TILL EULENSPIEGEL | Jester Till
Filmische Qualität:   
Regie: Eberhard Junkersdorf
Darsteller: (Dt. Stimmen) Mario Adorf, Veronica Ferres, Hannes Jaenicke, Rick Kavanian, Dieter Landuris, Katharina Thalbach
Land, Jahr: Deutschland 2003
Laufzeit: 84 Minuten
Genre: Animation
Publikum: ohne Altersbeschränkung
Einschränkungen: -


JOSÉ GARCÍA
Foto: Solo Film

Mit der Einführung des Oscars „für den besten Animationsfilm“ im Jahre 2002 erfuhr der Zeichentrickfilm eine deutliche Aufwertung. Werden Animationsfilme noch immer meistens mit dem Namen Disney in Verbindung gebracht, so ist dem Traditionsstudio längst Konkurrenz erwachsen: den ersten Animationsoscar gewann nicht Buena Vista/Disney, sondern Steven Spielbergs Firma Dreamworks mit dem Film „Shrek“. Auch in Japan und Europa sind mittlerweile spezielle Studios für Zeichentrickfilme entstanden. Zum heutigen Standard sowohl der amerikanischen als auch der europäischen und japanischen Animationsfilme gehört die Verknüpfung der zweidimensionalen Zeichnung („2D“, „Zeichentrick“) mit am Computer entstandenen dreidimensionalen Elementen („3D“, „Animation“).

Unter den deutschen Zeichentrickstudios ragt die 1995 von Eberhard Junkersdorf gegründete Firma „Munich Animation“ heraus, dessen erste Produktion „Die furchtlosen Vier“ mit dem Bayerischen Produzentenpreis 1998 ausgezeichnet wurde. Nach achtbaren Erfolgen mit „Tobias Totz und sein Löwe“ sowie „Hilfe! Ich bin ein Fisch“ – dem seinerzeit teuersten europäischen Zeichentrickfilm –, kommt nun auf die Leinwand der vierte abendfüllende Film des „Munich Animation“-Studios, für den Junkersdorf auch Regie führt: „Till Eulenspiegel“, der mit mehr als 500 Beteiligten und einem Budget von 15 Millionen Euro einen neuen Rekord für europäische Animationsfilme aufstellt und dessen Synchronstimmen hochkarätig besetzt sind. Wie etwa die japanischen „Prinzessin Mononoke“ und „Chihiros Reise ins Zauberland“ ist „Till Eulenspiegel“ kein ausschließlicher Kinderfilm, sondern ein „Animationsabenteuer für die ganze Familie“.

Obwohl sich die Hauptfigur an den mittelalterlichen Schelm anlehnt, der von Erich Kästner in seinem gleichnamigen Jugendbuchklassiker (1938) wieder entdeckt wurde, stand für den Film-Till nicht der literarische Till Eulenspiegel, sondern der britische Schauspieler und Komiker Lee Evans Pate, dessen Gestik und Bewegungsabläufe den Animatoren als Vorlage dienten. Der in den Disneystudios tätige Drehbuchautor Christopher Vogler entwarf eine eigenständige, von den zwölf Episoden aus Kästners Jugendroman und sonstigen überlieferten Geschichten über Till Eulenspiegel unabhängige Handlung. Deren Rahmen bildet Tills Suche nach seinem Großvater Marcus, einem genial-schrulligen Magier, der bei einem missglückten Experiment verschwindet. Den Weg zum Großvater kann Till jedoch nur finden, wenn er die drei von einem sprechenden Zauberspiegel gestellten Aufgaben löst, denen er sich gemeinsam mit Marcus’ sprechender Eule, dem gutmütigen Bäckergesellen Lamme sowie der hübschen Bürgermeistertochter Nele stellt. Till freundet sich darüber hinaus mit dem kindlichen König Rupert an, der Opfer einer Intrige von dessen machthungriger Tante Katharina zu werden droht.

Dieser Handlungsstrang erinnert stark an den europäischen Animationsfilm „Kwom und der König der Affen“, in dem der zum Hofnarren ernannte Kwom mit Hilfe der hübschen Zofe Gina eine Intrige am Königshof vereitelte. Stellt in „Kwom und der König der Affen“ die Handlung eine Einheit mit einem durchgängigen Spannungsbogen dar, so gewinnen in „Till Eulenspiegel“ die einzelnen Episoden die Oberhand, wodurch die Rahmenhandlung unübersichtlich wird. Konzentriert sich „Kwom und der König der Affen“ auf markante Züge seiner Figuren, so werden die Charakterzüge der Figuren von „Till Eulenspiegel“ kaum herausgearbeitet.

Der an manchen Stellen durchscheinende Witz verdeutlicht, dass „Till Eulenspiegel“ mit etwas mehr Einfallsreichtum ein großer Film hätte werden können. Die solide, mit gelungenen 3D-Kamerafahrten gut fließende Animation stellt immerhin eine kurzweilige Unterhaltung „für die ganze Familie“ dar.
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