Marketingbücher. Im dritten, gegenüber den zwei anderen zeitlich deutlich unterrepräsentierten Handlungsstrang befindet sich die 25-jährige Maria mit ihrem Baby ebenfalls auf dem Weg nach San Julián: sie wurde für die Endausscheidung eines TV-Quizshows ausgewählt. Obwohl sie keine Ahnung hat, was der als Multiprozessor bezeichnete Hauptgewinn eigentlich sein soll, will sie unbedingt das geheimnisvolle Küchengerät mit nach Hause nehmen. Durch eine unmittelbare Kameraführung, die in der Totale wunderschöne Landschaftsbilder einfängt, die Figuren aber in extremen Nahaufnahmen geradezu liebkost, gelingt es dem Film, diese Menschen mit viel Wärme zu zeichnen. Weil die Episode der Maria eigentlich nur am Rande läuft und Sorin sie lediglich dazu einsetzt, die sterile Welt des Fernsehens mit ihren glitzernden Gameshows anzuprangern, konzentriert sich Historias mínimas auf zwei Darsteller: auf den Profi Javier Lombardo als Roberto und den Laienschauspieler Antonio Benedictis als Don Justo. Während Lombardo für die Lacher sorgt, zieht der Schalk in den Augen von Benedictis den Zuschauer in seinen Bann. Völlig zurecht gewann der Achtzigjährige den Condor 2003 als Schauspieler in einer ersten Rolle. Die Idee, einen Spielfilm mit Laiendarstellern zu realisieren, kam Carlos Sorin, als er einen Werbespot für eine Telefongesellschaft in einem abgelegenen Dorf Patagoniens drehen sollte. Als er ins 150-Seelen-Dorf ankam, das endlich an das Telefonnetz angeschlossen werden sollte, verzichtete Sorin auf die mitgebrachten Profidarsteller. Denn wie Sorin selbst erklärt es war sinnlos, die Fiktion von etwas zu drehen, das sich in der Realität gerade vor meinen Augen abspielte. Also ließ ich die Hand voll Schauspieler im Hotel zurück und filmte die Dorfbewohner. Der Film zeigte etwas Reales, Authentisches, das absolut nichts mir der Künstlichkeit von Fernsehen und Werbung zu tun hatte. Seitdem habe ich immer wieder die Idee, einen Spielfilm mit Laiendarstellern zu machen, als eine Möglichkeit, die Realität in einer anderen Weise darzustellen und wahrzunehmen. Carlos Sorin porträtiert einfache Menschen auf der Suche nach einem bißchen Glück. Einfache Menschen wie etwa in Aki Kaurismäkis Der Mann ohne Vergangenheit, die teilweise skurrile Zügen besitzen, die sich aber den Sinn für einen lakonischen Humor bewahrt haben. Durch die deutliche Zuneigung zu seinen Figuren verbreitet Historias Mínimas einen trotz aller Widrigkeiten ihrer jeweiligen Reise und Existenz tief verwurzelten Optimismus, der beim Zuschauer einen nachhaltigen Eindruck hinterlässt. |
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