KLEINE NICK MACHT FERIEN, DER | Les Vacances du Petit Nicolas
Filmische Qualität:   
Regie: Laurent Tirard
Darsteller: Mathéo Boisselier, Kad Merad, Valérie Lemerciert, Domenique Lavanant, Luca Zingaretti
Land, Jahr: Frankreich 2014
Laufzeit: 97 Minuten
Genre: Familienfilme
Publikum:
Einschränkungen: --
im Kino: 10/2014
Auf DVD: 2/2015


José García
Foto: Wild Bunch

Vor vier Jahren verfilmte Laurent Tirard die Abenteuer des von René Goscinny und Jean-Jacques Sempé geschaffenen Charakters „Der kleine Nick“. Der gleichnamige Spielfilm (siehe Filmarchiv) wurde der erfolgreichste Film des Jahrgangs in Frankreich und für den Europäischen Filmpreis nominiert. Zusammen mit seinem Drehbuch-Mitautor Grégoire Vigneron hat nun Laurent Tirard eine Fortsetzung gedreht: „Der kleine Nick macht Ferien“ („Les Vacances du Petit Nicolas“) beginnt am letzten Schultag. Nach einer Ansprache des Schulleiters verlassen die Kinder schleunigst die Schule. Nick (Mathéo Boisselier) wird wieder Zeuge des alljährlichen Streits seiner Eltern um den Ferienort: Die Mutter (Valérie Lemerciert) ist für Berge, der Vater (Kad Merad) für den Strand. Hatte sich die Mutter immer wieder durchgesetzt, so gibt sie diesmal nach: Sie fahren an die Küste, um aus der Sicht des Vaters endlich einmal Strandurlaub zu machen. Doch die Sache hat für ihn einen Pferdefuß: Seine Schwiegermutter (Dominique Lavanant), die von Nick immer Küsschen will (dafür gibt es einen Bonbon), fährt mit. Sie nörgelt ständig an ihrem Schwiegersohn herum, weil sie sich für ihre Tochter eine bessere Partie erhofft hatte.

Bald bildet sich um Nick eine Gruppe gleichaltriger Jungs mit unterschiedlichen Charakteren – eine Funktion, die im ersten Film seine Klassenkameraden übernahmen: Früchtchen, der alles, aber wirklich alles isst, der Engländer Jojo mit seinem eigenartigen Akzent, Paulchen, der ständig etwas zu meckern hat, Como, der immer Recht haben will, sowie Ben, der in dem Ort wohnt. Bald taucht ein ehemaliger Klassenkamerad von Nicks Vater mit Frau und Tochter Isabelle (Erja Malatier) auf. Diese macht zunächst nur große Augen – es dauert eine ganze Weile, bis sie überhaupt spricht. Die Erwachsenen sehen Isabelle und Nick schon als Paar. Nick und seine Freunde müssen deshalb irgendetwas unternehmen, damit die aus Nicks Sicht bald bevorstehende Hochzeit unterbunden werden kann, zumal Nicks Herz eigentlich seiner Nachbarin Marie-Hedwig gehört, von der er allerdings während der gesamten Sommerferien getrennt ist.

In der Erwachsenenwelt gibt es auch amouröse Verwicklungen: Nicks Vater findet Gefallen an einer jungen Schweizerin (Julie Engelbrecht), während sich ein italienischer Filmproduzent (Luca Zingaretti), der mit einem Filmteam am Strand einige Szenen dreht, von Nicks Mutter angezogen fühlt, der er ungeniert den Hof macht. Sie selbst scheint von einer Karriere als Schauspielerin zu träumen und ist zwischen den Avancen des Filmproduzenten und ihrer Familie hin- und hergerissen. Während Nick und seine Familie am Strand Urlaub machen, ist Paris wie ausgestorben, wären nicht die Touristen dort – davon kann der Schul-Hausmeister ein Lied singen.

Wie bereits „Der kleine Nick“ gestaltet Regisseur Laurent Tirard „Der kleine Nick macht Ferien“ mit einer Retro-Anmutung, die an die 1960er Jahre erinnert. Die Kamera von Denis Rouden verklärt jedoch diese Bilder, die in bunten Farben erscheint: Neben rot dominieren gelb und blau als Farben der Sonne und des Strandes beziehungsweise des Sommerhimmels und des Meeres. Der Zuschauer erlebt die Handlung durch Nicks kindliche Perspektive, aus deren Sicht der Film größtenteils erzählt. Auch die beschwingte Salsa-Musik trägt zur Leichtigkeit der Sommerferien bei. Dennoch gehört auch etwas Grusel noch dazu in Form einer alten, verlassenen Burg, in die sich Nick und Isabelle flüchten.

Gelang es im ersten Film dem von Regisseur Tirard zusammen mit Grégoire Vigneron verfassten Drehbuch, die verschiedenen, von Nicks Offstimme kommentierten Episoden zu einer übergreifenden Story zusammenzufügen, so gerät die Handlung von „Der kleine Nick macht Ferien“ mit den Abenteuern, die Kinder und Erwachsene erleben, deutlich episodischer. Beispielsweise verschwindet irgendwann einmal die junge Schweizerin von der Leinwand auf Nimmerwiedersehen.

Regisseur Tirard macht kein Hehl daraus, dass er sich von Klassikern wie Jacques Tatis „Die Ferien des Monsieur Hulot“ oder Michel Langs „Das Strandhotel“ inspirieren ließ. Sein Film spielt darauf und auch auf andere bekannte Filme – etwa an Hitchcocks „Psycho“ in einer Duschszene – an, ohne sie jedoch nachzuahmen. So erinnert Nicks Vater in seiner ungelenken Art, mit den Mitmenschen im allgemeinen und mit seinem Chef im besonderen umzugehen, entfernt an Jacques Tati. Zwar sind die meisten Charaktere, vor allem die von Nicks neuen Freunden oder auch die seiner Großmutter oder des Filmproduzenten, unverblümt überzeichnet, aber in der Figurenzeichnung von Nicks Eltern verwendet der Regisseur besondere Sorgfalt. Wie im ersten Nick-Film nutzen Valérie Lemercier und Kad Merad den komödiantischen Raum, den der Film ihnen anbietet, regelrecht aus. Weil Nick vom ersten zum zweiten Film nicht altert, wird er nun vom neunjährigen Mathéo Boisselier dargestellt.

Regisseur Laurent Tirard verknüpft mit großer Leichtigkeit die kindliche und die Erwachsenenwelt, so dass „Der kleine Nick macht Ferien“ nicht bloß ein Kinderfilm, sondern im besten Sinne des Wortes ein Film für die ganze Familie ist, der ebenfalls der Familie eine zentrale Stellung einräumt.
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