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JOSà GARCÃA Foto: MFA + Filmdistribution Kinderfilme müssen nicht immer nur Zeichentrickfilme sein, oder von Fabelwesen, Hexen, Elfen und Ãhnlichem handeln. Dass ein ganz ânormalerâ Spielfilm ein Kinderfilm sein kann, wenn er lediglich die Perspektive wechselt, zeigt die belgisch-deutsch-niederländische Produktion âScience Fictionâ. âScience Fictionâ wurde im Hinblick auf Kameraführung, Ausstattung und Musik genauso aufwändig wie ânormaleâ Spielfilme gedreht, allerdings aus der Sicht eines intelligenten neunjährigen Jungen. Als Andreas zum ersten Mal mit geradem Haarscheitel, zugeknöpftem Hemd mit Krawatte und makelloser Bügelfalte die Klasse betritt, haben seine Klassenkameraden und âkameradinnen für ihn nur Spott übrig. Dass er auch noch ein Kindermädchen hat und sie als seine beste Freundin bezeichnet, macht die Sache nicht gerade besser. Kein Wunder, dass seine Nachbarin Vero, die sich als sie Klassenchefin entpuppt, auf den Gedanken kommt, Andreas komme von einem anderen Stern, zumal sie Andreasâ Eltern Rick und Rachel beobachtet hat und sie recht merkwürdig und kalt findet. Für die Horror- und Science-Fiction-Filme verschlingende Vero steht fest: Andreasâ Eltern sind AuÃerirdische, Aliens. Zusammen mit dem Klassenprimus Kasper und dem âcoolenâ Wietse überredet Vero Andreas, seine Eltern auszuspionieren, um herauszubekommen, ob ihr Verdacht stimmt. Was die Kinder herausfinden, scheint sie in ihrer Annahme zu bestätigen, behaupten Rick und Rachel doch selbst, sie ständen kurz davor, die Herrscher des Universums zu werden. Als die Kinder dann den Namen des Projekts erfahren, an dem Andreasâ Eltern arbeiten, scheinen die letzten Zweifeln beseitigt zu sein. Der Film spielt meisterhaft mit dieser Perspektivenverzerrung: Aus der Sicht der Kinder verhalten sich Andreasâ Eltern sehr eigenartig: Was können Erwachsene so bedeutende Dinge tun, die ihnen scheinbar wichtiger sind als ihr Kind? Wie nimmt ein Neunjähriger überhaupt die Arbeit seiner Eltern wahr? Was er sieht â ein hochmodernes Gewächshaus und ein Labor, zu denen der Zutritt strengstens verboten ist, die ständigen Anrufe von Auftraggebern â muss ihm recht verdächtig erscheinen. Dass ein Spielfilm mit seinem kindlichen und wohl auch erwachsenen Publikum spielen und dessen unerschütterliches Wissen, dass es keine Aliens gibt, wohl erschüttern kann, zeigte unlängst âK-Paxâ (Iain Softley, 2001), in dem ein offensichtlich verwirrter Mann auf einmal in der New Yorker Central Station auftauchte und behauptete, mit vielfacher Lichtgeschwindigkeit aus dem weit entfernten Planeten âK-Paxâ zur Erde gereist zu sein. Der Film âK-Paxâ hielt die Spannung dadurch, dass dieser âAuÃerirdischeâ mit detaillierten Kenntnissen über die entferntesten Ecken des Universums verblüffte. Auch âScience Fictionâ hält die Spannung dadurch aufrecht, dass er wie ein Thriller für Erwachsene falsche Fährten legt und Beobachtungen verzerrt. Dem Film gelingt hervorragend die naturgemäà eingeschränkte Sicht eines Kindes, das sich über Dinge Gedanken macht, die es nicht versteht, ihm aber suspekt vorkommen. Und dies, ohne in Infantilismus zu verfallen. Hinter der spannenden Geschichte steckt darüber hinaus ein tiefgreifender Gedanke: dass Vero den Verdacht hegt, Andreasâ Eltern könnten Aliens sein, rührt daher, dass sie entdeckt hat, dass ihr Vater ihre Mutter betrügt. Daraus schlussfolgert die Neunjährige: âAlle Eltern lügenâ. Eine Behauptung, die Andreas durch seine Entscheidung â und damit auch âScience Fictionâ â widerlegt. |
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