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José GarcÃa Foto: farbfilm ![]() Ãllers hat private Probleme: Seine Ehe ist längst zerrüttet, sein kleiner Sohn leidet an schwerer Neurodermitis. Er sucht eine Beförderung, die zu Beginn von Johannes Nabers âZeit der Kannibalenâ im Raum steht, um nicht mehr immer um den Globus fliegen zu müssen, und dadurch mehr Zeit zu Hause verbringen zu können. Solche Fragen stellen sich Niederländer nicht â ein Privatleben kennt er nicht. Dafür lebt er verschiedene Marotten aus, von denen der Zuschauer die eine oder andere Kostprobe bekommt. Für ihn bedeutet die erwähnte Beförderung einen weiteren Karriereschritt, der in seiner Haltung des Nur für den Job-Lebens ohnehin existentielle Züge annimmt. Befördert wird jedoch weder Ãllers noch Niederländer, sondern der dritte im Unternehmensberater-Team, ein gewisser Hellinger, den der Zuschauer nie zu Gesicht bekommt. Weil Hellinger nun also im Büro sitzt, stöÃt zu den beiden âKannibalenâ als Dritte im Bunde eine jüngere Kollegin, Bianca März (Katharina Schüttler mit zurückgekämmten Haar und hochgeschlossenem Business-Hosenanzug). Dass sie sich von den beiden erfahrenen Kollegen keineswegs vereinnahmen lässt, macht sie von Anfang an klar, als sie den Ausdruck âunsere Generationâ mit einem ironischen Lächeln quittiert. Darüber hinaus hat sie sich einen Idealismus bewahrt, über den die zynischen Ãllers und Niederländer nur den Kopf schütteln können: âWarum bist Du nicht bei einer NGO?â Ihre moralischen Zweifeln wecken bei den beiden Turbokapitalisten nur Sarkasmus: âDu hättest eine groÃe Zukunft in der evangelischen Kircheâ. Dass sich Bianca März nach auÃen harmlos gibt, stellt sich allerdings als Berechnung heraus: Sie soll die Kollegen evaluieren, weil sich inzwischen der zum Partner aufgestiegene Hellinger das Leben genommen hat und deshalb die mit der Beförderung verbundene Stelle erneut neu besetzt werden muss. Dann überschlagen sich die Ereignisse: Die Firma wird überraschend verkauft, der neue Besitzer bietet ihnen per Videokonferenz aus Afghanistan die lang ersehnte Partnerschaft an. Währenddessen spitzt sich die Lage auÃerhalb des Hotels zu. Plötzlich sind in Nigerias Hauptstadt, wohin sie inzwischen geflogen sind, Explosionen und Schüsse sowie Ansagen aus Lautsprecher-Wagen zu hören. âZeit der Kannibalenâ spielt sich ausschlieÃlich in geschlossenen Räumen ab. Die wenigen Blicke aus dem Fenster zeigen lediglich so etwas wie Pappmaché-Klötze, die an Häuser erinnern sollen. Die Aussage dieses ungewöhnlichen Stilmittels ist eindeutig: Für Ãllers und Niederländer gibt es keine Wirklichkeit auÃerhalb ihrer geschlossenen Welt. Es zählt einzig und allein das jeweilige Hotel â die Hotelzimmer oder die Konferenzräume, in denen die Sitzungen mit den Kunden stattfinden. Weil sich Business-Hotels in der ganzen Welt zum Verwechseln ähnlich sehen, spielt es überhaupt keine Rolle, in welchem Land sich die Unternehmensberater jeweils aufhalten. Sie interessiert ohnehin überhaupt nicht, was auÃerhalb des Hotels ist. So zeigen sich die beiden Männer fassungslos, als Bianca auf einmal auf die StraÃe, in die Stadt will. Durch das Spiel in überschaubaren Räumen drängt sich der Eindruck des Kammerspiels auf. Dadurch und durch die unauffällige Regie von Johannes Naber kommt den Dialogen und dem Spiel der Darsteller eine zentrale Bedeutung zu. Die Dialoge von Drehbuchautor Stefan Weigl sind mit bissig-pointiertem Zynismus durchsetzt. Den Darstellern gelingt es aber, die Figuren nicht zu bloÃen Karikaturen verkommen zu lassen. Trotz ihres teilweise diskriminierenden Verhaltens, obwohl sich Niederländer eigentlich nur mit sich selbst und seinen zahlreichen Neurosen beschäftigt und Ãllers zu Zornausbrüchen neigt, wobei schon einmal die Einrichtung eines Hotelzimmers demoliert wird, gestalten sie Sebastian Blomberg und Devid Striesow mit schlagfertigem Humor, was dem Zuschauer die Charaktere liebeswürdig macht. Katharina Schüttler umhüllt ihre Bianca März mit einem gewissen Geheimnis, was die junge Business-Frau für den Zuschauer undurchschaubar macht. Natürlich überzeichnen die drei Darsteller ihre Figuren, ohne dass jedoch âZeit der Kannibalenâ in eine Farce umkippt. Bei aller Persiflage bleiben Ãllers, Niederländer und März glaubwürdige Charaktere, wie sie die Global Economy erschaffen könnte. Johannes Nabers âZeit der Kannibalenâ erweist sich als ein mit sarkastischem, ja zynischem Humor gespickter Film über die menschlichen Auswüchse einer globalisierten Wirtschaft, die eine teilweise mit Menschenverachtung gepaarte, maÃlose Profitgier über den Menschen stellt. |
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