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JOSà GARCÃA Foto: Buena Vista International Der Spielfilm âPulp Fictionâ (1994) machte seinen Regisseur Quentin Tarantino über Nacht weltberühmt. Neben âMatrixâ (Larry und Andy Wachowski, 1999) gilt âPulp Fictionâ als so genannter Kultfilm der neunziger Jahre schlechthin. Tarantinos innovativer Umgang mit filmischen Erzählstrukturen war bereits in seinem Spielfilmdebüt deutlich geworden: âReservoir Dogsâ (1991/92), der wegen seiner teilweise extremen Gewalt abstoÃend wirkt, zeigt nicht die erwartete Ausführung eines Raubüberfalls, sondern springt ständig von der blutigen Schlusssequenz zu den in vier Rückblenden dargestellten Tatvorbereitungen hin und her. Diese Vorliebe für eine nicht-lineare Erzählweise führte Tarantino in seinem zweiten Film âPulp Fictionâ zu einem Höhepunkt. âPulp Fictionâ scheint aus âdrei ineinander verschachtelten Geschichtenâ zu bestehen. Nach einer eingehenden Analyse durch den Filmpublizisten Robert Fischer wird jedoch deutlich, dass der Eindruck von äuÃerster komplexer Struktur durch zwei einfache Zeitsprünge entsteht. Eine geniale Lösung, die zum meist nachgeahmten Erzählmuster im Kino der letzten zehn Jahre wurde. Tarantinos dritter Film âJackie Brownâ (1997) enttäuschte allerdings die Fans des Starregisseurs wegen seiner konventionellen Art: Die lineare Erzählung wurde nur durch eine dreifache Darstellung einer Geldübergabe aus drei unterschiedlichen Perspektiven durchbrochen. Dies soll sich mit âKill Billâ ändern, denn im â4. Film von Quentin Tarantinoâ â wie der Film mit einem Augenzwinkern auf den âKultstatusâ des Regisseurs angekündigt wird â scheint sich die Zeit ständig vor- und zurückzudrehen. âKill Billâ beginnt mit einem Prolog in schwarz-weiÃ: eine blutverschmierte Frau liegt am Boden. Eine Männerhand wischt ihr mit einem Taschentuch, in das der Name âBillâ eingestickt ist, das Blut vom Gesicht. Dann richtet er eine Waffe auf seine ehemalige Mitstreiterin, die aussteigen wollte, und schieÃt. Darauf folgen mit typischen Tarantino-Zwischentiteln eingeleitete Episoden, in denen âDie Brautâ â wie die namenlose, ehemalige Berufsmörderin genannt wird â nach ihrem Aufwachen aus einem vierjährigen Koma zu einem Rachefeldzug gegen Bills Gangsterbande schreitet. Doch mitten in der Handlung bricht der Film ab. Denn in die Kinos kommt zunächst nur der erste Teil, âVolume 1â genannt; âVolume 2â soll im nächsten Frühjahr folgen. Viel ist darüber spekuliert worden, warum âKill Billâ zweigeteilt wurde. Laut einem Bericht der âSüddeutschen Zeitungâ lieà Produzent Harvey Weinstein, der unlängst von Martin Scorsese eine Kürzung von âGangs of New Yorkâ auf drei Stunden Filmlänge verlangte, Tarantino gewähren und seinen Film in voller Länge â wenn auch in zwei Teilen â zeigen, weil Weinsteins Studio âMiramaxâ gerade mit âPulp Fictionâ groà geworden sei. Ãhnlich âPulp Fictionâ scheint âKill Billâ eine sehr komplexe Struktur zu besitzen, unter anderem deshalb, weil einige Kapitel mit weiÃen Zwischentiteln, andere â in denen es um einzelne Charaktere geht â mit Titeln in gelben Lettern eingeleitet werden. Doch auch in âKill Billâ trügt der Schein: lediglich die Episode der Rache an âVernita Greenâ, die eigentlich ans Ende von âVolume 1â gehört, wird unmittelbar nach dem Prolog eingefügt. Im übrigen spielt sich der Film chronologisch ab, mit der Ausnahme eines zehnminütigen âAnimeâ-Kapitels, das die Vorgeschichte eines weiteren Bandenmitglieds erzählt. In âKill Billâ finden sehr unterschiedliche Einflüsse Eingang: Italo-Western â besonders im Soundtrack, der sich stellenweise an die Musik der Sergio Leone-Filme anlehnt â, Kung-Fu- und japanische Samurai-Filme sowie der âAnimeâ genannte japanische Zeichentrickfilm. Das Ergebnis ist nach eigenem Bekunden Tarantinos ein geschlossenes Filmuniversum: ââKill Billâ ist mein erster Film, der vollständig in einer reinen Filmwelt spielt.â Tarantinos Filmwelt ist gekennzeichnet durch eine stellenweise so brutale Gewalt, dass in einer Szene der Farb- zum Schwarz-WeiÃ-Film wird. Es handelt sich um ein reines Blutbad, in dem âDie Brautâ fünfzig oder hundert Gegner â wer kann dies nach dem Gemetzel noch wissen â mit einem Samurai-Schwert niederstreckt, verstümmelt, köpft. Weil sich diese Sequenz für die Filmhandlung als irrelevant erweist, wird die radikale Gewalt um der Gewalt willen zum Filmsujet stilisiert. Sie degradiert den menschlichen Körper zum bloÃen Sadismus-Objekt. In einem Interview mit der âZeitâ erklärte Tarantino, seine Filmwelt entziehe sich einer moralischen Prüfung, etwa ob Rache oder Gewalt gut oder schlecht sei. âÃber einen solchen Quatsch redet man in einem Samurai-Film natürlich niemals. Auch in einem Spaghetti-Western würde das den Leuten nie einfallen. Gewalt wird als etwas Gegebenes angesehen.â Tarantinos Ethik wird durch eine bloÃe Filmästhetik ersetzt. |
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