THE IMITATION GAME - EIN STRENG GEHEIMES LEBEN | The Imitation Game
Filmische Qualität:   
Regie: Morten Tyldum
Darsteller: Benedict Cumberbatch, Keira Knightley, Matthew Goode, Mark Strong, Rory Kinnear, Charles Dance, Allen Leech, Matthew Beard
Land, Jahr: USA 2014
Laufzeit: 114 Minuten
Genre: Thriller
Publikum: ab 12 Jahren
Einschränkungen: --
im Kino: 1/2015
Auf DVD: 6/2015


José García
Foto: DCM

„Wärest Du normal gewesen, hättest Du es nicht geschafft“, heißt es als eine Art Resümee am Ende von Morten Tyldums Spielfilm „The Imitation Game“. Genie und eine gewisse Wunderlichkeit gehören offenbar zusammen. Vor nunmehr 13 Jahren gab der deutsche Verleih dem mit dem Oscar als Bester Film 2002 ausgezeichneten Film über den Mathematiker John Nash „A Beautiful Mind“ (Regie: Ron Howard) den Untertitel „Genie und Wahnsinn“. Wahnsinnig ist die Hauptfigur von Tyldums „The Imitation Game“ Alan Turing zwar gewiss nicht. Sein Sozialverhalten kann jedoch wenigstens als ausbaufähig bezeichnet werden.

Drehbuchautor Graham Moore und Regisseur Morten Tyldum erzählen in „The Imitation Game“ Turings Werdegang „nach einer wahren Geschichte“. Aus dem Off erzählt sie Alan Turing (Benedict Cumberbatch) selbst als eine ausgedehnte Rückblende. Die Rahmenhandlung bildet ein Verhör, als der Mathematiker und Krypto-Analytiker 1952 wegen Homosexualität und Spionageverdachts von der Polizei festgenommen wird. Turings Geschichte setzt im September 1939 ein: Zu Beginn des Zweiten Weltkriegs bereitet sich England auf einen Angriff Deutschlands vor, wovon etwa Bilder der Kinderlandverschickung und Luftangriffe auf London und andere Städte zeugen. Britische Kriegs- und Passagierschiffe wurden immer wieder scheinbar mühelos von deutschen U-Booten versenkt, deren Bewegungen von verschlüsselten Funksprüchen gelenkt werden. Für die Verschlüsselung wurde eine „Enigma“ genannte Maschine eingesetzt, die ursprünglich für zivile Zwecke entwickelt, bereits aber seit 1926 von der deutschen Marine genutzt wurde. Ein erster Ansatz zur maschinellen Entzifferung der durch Enigma verschlüsselten Botschaften kam aus Polen. Dort wurde eine Enigma-Maschine nachgebaut, die kurz vor dem deutschen Überfall auf Polen britischen Krypto-Analytikern übergeben wurde.

Die nachgebaute Verschlüsselungsmaschine spielt denn auch in Tyldums Spielfilm eine zentrale Rolle. Sie steht im etwa 70 Kilometer nordwestlich von London gelegenen Bletchley Park, wo sie eine Gruppe Wissenschaftler nutzt, um den Enigma-Code zu knacken. „The Imitation Game“ lässt diesen Erzählstrang mit dem Vorstellungsgespräch beginnen, zu dem der Chef der Einrichtung Alastair Denniston (Charles Dance) den gerade aus der Universität kommenden Alan Turing eingeladen hat. Obwohl das Bewerbungsgespräch alles andere als glänzend gelaufen ist, wird Commodore Denniston hellhörig, als der arrogante Jung-Mathematiker die Codemaschine Enigma erwähnt. Turing stößt zu der vom weltgewandten Schachmeister Hugh Alexander (Matthew Goode) geleiteten Forschergruppe hinzu. Diese steht allerdings unter der Aufsicht des Chefs des neugegründeten britischen Geheimdienstes MI6 Stewart Menzies (Mark Strong), der Turing immer wieder auf die Notwendigkeit der Zusammenarbeit innerhalb der Gruppe hinweist.

Der begabte Einzelgänger denkt aber nicht daran: Er wendet sich brieflich an den Premierminister und bekommt von Winston Churchill persönlich die Leitung der Forschergruppe übertragen. Alan Turing entlässt als erstes zwei ihrer Mitglieder. Um neue Mitstreiter zu suchen, veranstaltet er einen Kreuzworträtsel-Wettbewerb, den ausgerechnet eine junge Frau, die Mathematikstudentin Joan Clarke (Keira Knightley) gewinnt. Darüber hinaus werden ihm 100 000 Pfund genehmigt, um eine Dechiffriermaschine zu entwerfen. Denn Turing wird klar, dass mit manuellen Methoden „Enigma“ nicht zu knacken ist: Da der Code jeden Tag geändert wird, haben die Forscher 24 Stunden Zeit, um die horrend hohe Anzahl an möglichen Kombinationen durchzuprobieren – ein Ding der Unmöglichkeit. Alan Turing nennt die Maschine „Christopher“. Woher der Name stammt, verdeutlicht „The Imitation Game“ mit einer Rückblende aus Turings Schulzeit im Jahre 1928.

Zwar wechselt „The Imitation Game“ leichtfüßig von einer Zeitebene in die andere, wodurch die Filmbiografie Alan Turings in Ansätzen entsteht. Die Schulzeit und der als Rahmenhandlung dienende, im Jahre 1952 angesiedelte Erzählstrang, der sich vorwiegend um Turings Homosexualität und um dessen Verurteilung dreht, bleiben jedoch eher im Hintergrund. Drehbuchautor Graham Moore und Regisseur Morten Tyldum konzentrieren sich auf den während des Krieges spielenden Zeitabschnitt und damit um die Entschlüsselung des Enigma-Codes mittels der „Turing-Maschine“, die der Urtyp des modernen Computers werden sollte.

Sie setzen vor allem auf das großartige Spiel von Benedict Cumberbatch, das „The Imitation Game“ zu einer regelrechten Charakterstudie macht. Der britische Schauspieler gestaltet den Computer-Erfinder als genialen Sonderling, ohne ihn aber der Lächerlichkeit eines Computer-„Nerds“ preiszugeben. Schade nur, dass Keira Knightley die Darstellung einer hervorragenden Mathematikerin einfach nicht gelingen will. Die Filmemacher schaffen aber den Balanceakt, den Zuschauer mit den hochkomplizierten Details einer Dechiffriermaschine vertraut zu machen, ohne ihn zu überfordern. Dadurch kann er die Bedeutung der Entschlüsselung des Enigma-Codes für die Verkürzung des Krieges ermessen. Sogar das moralische Dilemma, das dies im Einzelfall bedeuten kann, wird in „The Imitation Game“ verständlich.

„The Imitation Game“ wurde für die diesjährige Oscar-Verleihung in acht Kategorien (darunter „Bester Film“, „Beste Regie“ und „Bestes adaptiertes Drehbuch“) sowie für den britischen Filmpreis BAFTA in neun Sparten nominiert.
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