GRACE OF MONACO | Grace of Monaco
Filmische Qualität:   
Regie: Olivier Dahan
Darsteller: Nicole Kidman, Tim Roth, Frank Langella, Parker Posey, Paz Vega, Milo Ventimiglia, Derek Jacobi, Robert Lindsay, Geraldine Somerville
Land, Jahr: Frankreich 2014
Laufzeit: 102 Minuten
Genre: Dramen
Publikum: ab 12 Jahren
Einschränkungen: D
im Kino: 5/2014
Auf DVD: 9/2014


José García
Foto: SquareOne/Universum, David Koskas

Am Mittwochabend eröffnete die Filmfestspiele Cannes Olivier Dahans „Grace of Monaco“, der bereits im Vorfeld für Missmut sorgte. Der monegassische Hof distanzierte sich vom Film: Prinz Albert II. und seine Schwestern ließen verlauten, das Drehbuch enthalte „schwerwiegende historische Unwahrheiten und eine Reihe von rein fiktionalen Szenen“. Deshalb blieben die Grimaldi-Familienmitglieder der Vorführung in Cannes fern. Dem Film ist jedenfalls eine Schrifttafel vorangestellt, laut der es sich dabei um „eine fiktive Erzählung“ handele, die „von realen Ereignissen inspiriert“ sei.

Drehbuchautor und Mit-Produzent Arash Amel lässt die Handlung in Los Angeles 1956 beginnen. Die etwas grobkörnige und verwackelte Fahrt auf einer engen Straße stellt sich als „Retroprojektion“ heraus, eine in den fünfziger Jahren insbesondere auch von Alfred Hitchcock gern eingesetzte Technik: Die Straßenaufnahmen werden auf eine Leinwand projiziert, während die Schauspieler in einem unbewegten Auto sitzen. Diesem Auto entsteigt Grace Kelly (Nicole Kidman), die der Zuschauer allerdings zunächst nur von hinten
sieht. Offensichtlich handelt es sich um eine der letzten Filmszenen überhaupt mit der berühmten Schauspielerin, die mit Fred Zinnemanns „Zwölf Uhr mittags“ (1952) an der Seite von Gary Cooper zu den bekanntesten Darstellerinnen Hollywoods aufstieg, und für „Ein Mädchen vom Lande“ („The Country Girl“, George Seaton 1954) den Oscar gewann. Denn im April 1956 ging Grace Kelly in New York an Bord des Passagierdampfers „Constitution“, um mit Fürst Rainier III. von Monaco (Tim Roth) Hochzeit zu feiern.

Nach der Hochzeit wurde aus Grace Kelly Fürstin Gracia Patricia von Monaco („Princesse Grace de Monaco“). Dass dies sozusagen nicht über Nacht geschehen sein soll, davon erzählt die eigentliche Handlung des Filmes. Denn Arash Amel und Olivier Dahan konzentrieren sich auf einige Monate im Leben der einstigen Schauspielerin und nunmehrigen Fürstin. So beginnt die eigentliche Handlung mit einem Besuch Alfred Hitchcocks in Monaco, mit dem Kelly 1954–1955 auf dem Höhepunkt ihrer Karriere drei Filme („Bei Anruf Mord“, „Das Fenster zum Hof“, „Über den Dächern von Nizza“) gedreht hatte. „Hitch“ möchte „Gracie“ für die Hauptrolle in seinem neuen Filmprojekt „Marnie“ gewinnen. Die männliche Hauptrolle soll „ein unbekannter Schotte“ übernehmen (Filmkenner wissen, dass es sich um Sean Connery handelt, der noch vor dem Filmstart von „Marnie“ dank der James Bond-Filme aufhören sollte, unbekannt zu sein). Dass daraus nichts wurde, ist ebenfalls bekannt. Alfred Hitchcock besetzte die Hauptrolle in „Marnie“ und im parallel entstehenden „Die Vögel“ mit Tippi Hedren – der Sage nach, weil sie Grace Kelly äußerlich ähnelte.

Nach Dahans und Amels Film zieht die Fürstin das Angebot nicht nur in Erwähnung. Sie will diesen Film wirklich drehen – „Grace of Monaco“ lässt sie nicht nur das Drehbuch lesen, sondern auch eine Szene proben. „Ray“ (Fürst Rainier) zeigt sich zunächst damit einverstanden. Erst auf den Druck seiner Minister sperrt er sich dagegen, was zu einer unschönen Streitszene bei einem Familienessen führt. Gehört dies zu den von der Grimaldi-Familie beanstandeten Elementen im Film? Oder womöglich das Gespräch zwischen der Fürstin und dem Hofgeistlichen Francis Tucker (Frank Langella) über die möglichen Konsequenzen einer Rückkehr nach Hollywood und einer Scheidung?

Das Drehbuch erzählt die Fürstinwerdung parallel zur Staatskrise, in die Frankreichs Blockade den Kleinstaat stürzt: Der französische Präsident Charles de Gaulle (André Penvern) möchte der Steuerfreiheit in Monaco ein Ende setzen, weil deswegen französische Unternehmen ins Steuerparadies abwandern. Er droht sogar damit, Monacos Souveränität zu beenden und sich das Fürstentum einzuverleiben. Nach „Grace of Monaco“ ist die entscheidende Figur, um die Krise zu beenden, nicht Fürst Rainier III., sondern Fürstin Gracia Patricia. Provoziert sie zunächst durch ihre Offenheit den französischen Finanzminister, so lernt sie im Laufe der (Film-)Zeit Protokoll und Haltung – „The King’s Speech“ (Tom Hooper, 2010) lässt grüßen –, um zuletzt einen wahren Schachzug zu wagen: Sie lädt Präsident De Gaulle zum Ball des Internationalen Roten Kreuzes ein, auf dem sie eine flammende, den französischen Präsidenten bloßstellende Rede hält. Dass De Gaulle Juli 1962 nicht bei diesem Ball anwesend war, und die Fürstin auch diese Rede nicht hielt, hat der Regisseur selbst eingeräumt.

Über den (un)historischen Gehalt hinaus überzeugt „Grace of Monaco“ filmisch kaum, nicht nur wegen der allzu häufig rührseligen Musik, die etwa auch auf eine Gymnopédie von Erik Satie Maria Callas’ Darbietung von Puccinis „O mio babbino caro“ übergangslos folgen lässt, sondern insbesondere auch wegen der kaum glaubwürdigen Darsteller. Lediglich einige wenige Nebenrollen sind stimmig besetzt: Derek Jacobi als Graf Fernando D’Aillieres, Parker Posey als Hofdame Madge Tivey-Faucon und vor allem Frank Langella als Hofgeistlicher. Demgegenüber lassen Robert Lindsay und Paz Vega Aristoteles Onassis beziehungsweise Maria Callas zu Karikaturen verkommen. Tim Roth kämpft gegen sein in etlichen Gangster-Filmen erworbenes Image an, was ihm schon deshalb kaum glückt, weil das Drehbuch ihm lediglich eine Nebenrolle neben der australischen Hauptdarstellerin zugesteht. Nicole Kidman selbst wiederum gelingt es in keinem Augenblick, den Charme, die Verletzlichkeit und besondere Grazie von Grace Kelly zu versprühen.
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