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José GarcÃa Foto: Twentieth Century Fox Die junge Frau, die in einem Motel den vollbepackten Rucksack zu stemmen versucht, macht nicht den Eindruck einer erfahrenen Wanderin. Cheryl Strayed (Reese Witherspoon) beginnt damit ihre Wanderung auf dem Pacific Crest Trail, der sich im Westen der Vereinigten Staaten von der mexikanischen bis zur kanadischen Grenze erstreckt. Für die fast 1 800 Kilometer von der Mojave Wüste bis nach Oregon hat sie drei Monate veranschlagt. Gleich am ersten Abend zeigt sich Cheryls Ungeschicklichkeit überdeutlich, als sie ziemlich unbeholfen das Zelt aufzuspannen versucht, und es sich darüber hinaus herausstellt, dass sie die richtige Gaskartusche für den Kocher vergessen hat. Natürlich denkt sie sofort ans Aufgeben, ehe die Tour richtig begonnen hat. Aber so einfach gibt sie nicht auf. Selbst die Angst vor der Dunkelheit überwindet sie in dieser ersten Nacht in der Mojave-Wüste. Zu dieser strapaziösen Wanderung, bei der sie weitestgehend auf sich allein gestellt ist und tagelang niemandem begegnet, hat sich Cheryl entschlossen, um einen Schlussstrich unter ihre Vergangenheit zu machen. Das Drehbuch von Nick Hornby setzt diese Vergangenheit aus zunächst nur ganz kurzen Rückblenden zusammen, die sich wie Mosaiksteine im Laufe des Spielfilms âDer groÃe Trip â Wildâ zu einem Ganzen zusammenfügen: die innige Beziehung zur Mutter Bobbi (Laura Dern), die den alkoholsüchtigen Ehemann verlassen hatte und dann nach einer kurzen Krebserkrankung gestorben war, das Scheitern ihrer Ehe mit Paul (Thomas Sadoski), nachdem sie ihn öfter betrogen hatte, und schlieÃlich das Abdriften in ein Leben mit immer stärkeren Drogen und sexuellen Ausschweifungen: âIch habe meine Ehe zerstört und jetzt zerstöre ich mein Lebenâ. Die Trekking-Tour, die sie an ihre physischen Grenzen bringt, hilft Cheryl die Vergangenheit aufzuarbeiten und ins Leben zurück zu finden. âDer groÃe Trip â Wildâ, bei dem Jean-Marc Vallée Regie führt, basiert auf dem Erfahrungsbericht âWild â A Journey from Lost to Foundâ, den die echte Cheryl Strayed nach ihrer Wanderung auf dem Pacific Crest Trail Mitte der neunziger Jahre veröffentlichte. Obwohl es in âDer groÃe Trip â Wildâ um eine schmerzhafte Selbsterfahrung und Läuterung geht, setzt Regisseur Jean-Marc Vallée einen leichten Erzählton ein, zu dem der feine Humor oder auch die schönen Landschaftsbilder beitragen, die Kameramann Yves Bélanger einfängt, ohne die eindrucksvolle Wildnis in Postkartenbilder umzusetzen. Diese werden vom Soundtrack mit klassisch moderner Musik etwa von Leonard Cohen und insbesondere von Simon & Garfunkel â âEl Condor Pasaâ, das Cheryl immer wieder teilweise summt, stellt eine Art Leitmotiv während ihrer Wanderung dar â kongenial untermalt. Humorvolle Momente bietet âDer groÃe Trip â Wildâ insbesondere, wenn der Film Zuschauererwartungen konterkariert. So etwa bei einer Begegnung auf freiem einsamem Feld mit einem Farmer: Sein Angebot und seine Wortwahl werden vom Zuschauer â und auch von der plötzlich aufgeschreckten Cheryl â als anzüglich aufgefasst ... und stellen sich als völlig harmlos heraus. Andere Begegnungen enden anders, als der Zuschauer zunächst gedacht hatte, und lassen den Glauben an das Gute im Menschen aufleben. Zu den glaubwürdigen Figuren führt die Deutsche Film- und Medienbewertung (FBW) bei der Verleihung des Prädikats âbesonders wertvollâ aus: âEs geschieht nichts Spektakuläres auf dieser Wanderung, aber Cheryl entwickelt sich auf eine faszinierende Weise auf dieser sowohl äuÃerlich wie auch innerlich existenziellen Reise. Jean-Marc Vallée ist einer von den Regisseuren, die ihre Figuren sehr authentisch und lebensnah in Szene setzen können und Reese Witherspoon liefert hier eine oscarreife Leistung, weil sie völlig uneitel spielt und eine verblüffende Intimität zulässt.â In dieser Geschichte einer Erlösung begehrt Cheryl zunächst einmal gegen Gott auf. Sie kommt aber irgendwann einmal zur Einsicht: âIch bete, dass es einen Gott gibtâ. Die Erlösung kommt in Vallées Film aber leise daher â und das ist eine seiner Stärken. Eine weitere Stärke liegt in der perfekten Verknüpfung zwischen den Rückblenden und der Rahmenhandlung, die ein Gleichgewicht zwischen den Verfehlungen der Vergangenheit, der Schuld, und den Strapazen der Trekking-Tour, der Sühne, schafft. Die Verzahnung von Cheryls innerer und äuÃerer Reise gelingt insbesondere auch dank der hervorragenden schauspielerischen Leistung von Reese Witherspoon. Die Schauspielerin, die durch komödiantische Rollen bekannt wurde, sah offenbar in der Verkörperung der Cheryl Strayed die Chance zu einer reiferen Charakterdarstellung. Sie erwarb die Rechte an Strayeds Buch und produzierte âDer groÃe Trip â Wildâ zusammen mit Bruna Papandrea, Miteigentümerin der gemeinsamen Produktionsfirma âPacific Standardâ. Auf ihrer beschwerlichen Wanderung muss Cheryl nicht nur äuÃere Hindernisse, sondern vor allem sich selbst überwinden. Dadurch kann sie nicht nur den Verlust ihrer Mutter akzeptieren, sondern auch sich dem Leben stellen und sich selbst läutern. Im Tagebuch ihrer Wanderung zitiert Cheryl Strayed einen Satz von Emily Dickinson: âWenn dein Mut sich dir verweigert, geh über deinen Mut hinwegâ. Dieser Ausspruch stellt eine Zusammenfassung dieser Reise zu sich selbst dar, die ebenso die Geschichte einer Erlösung ist. âDer groÃe Trip â Wildâ wurde für die diesjährige Oscarverleihung in zwei Kategorien (âBeste weibliche Hauptrolleâ und âBeste weibliche Nebenrolleâ) nominiert. |
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