NON-STOP | Non-Stop
Filmische Qualität:   
Regie: Jaume Collet-Serra
Darsteller: Liam Neeson, Julianne Moore, Michelle Dockery, Anson Mount. Lupita Nyong o
Land, Jahr: USA 2013
Laufzeit: 106 Minuten
Genre: Thriller
Publikum: ab 12 Jahren
Einschränkungen: G
im Kino: 3/2014
Auf DVD: 7/2014


José García
Foto: Studiocanal

Bill Marks (Liam Neeson) hat offenbar ein Alkoholproblem. Der Zuschauer lernt ihn in Jaume Collet-Serras Spielfilm „Non-Stop“ kennen, als sich der ehemalige New Yorker Polizist in seinem schmuddeligen Auto einen Schluck genehmigt. Seine Beobachtungen sagen bereits Einiges über ihn aus: Zunächst schaut er wehmütig auf ein Liebespaar, dann beobachtet er einen Muslim – was wohl mit seinem Job zusammenhängt. Denn Bill Marks arbeitet als Air Marshall, ist also für die Sicherheit der Passagiere während eines Fluges verantwortlich. Nach dem 9. September sitzen bei einigen Berufsgruppen Vorurteile augenscheinlich tief. Als auf dem Flug von New York nach London eine Frau mittleren Alters (Julianne Moore) neben ihm Platz nimmt, und die Boeing 767 startet, kann Bill nicht ahnen, dass sich dieser Flug zu einem wahren Horrortrip entwickeln wird.

Denn bald bekommt er über das eigene, ordnungsgemäß abgesicherte Funknetz Textnachrichten. Darin fordert ein Unbekannter die Überweisung von 150 Millionen Dollar auf ein bestimmtes Konto. Andernfalls werde alle zwanzig Minuten einer der 200 Passagiere sterben. Unter Zeitdruck beginnt der Air Marshall mit Hilfe seiner Sitznachbarin, die sich als Jen Summers vorstellt, und der Flugbegleiterin Nancy (Michelle Dockery) die Fluggästeliste zu überprüfen. Denn ihm wird schnell klar, dass sich der Erpresser im Flugzeug befinden muss. Dass der anonyme Nachrichtenschreiber es ernst meint, stellt dieser auch sehr bald unter Beweis. Wie raffiniert er vorgeht, erfährt bald der Zuschauer: Das für die Überweisung angegebene Konto läuft auf Bills Namen. Noch komplizierter wird die gesamte Situation, als Bill an Bord eine Bombe entdeckt, und weitere Indizien den Verdacht gegen den Air Marschall nähren. Bei der Suche nach Verdächtigen stellt sich für Bill vor allem die Frage, wem er überhaupt trauen kann.

Bereits 1937 stellte sich ein Flugzeug als Ort der Handlung eines Thrillers heraus: in Agatha Christies „Tod in den Wolken“ („Death in the Clouds“). Zuletzt siedelte der in Hollywood arbeitende deutsche Regisseur Robert Schwentke in „Flightplan – Ohne jede Spur“ (2005) mit Jodie Foster in der Hauptrolle eine solche „Suspense“-Geschichte hoch über den Wolken an. In „Non-Stop“ spielt allerdings nicht nur das klaustrophobische Ambiente eines Flugzeuges eine besondere Rolle, sondern ganz eindeutig auch die Action, weil Liam Neeson seinen Part mit großem körperlichem Einsatz anlegt – ähnlich der Rolle in seiner ersten Zusammenarbeit mit dem spanischen Regisseur Jaume Collet-Serra, dem in Berlin angesiedelten Action-Thriller „Unknown Identity“ (2011). Dennoch steht in „Non-Stop“ vor allem die Spannung im Vordergrund.

Denn die unbarmherzig tickende Uhr treibt die Handlung voran und das Adrenalin hoch, weil der Zuschauer die Ereignisse aus der Sicht des Air Marshals ohne Wissensvorsprung ihm gegenüber erlebt. Mit Bill Marks rätselt er, wer nun von den nacheinander präsentierten Fluggästen der Erpresser sein mag. Handelt es sich sogar um eine der Personen, die Bill um Unterstützung bittet? Hinzu kommt eine weitere Ebene: Wie mag der Täter es anstellen, um an das Erpressungsgeld heranzukommen, wenn dieses auf ein auf Bills Namen laufendes Konto überwiesen werden soll? Weil die Zeit immer knapper wird und sich unter den Fluggästen bald Panik ausbreitet, eskaliert die Situation. Bill muss auf schonungslose Methoden zurückgreifen, die ihn aber wiederum verdächtig machen. Den Verdacht kann der Air Marshall nur von sich abschütteln, wenn er den Erpresser findet.

Sicherlich nehmen sich nicht alle Wendungen des Filmes glaubwürdig aus. Dies macht Regisseur Collet-Serra aber die meiste Handlungszeit mit einem sich immer mehr steigernden Tempo und mit einer irritierenden Atmosphäre, in der jeder jeden verdächtigt, wieder wett. Lediglich gegen Ende nimmt die Action überhand. Dann greifen die Drehbuchautoren John W. Richardson, Christopher Roach und Ryan Engle außerdem leider auf eine Auflösung zurück, die mit der restlichen Handlung des Filmes kaum im Zusammenhang steht. Was sehr schade ist, weil „Non-Stop“ bis dahin die Actioneinlagen immer dem Vorantreiben der Handlung untergeordnet waren. Bedauerlicherweise trifft auch für „Non-Stop“ zu, was François Truffaut im Interview-Buch „Mr. Hitchcock, wie haben Sie das gemacht?“ („Le Cinéma selon Hitchcock“, 1966) feststellte: „Geschichten dieser Art sind meistens am Anfang recht aufregend, aber dann flauen sie ab, und meistens wird es, wenn es zur Aufklärung kommt, fürchterlich“.

Trotz der wenig überzeugenden Auflösung und der kaum angerissenen Charakterzeichnung – über Bill Marks hinaus nimmt sich der Regisseur lediglich genügend Zeit, der Figur der von Julianne Moore verkörperten Jen Summers eine Biografie und etwas Konturen zu verleihen – ist Jaume Collet-Serras „Non-Stop“ ein über weite Strecken solide inszenierter Genre-Film, der seine Spannung aus dem reduzierten Schauplatz und einer überschaubaren Verdächtigen-Riege bezieht, um den Zuschauer immer wieder auf falsche Fährten zu bringen.
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