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José García Foto: Neue Visionen ![]() In Buenos Aires findet die Regisseurin die drei Protagonisten für ihren Film: Walter Chino Laborde ist Sänger in einer Tango-Band. Er kam als Laie zum Tango und hat nie Musik studiert, weswegen er als Sänger ganz seinem musikalischen Instinkt folgt. Diego Dipi Kvitko ist der jüngste und zugleich temperamentvollste der drei. Dipi spielt Gitarre seit seinem 15. Lebensjahr. Nichts auf der Welt könnte ihn glücklicher machen. Die Musik, die er heute mag, musste er erst selbst für sich entdecken, denn er kommt nicht aus einer Musikerfamilie. Dipis Anspruch an Tango und Musik im Allgemeinen ist enorm, daher findet er die Vorstellung unerhört, der Tango solle nicht aus seiner geliebten Tango-Stadt kommen. Pablo Greco stammt aus einer Familie von Bandoneon-Spielern, die bis heute gemeinsam auftritt. Die Liebe zu seinem Instrument begleitet ihn daher schon sein Leben lang, er schätzt seine Besonderheiten, so viele Stimmen auf einmal spielen zu können. Im Gegensatz zu Dipi kann Pablo sich gut vorstellen, dass der Tango nicht ursprünglich aus Buenos Aires kommt, aber dort ist er seiner Meinung nach erst zu seiner voller Blüte gekommen. Mit den drei Tango-Musikern aus Buenos Aires reist der Zuschauer nach Finnland auf der Suche nach den Wurzeln des Tangos. Kein leichtes Unterfangen: Bleibt in Argentinien diese Musik als Bestandteil der eigenen Kultur bis heute lebendig, so ist der Tango in Finnland eher einer älteren Generation zuzuordnen und hatte seine Blüte in den fünfziger und sechziger Jahren des 20. Jahrhunderts, so dass nur die ältere Generation die wichtigen finnischen Tangomusiker kennt. Das erfahren Chino, Dipi und Pablo, als sie etwa eine Tango-Tanzveranstaltung irgendwo in der finnischen Pampa erleben. Sie besuchen den Schriftsteller, Filmemacher und Entertainer M. A. Numminen, der wie kein zweiter die finnische Tango-Szene kennt und eine eigentümliche Erklärung für den finnischen Ursprung des Tangos liefert: Wir Finnen haben vor der Erfindung des Mobiltelefons so wenig gesprochen, dass die Entstehung des Tangos eine absolute Notwendigkeit war. Der gutmütige Kari Lindqvist wird von den argentinischen Besuchern für seine sanfte Art, Akkordeon zu spielen, bewundert. Orchesterdirigent Riku Niemi erklärt den Argentiniern, eine neue Musikform entstehe dann, wenn verschiedene Stile und Menschen zusammenkommen. Die Gesanglehrerin Sanna Pietäinen, die mit Mann und Kindern die südamerikanischen Musiker empfängt, gibt Chino Laborde spontan einen ersten Gesangsunterricht in finnischem Tango. Den Höhepunkt ihrer Reise haben sich Chino, Dipi und Pablo freilich für den Schluss aufgespart: Reijo Taipale wurde mit einer Version des berühmtesten finnischen Tangos Satumaa 1962 ein Tango-Superstar. Bei ihm finden die Argentinier die größten Gemeinsamkeiten mit ihrer eigenen Musik. In diesem Roadmovie der besonderen Art trifft auch die Enge der südamerikanischen Metropole auf die schier unendliche Weite der finnischen Landschaft. Eine ganz besondere Stimmung erleben die argentinischen Musiker etwa im finnischen Mittsommer, wenn die Sonne kaum für ein paar Stunden hinterm Horizont verschwindet. Mittsommernachts-Tango ist nicht nur eine Suche nach dem Ursprung des Tangos oder ein Vergleich zwischen dem argentinischen und dem finnischen Tango. Dazu führt Regisseurin Viviane Blumenschein aus: Argentinischer und finnischer Tango sind sehr unterschiedlich. Ich bevorzuge keinen der beiden, denn sie sind auf ihre Art einmalig. Mir ging es im Film immer um die Begegnung zweier Kulturen, die auf einer abenteuerlichen Reise ins Ungewisse aufeinandertreffen. Im Film lernt man die grundsätzlichen Unterschiede der beiden Tangos kennen und der Zuschauer kann sich sein Urteil dann selbst bilden. Darüber hinaus nimmt sich Blumenscheins Dokumentarfilm als eine kulturelle Begegnung zwischen zwei sehr unterschiedlichen Völkern aus. Über die sprachlichen Barrieren hinweg kommen sich liebenswürdige Menschen näher, weil sie eine universelle Sprache eint: die Liebe zur Musik. Ob die Reise der drei argentinischen Musiker durch Tango-Finnland auf Aki Kaurismäkis These vom finnischen Ursprung des Tangos endgültiges Licht geworfen hat, stellt sich als nicht so wichtig heraus. |
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