|
||||||||||||||||||||
José GarcÃa Foto: Twentieth Century Fox Leere StraÃen in einer Provinzstadt am frühen Morgen. Nick Dunne (Ben Affleck) begibt sich zu seiner Zwillingsschwester Go (Carrie Coon) in die Bar, die von beiden geführt wird. Früher arbeitete Nick in der Medienbranche in New York, wo er seine Frau Amy (Rosamund Pike) kennenlernte. Das Paar kehrte in Nicks Heimatstadt nach Missouri zurück, um seine schwerkranke Mutter zu pflegen. Nach dem Tod der Mutter sind Nick und Amy einfach im Mittleren Westen geblieben. Auf dem Höhepunkt der Medienkrise wäre es für den Journalisten offenkundig ein zu groÃes Risiko gewesen, sich in New York auf Arbeitssuche zu begeben. In Carthage, Missouri bewohnt das Ehepaar immerhin ein groÃes, hübsch eingerichtetes Haus mit Garten. Nick versucht sich weiterhin als Autor und hält Vorlesungen an der Uni über Kreatives Schreiben. Amy, durch und durch New Yorkerin (âDie Welt endet am Hudsonâ) und früher Inspirationsquelle für eine erfolgreiche Kinderbuchreihe namens âAmazing Amyâ, die von ihren Eltern (Lisa Banes, David Clennon) herausgegeben wurde, langweilt sich allerdings zusehends in der Provinz. Als Nick an diesem 5. Juli, seinem fünften Hochzeitstag, in sein Haus zurückkehrt, findet er die Haustür sperrangelweit offen vor. Die Möbel sind im Wohnzimmer verstreut und von seiner Frau fehlt jede Spur. Die unter Kommissarin Rhonda Boney (Kim Dickens) ermittelnden Polizisten finden Kampf- und Blutspuren im Haus. Prompt gerät Nick unter Verdacht. Jedenfalls steht seine Schuld für Boneys Assistenten Jim Gilpin (Patrick Fugit) von Anfang an fest, während sich die Kommissarin gegen das Vorurteil wehrt, beim Verschwinden einer Ehefrau sei so gut wie immer deren Ehemann der Hauptverdächtige. Dennoch kommen der Kommissarin einige Dinge eigenartig vor, etwa dass Nick weder die Blutgruppe seiner Frau kennt noch überhaupt weiÃ, was sie den ganzen Tag eigentlich tut. Nick selbst zeigt sich verblüfft darüber. Wie gut kennt er Amy? Diese Frage steht im Mittelpunkt von David Finchers Verfilmung des 2012 erschienenen Romans âGone Girl â Das perfekte Opferâ von Gillian Flynn. Denn das ebenfalls von Gillian Flynn verfasste Drehbuch beschränkt sich nicht auf die Handlung eines herkömmlichen Thrillers. Zu ihrem Roman sagte Autorin Flynn in einem Interview mit der âFrankfurter Allgemeinen Zeitungâ vom Dezember 2013: âDie Ehe ist eine einzige Geschichte von ,Er sagt es so, sie sagt es andersââ. So verknüpft die Filmdramaturgie zwei Parallelstränge miteinander: Schreitet die Haupthandlung mit den polizeilichen Ermittlungen, der Suche nach der verschwundenen Amy und immer mehr mit der Verteidigungsstrategie Nicks voran, der irgendwann einmal den als âSchutzpatron der Gattinnenmörderâ geltenden Staranwalt Tanner Bolt (Tyler Perry) engagiert, so erfährt der Zuschauer Amys Perspektive aus deren Tagebuch. Die Eintragungen, die sich nach und nach macht, oder auch aus denen sie vorliest, enthüllen ein komplexes Bild. Der in der Gegenwart spielende und der in der Vergangenheit angesiedelte Handlungsstrang werden in der Montage von Kirk Baxter vortrefflich zusammengesetzt. Die in Rückblenden wiedergegebenen Szenen der Ehe von Nick und Amy beginnen mit einer romantischen Begegnung. Es folgen der Heiratsantrag bei einer PR-Veranstaltung von âAmazing Amyâ und die erste glückliche Ehezeit. Nach beruflichen Rückschlägen zieht das Paar von New York nach Missouri. Die Ehe beginnt zu kriseln, insbesondere nachdem Nick mit einer Studentin eine Affäre anfängt. Kann der Zuschauer den offensichtlich subjektiven Perspektiven von Nick und Amy glauben? Wie sehr Drehbuchautorin Gillian Flynn und Regisseur David Fincher mit der Zuschauerwahrnehmung spielen, verdeutlicht eine unerwartete Wendung nach etwa einer Stunde, nach der alles ganz anders ist als zunächst gedacht. Der Technosound von Trent Reznor und Atticus Ross unterstützt hervorragend die verschiedenen Tonlagen des Filmes. Dazu erklärt Trent Reznor: âWir überlegten uns, mit etwas ganz Sanftem und SüÃem einzusteigen, um dann später zu zeigen, wie es unter der gelackten Oberfläche heftig brodeltâ. Flynn und Fincher fügen mit einer überdeutlichen Medienkritik eine weitere Ebene hinzu: Von Anfang an entsteht nach Amys Verschwinden ein groÃes Medieninteresse. Kein Wunder, denn durch die fiktionale Figur âAmazing Amyâ steht Amy im öffentlichen Rampenlicht. Ein kleiner Fehler bei beziehungsweise am Rande einer Pressekonferenz verwandelt den besorgten Ehemann in den Hauptverdächtigen. In Talkshows wird über Nick Gericht gehalten. Weil er Enttäuschungen eingesteht und offensichtliche Geheimnisse hütet, die Anlass zu Spekulationen geben, kommt die veröffentliche Meinung sehr schnell zu einer Verurteilung Nicks. Wie schnell sich die öffentliche Wahrnehmung wandelt, zeigt âGone Girl â Das perfekte Opferâ jedoch ebenso eindrücklich, nachdem der bereits vorverurteile Ehemann zu einer quotenschweren Fernsehsendung eingeladen und ihm die Möglichkeit eingeräumt wird, seine Sicht der Dinge darzulegen. Den beiden Hauptdarstellern Ben Affleck und Rosamund Pike gelingt es mit kräftiger Unterstützung der deutschen Zuschauern weitgehend unbekannten Kim Dickens und Carrie Coon, die verschiedenen Biegungen und Wendungen des Filmes glaubwürdig darzustellen. âGone Girl â Das perfekte Opferâ nimmt sich nicht nur als mit der Wahrnehmung des Zuschauers spielender Thriller, sondern auch als Studie einer Ehe aus, die von Eifersucht und Misstrauen zersetzt wird. |
||||||||||||||||||||
|