HOBBIT, DER – SMAUGS EINÖDE | The Hobbit: The Desolation of Smaug
Filmische Qualität:   
Regie: Peter Jackson
Darsteller: Martin Freeman, Ian McKellen, Richard Armitage, Benedict Cumberbatch, Evangeline Lilly, Orlando Bloom, Aidan Turner, Stephen Fry, Lee Pace, Luke Evans, Ken Stott, James Nesbitt
Land, Jahr: USA / Neuseeland 2013
Laufzeit: 161 Minuten
Genre: Literatur-Verfilmungen
Publikum: ab 12 Jahren
Einschränkungen: G +
im Kino: 12/2013
Auf DVD: 4/2014


José García
Foto: Warner

„Der Hobbit – Eine unerwartete Reise“ (siehe Filmarchiv), der erste Teil der Filmtrilogie, in die Tolkiens Kinderbuch „Der kleine Hobbit“ umgesetzt wurde, entwickelte sich nicht nur an der Kinokasse zu einem großen Erfolg: Mit mehr als einer Milliarde Dollar Umsatz gehört Peter Jacksons Film zu dem exklusiven, bislang aus 17 Filmen bestehenden Club der Spielfilme, die diese magische Grenze überschritten haben. „Der Hobbit – Eine unerwartete Reise“ konnte jedoch auch filmisch überzeugen, weil es Jackson gelang, die Verspieltheit der Buchvorlage und die mythische Kraft des Mittelerde-Universums dadurch miteinander zu verknüpfen, dass „Der Hobbit“ visuell und erzählerisch in die Vorgeschichte von Tolkiens Hauptwerk „Der Herr der Ringe“ eingebettet wurde.

Zur Einführung in den nun anlaufenden zweiten Teil „Der Hobbit – Smaugs Einöde“ verwenden die Drehbuchautoren Fran Walsh, Philippa Boyens, Guillermo del Toro und Peter Jackson eine kurze Szene, die eigentlich die Vorgeschichte von „Der Hobbit“ sein könnte: Im Gasthaus „Zum tänzelnden Pony“ in Bree treffen Gandalf (Ian McKellen) und der Zwergenkönig Thorin Eichenschild (Richard Armitage) zusammen. Darin wird die Reise geplant, die zur Wiedererrichtung des Minenreichs Erebor führt. Dann folgt die Einblendung „12 Monate später“ und Teil zwei setzt die Handlung an der Stelle fort, an der Teil eins aufgehört hatte. Allerdings nicht ganz. Denn am Ende von „Der Hobbit – Eine unerwartete Reise“ war Smaugs sich öffnendes Auge als Brücke zu „Der Hobbit – Smaugs Einöde“ zu sehen. In diesem Mittelstück der Hobbit-Trilogie wartet der Zuschauer jedoch 110 Minuten, bis der furchteinflößende Drache auf der Leinwand erscheint.

Bis dahin müssen die 13 Zwerge, der Zauberer Gandalf und der Hobbit Bilbo Beutlin (Martin Freeman) etliche Abenteuer und Gefahren überstehen, was auch im zweiten Teil noch stärker als im ersten als ziemlich episodisch daherkommt. So fliehen die Reisegefährten zu Beginn vor einer Bestie, einer Kreuzung aus Riesenwolf und Bären, die sich als der „Pelzwandler“ Beorn (Mikael Persbrandt) herausstellt, der nach einigen Minuten wieder aus dem Film verschwindet. Für Gandalf, die Zwerge und Bilbo geht die Reise in Richtung Einsamen Berg weiter, wo Meisterdieb Bilbo seinen Vertrag erfüllen muss: Den Arkenstein aus Smaugs Hort stehlen, damit Thorin Eichenschild die Armee der Zwerge vereinen, und das Königreich Erebor wieder errichten kann. Sie werden dabei nicht nur von Riesenspinnen angegriffen, sondern auch von den Orks unter der Führung des weißen Riesen-Orks Azog (Manu Bennett) verfolgt, und müssen die Gleichgültigkeit von Waldelben-König Thranduil (Lee Pace) spüren, der ihnen nicht nur jede Hilfe versagt, sondern sie auch noch gefangen nimmt. Bei den Waldelben gibt es nicht nur ein Wiedersehen mit Legolas (Orlando Bloom). Hier führt Regisseur Peter Jackson eine Figur ein, die in keinem Buch Tolkiens auftaucht: Waldelbin Tauriel (Evangeline Lilly). Sie erinnert nicht nur äußerlich an die in „Der Herr der Ringe“ von Liv Tyler verkörperte Arwen: Ähnlich Arwen, die sich in den Menschen Aragorn verliebte, fühlt sich Tauriel zum Zwergen Kili (Aidan Turner) hingezogen. Ob Jackson Tauriels „apokryphen“ Status dadurch ausdrücken wollte, dass er ihr einen Namen gab, die unweigerlich an den apokryphen vierten Erzengel Uriel erinnert, sei dahin gestellt. Dass sie in der Tolkien-Welt nicht vorkommt, verheißt andererseits für den dritten Teil nichts Gutes ... Gemäß der Buchvorlage machen die Gefährten auch Bekanntschaft mit den Menschen aus der Seestadt Esgaroth, die auf Holzpfählen in den Langen See gebaut ist. Jackson gestaltet sie als eine Art Stadt aus Flandern des 16. Jahrhunderts, die von einem despotischen Bürgermeister (Stephen Fry) regiert wird.

In „Smaugs Einöde“ herrscht eine viel düsterere Stimmung als in „Eine unerwartete Reise“. Dies geht größtenteils auf das Konto des Nebenstrangs, in dem Gandalf in der Festung Dol Guldur auf den „Nekromanten“ trifft. Dort erkennt der Zauberer nicht nur, dass sich „der Feind auf den Krieg vorbereitet“, sondern auch, um wen es sich bei diesem Feind handelt. Die Szenen in Dol Guldur gehören zu den Höhepunkten von „Smaugs Einöde“ – sowohl filmisch in der Inszenierung des Kampfes zwischen Licht und Finsternis als auch inhaltlich. Denn sie verdeutlichen, wie in Mittelerde das Böse hereinbricht und sich immer mehr ausbreitet. Eine Entsprechung findet dieser Kampf in der Macht, die der Ring auf Bilbo auszuüben beginnt.

Die visuelle Kraft von Jacksons Film drückt sich darüber hinaus in den bekannten Einstellungen und Kamerafahrten, etwa den für die Filmsprache von „Der Herr der Ringe“ typischen Totalen aus der Vogelperspektive mit Kameraschwenks aus. Allerdings nutzen sich diese Effekte trotz des imposanten Drachens und der haptischen Qualität aller Requisiten wie Waffen oder Gebäude bald ab. Denn „Der Hobbit – Smaugs Einöde“ hat mit den üblichen dramaturgischen Problemen eines Trilogie-Mittelstücks zu kämpfen. Trotz aller Effekte und rastloser Action, trotz schöner Landschaftsaufnahmen und bis in die Details liebevoll gebauten Gebäude und Festungen hemmen die unterschiedlichen Episoden den Fortgang der eigentlichen Handlung. Der Gang in Smaugs Einöde wirkt ermüdend in die Länge gezogen. Ob die Entscheidung richtig war, „Der kleine Hobbit“ als insgesamt achtstündige Trilogie zu verfilmen, wird sich allerdings endgültig erst am Ende des für Dezember 2014 angekündigten dritten Films „Hin und zurück“ zeigen.
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