EXODUS: GÖTTER UND KÖNIGE | Exodus: Gods and Kings
Filmische Qualität:   
Regie: Ridley Scott
Darsteller: Christian Bale, Joel Edgerton, John Turturro, Aaron Paul, Ben Mendelsohn, Sigourney Weaver, Ben Kingsley, María Valverde, Indira Varma
Land, Jahr: USA 2014
Laufzeit: 150 Minuten
Genre: Historische Filme
Publikum: ab 12 Jahren
Einschränkungen: G
im Kino: 12/2014
Auf DVD: 4/2015


José García
Foto: Twentieth Century Fox

Nachdem der Bibelfilm für Jahrzehnte aus dem Kino verschwunden war, bereitete der weltweite Erfolg von Mel Gibsons „Die Passion Christi“ (2004) den Weg für eine Wiederkehr des Genres, das in den fünfziger und sechziger Jahren seinen Höhepunkt erlebt hatte. Dem Vernehmen nach sind zurzeit etwa ein Dutzend neuer Produktionen in Hollywood in Vorbereitung, die sich mit dem Alten Testament beschäftigen. Einen ersten Vorgeschmack bekam der Zuschauer bereits im April, als Darren Aronofskys „Noah“ (siehe Filmarchiv) aufgeführt wurde. Regisseur und Mit-Produzent Darren Aronofsky inszenierte allerdings „Noah“ trotz etlicher biblischer Elemente eher als einen Science-Fiction- denn als Bibelfilm. Nun startet im Kino der Moses-Film „Exodus: Götter und Könige“ von Regisseur Ridley Scott.

Das Drehbuch von Adam Cooper & Bill Collage, Jeffrey Caine und Steven Zaillian lässt die Handlung im Jahre 1300 v. Chr. mit einem erwachsenen Moses (Christian Bale) beginnen, der am Hofe des Pharaos eine dem Thronfolger Ramses (Joel Edgerton) gleichwertige Stellung einnimmt. Eine Aufschrift klärt den Zuschauer auf: „Seit 400 Jahren sind die Israeliten in Ägypten Sklaven. Aber Gott hat sie nie vergessen“. Die allgemein bekannte Geschichte von Moses Rettung als Neugeborener und seiner Adoption durch des Pharaos Tochter wird bei Ridley Scott nicht in Szene gesetzt – darauf wird später lediglich kurz eingegangen. Das zwischen Ramses und Moses herrschende brüderliche Verhältnis bekommt einen ersten Riss, als sich Ramses bei der Schlacht bei Kadesch gegen die Hethiter leichtsinnig in Gefahr bringt, und es daraufhin deutlich wird, dass der von John Turturro dargestellte Pharao Seti (wohl Sethos I., um 1323–1279) Moses seinem eigenen Sohn vorzieht. Dies mag zwar dramaturgisch sinnvoll sein, weil der Film dadurch bereits sehr früh einen Gegensatz zwischen Ramses und Moses begründet. Mit der geschichtlichen Wirklichkeit hatte dies jedoch wenig zu tun, nicht nur deshalb, weil zum Zeitpunkt der Schlacht bei Kadesch (1274 v. Chr.) Sethos I. bereits gestorben war, weshalb der daraufhin geschlossene Friedensvertrag mit dem hethitischen König Hattusili III. – der älteste erhaltene Friedensvertrag überhaupt, weshalb eine Kopie davon im UNO-Gebäude in New York aufbewahrt wird – von Ramses II. besiegelt wurde. Darüber hinaus wirft dieser Drehbuchkniff ein schiefes Licht auf das Verhältnis zwischen Sethos I. und Ramses II., was geschichtlich auch kaum haltbar erscheint. Denn Ramses wurde schon sehr früh, spätestens mit 22 Jahren, zum Mitregenten ernannt. In dieses dramaturgische Konzept passt außerdem, dass Ramses (der als „der Große“ in die Geschichte eingegangen ist) von einem eher blassen Schauspieler dargestellt wird, während Hollywoodstar Christian Bale Moses verkörpert.

Die entscheidende Wende im Leben des Moses beschreibt die Bibel mit den Worten: „Eines Tages ging er zu seinen Brüdern hinaus und schaute ihnen bei der Fronarbeit zu.“ In Scotts Film reitet Moses anstelle von Ramses in die ebenfalls im Buch Exodus genannte Stadt Pithom, um die Bauarbeiten zu beaufsichtigen. Hier erfährt Moses auf etwas sonderbare Art und Weise von seinem israelitischen Ursprung: Einer der Ältesten unter den hebräischen Sklaven, Nun (Ben Kingsley), teilt ihm die Wahrheit über seine Herkunft mit. Obwohl Moses selbst nicht daran glaubt, findet der inzwischen auf dem ägyptischen Thron sitzende Ramses die Wahrheit heraus und schickt ihn gegen den Rat seiner Mutter Tuya (Sigourney Weaver), der Moses lieber töten lassen will, in die Verbannung. In Midian – wiederum dem biblischen Text folgend – lernt er Zippora (María Valverde) kennen und lieben. Erst neun Jahre später erscheint Moses ein Bote Gottes (im Film in der Gestalt eines Knaben) aus dem flammenden Dornbusch. Gott selbst spricht zu ihm und schickt Moses nach Ägypten. Weil sich Ramses weigert, die Israeliten ziehen zu lassen, folgen die zehn Plagen – die in Scotts Film allerdings eher als Sabotageakt beginnen – bis der Pharao seine Einwilligung gibt und die Israeliten in Richtung Rotes Meer ziehen.

Ridley Scott, der mit „Gladiator“ (2000) den Sandalenfilm wiederbelebte, gestaltet „Exodus: Götter und Könige“ als einen epischen Film mit großartigen Bildern des Kameramanns Dariusz Wolski, die von den ethnischen Anklängen der Musik von Alberto Iglesias bestens unterstützt werden. Obwohl die computererzeugten Bilder der ägyptischen Städte hin und wieder etwas artifiziell anmuten, sind die Effekte sowohl bei der Schlacht als auch etwa bei den Plagen und später im Roten Meer sehenswert. „Exodus: Götter und Könige“ befindet sich bildtechnisch auf dem neuesten Stand. Schwieriger wird es mit der Figurenzeichnung, nicht nur wegen des bereits erwähnten farblosen Pharaos. Auch Christian Bale kann die Wandlung von Moses, der zunächst „an Omen und Prophezeiungen“ nicht glaubt, zum gläubigen Anführer kaum authentisch darstellen. Obwohl „Exodus: Götter und Könige“ im Gegensatz zum postapokalyptischen Gesamtbild von Aronofskys „Noah“ von Produktionsdesigner Arthur Max klassisch inszeniert ist, erscheint Moses eher als Superheld denn als Prophet Gottes – der Satz, mit dem der Verleih den Film bewirbt, spricht Bände: „Er widersetzte sich einem Imperium und veränderte die Welt“.

Auch wenn sich Ridley Scotts Film vorwiegend als ein bildgewaltiges Epos in der Nachfolge von „Gladiator“ ausnimmt und etliche Freiheiten nimmt, bleibt „Exodus: Götter und Könige“ dennoch im Kern bibeltreu.

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