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José GarcÃa Foto: Alamode Eine falsche Reaktion kann ein ganzes Leben verändern. Dies gilt etwa für einen Verkehrsunfall, aber auch für einen Fall von âhöherer Gewaltâ. Der gleichnamige Spielfilm handelt von einer schwedischen Familie, die in einem Luxushotel in den französischen Alpen Skiurlaub macht. In den ersten Bildern zeigt Drehbuchautor und Regisseur Ruben Ãstlund eine harmonische Kleinfamilie beim Familienfoto: Vater Tomas (Johannes Bah Kuhnke), Mutter Ebba (Lisa Loven Kongsli) und die zwei Kinder Vera (Clara Wettergren) und Harry (Vincent Wettergren) sollen nach den Anweisungen des Fotografen ânäher einander rückenâ. Blauer Himmel, Schnee so weit das Auge sehen kann. Die Stimmung ist prächtig. âWir sind hierhergekommen, weil Tomas zu viel arbeitet. Die fünf Tage gehören ganz der Familieâ, erklärt Ebba der schwedischen Touristin, die sie gerade in der Hotellobby kennengelernt hat. Am zweiten Tag geschieht aber etwas, das die Harmonie in der Familie nachhaltig stören wird. Während eines Mittagessens auf der Restaurantterrasse mit einem groÃartigen Alpenpanorama hört man plötzlich eine Explosion in den Bergen. Eine Lawine rast ins Tal. Tomas beruhigt die besorgte Ebba. Es handele sich um eine kontrollierte Lawine. Allerdings kommen die Schneemassen immer schneller auf die Terrasse zu. Die Kinder schreien nach ihrem Vater, Ebba beugt sich schützend über sie, während um sie herum die Gäste panisch die Flucht ergreifen. Auch Tomas bringt sich selbst in Sicherheit und lässt seine Frau und die Kinder zurück. Als Tomas zurück an den Tisch kommt, nachdem sich der aufgewirbelte Schnee langsam sinkt und die Lawine kurz vor der Terrasse stehen geblieben ist, herrscht betretenes Schweigen. Er versucht die Situation zu überspielen und so zu tun als sei nichts gewesen. Zurück im Hotel wollen sich Ebba und Tomas auf dem Flur abseits von ihren Kindern aussprechen, finden aber keine Worte. Was die Stimmung in der Ehe und in der Familie vergiftet â so macht es das nach Tagen klar gegliederte Drehbuch von Ruben Ãstlund deutlich â ist eigentlich nicht Tomasâ falsche Reaktion. Das Familienleben könnte vielleicht wieder zur alten Eintracht finden, wenn sich die Eheleute ausgesprochen, Tomas sein Fehlverhalten eingesehen und Ebba ihm verziehen hätte. Aber Tomas will nicht es nicht wahrhaben, dass er so reagiert hat. Ebba betont zwar unter vier Augen, dass es ihr nicht so wichtig ist, um dann jedem davon zu erzählen. Ihre Kinder wirken verstört, weil sie mit der Scheidung ihrer Eltern fest rechnen. Ruben Ãstlund erzeugt eine eigenartige Spannung um diese Geschichte. Die digitale Kamera von Fredrik Wenzel unterstützt dies mit gelegentlichen Kamerafahrten, die eher an einen Thriller denken lassen. In der Inszenierung wirkt âHöhere Gewaltâ insgesamt eher wie ein genretypischer spannungsgeladener Psychothriller. Durch eine Bildinszenierung mit digitaler Kamera und anschlieÃender Computerbearbeitung konterkariert Ruben Ãstlund den grundsätzlichen Realismus seiner Geschichte. Stellenweise wirken die Bilder, insbesondere im Hotel, als sei âHöhere Gewaltâ eine surreale Erzählung. Zunächst einmal scheint âHöhere Gewaltâ die Rolle des Mannes als Familienbeschützer in Frage zu stellen. Johannes Bah Kuhnke verkörpert den in seiner Ehre angeschlagenen Mann mit kleinen Gesten und Blicken, die seine Verbundbarkeit zum Ausdruck bringen. Beim näheren Hinsehen nimmt sich allerdings Ãstlunds Film als Dekonstruktion einer Familie: Die anfangs mustergültige Familie wird durch ein zugegebenermaÃen einschneidendes, aber einmaliges Ereignis in Frage gestellt. Dies passt in das gesellschaftliche Bild, das Drehbuchautor und Regisseur Ruben Ãstlund um diese Familie herum zeichnet. So trifft sich das Ehepaar zum Abendessen mit Mats (Kristofer Hivju), einem alten Freund von Tomas in den Vierzigern, der seine Familie zu Hause gelassen hat, um mit der zwanzigjährigen Fanni (Fanni Metelius) Urlaub zu machen. Bei einem Gespräch mit der schwedischen Touristin erfährt Ebba, dass die verheiratete Frau alleine in Urlaub fährt, auch um im Luxushotel eine Affäre zu beginnen. Als Ebba ihr Unverständnis äuÃert, zeigt sie sich uneinsichtig. SchlieÃlich habe sie auch nichts gegen die Eskapaden ihres Mannes: âIch habe meine Beziehungen, er die Seinen. Es geht gut.â Ausgerechnet die einzige Familie, die in diesem Mikrokosmos noch intakt zu sein scheint, wird in âHöhere Gewaltâ auseinandergerissen. Ruben Ãstlund bietet einen desillusionierten Blick auf die Familie und die Gesellschaft. Zwar fügt gegen Filmende das Drehbuch noch einige dramatische Wendungen hinzu, die zu einer gewissen Hoffnung berechtigen, dass sich in der Familie manches wieder zum Guten wenden wird. Dennoch: So wie vorher werden die Beziehung zwischen den Eheleuten und das Leben in dieser schwedischen Familie nie wieder werden. âHöhere Gewaltâ wurde beim internationalen Filmfestival Cannes in der Reihe âUn Certain Regardâ mit dem Jurypreis ausgezeichnet. Darüber hinaus ist Ãstlunds Film für den diesjährigen Europäischen Filmpreis als einer von fünf Kandidaten für den Hauptpreis âEuropäischer Film 2014â nominiert. Die Entscheidung wird bei der Preisverleihung am 13. Dezember in Riga bekanntgegeben. |
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