SCIENCE-FICTION | Science-Fiction
Filmische Qualität:   
Regie: Dany Deprez
Darsteller: David Geclowicz, Fran Michiels, Jurre Baguet, Wietse Tanghe, Koen de Bouw, Wendy van Dijk, Liesbeth Kamerling
Land, Jahr: Deutschland/Belgien/Niederlande 2002
Laufzeit: 90 Minuten
Genre: Science-Fiction/Fantasy
Publikum: ab 6 Jahren
Einschränkungen: -


JOSÉ GARCÍA
Foto: MFA + Filmdistribution

Kinderfilme müssen nicht immer nur Zeichentrickfilme sein, oder von Fabelwesen, Hexen, Elfen und Ähnlichem handeln. Dass ein ganz „normaler“ Spielfilm ein Kinderfilm sein kann, wenn er lediglich die Perspektive wechselt, zeigt die belgisch-deutsch-niederländische Produktion „Science Fiction“. „Science Fiction“ wurde im Hinblick auf Kameraführung, Ausstattung und Musik genauso aufwändig wie „normale“ Spielfilme gedreht, allerdings aus der Sicht eines intelligenten neunjährigen Jungen.

Als Andreas zum ersten Mal mit geradem Haarscheitel, zugeknöpftem Hemd mit Krawatte und makelloser Bügelfalte die Klasse betritt, haben seine Klassenkameraden und –kameradinnen für ihn nur Spott übrig. Dass er auch noch ein Kindermädchen hat und sie als seine beste Freundin bezeichnet, macht die Sache nicht gerade besser.

Kein Wunder, dass seine Nachbarin Vero, die sich als sie Klassenchefin entpuppt, auf den Gedanken kommt, Andreas komme von einem anderen Stern, zumal sie Andreas’ Eltern Rick und Rachel beobachtet hat und sie recht merkwürdig und kalt findet. Für die Horror- und Science-Fiction-Filme verschlingende Vero steht fest: Andreas‘ Eltern sind Außerirdische, Aliens. Zusammen mit dem Klassenprimus Kasper und dem „coolen“ Wietse überredet Vero Andreas, seine Eltern auszuspionieren, um herauszubekommen, ob ihr Verdacht stimmt. Was die Kinder herausfinden, scheint sie in ihrer Annahme zu bestätigen, behaupten Rick und Rachel doch selbst, sie ständen kurz davor, die Herrscher des Universums zu werden. Als die Kinder dann den Namen des Projekts erfahren, an dem Andreas’ Eltern arbeiten, scheinen die letzten Zweifeln beseitigt zu sein.

Der Film spielt meisterhaft mit dieser Perspektivenverzerrung: Aus der Sicht der Kinder verhalten sich Andreas’ Eltern sehr eigenartig: Was können Erwachsene so bedeutende Dinge tun, die ihnen scheinbar wichtiger sind als ihr Kind? Wie nimmt ein Neunjähriger überhaupt die Arbeit seiner Eltern wahr? Was er sieht – ein hochmodernes Gewächshaus und ein Labor, zu denen der Zutritt strengstens verboten ist, die ständigen Anrufe von Auftraggebern – muss ihm recht verdächtig erscheinen.

Dass ein Spielfilm mit seinem kindlichen und wohl auch erwachsenen Publikum spielen und dessen unerschütterliches Wissen, dass es keine Aliens gibt, wohl erschüttern kann, zeigte unlängst „K-Pax“ (Iain Softley, 2001), in dem ein offensichtlich verwirrter Mann auf einmal in der New Yorker Central Station auftauchte und behauptete, mit vielfacher Lichtgeschwindigkeit aus dem weit entfernten Planeten „K-Pax“ zur Erde gereist zu sein. Der Film „K-Pax“ hielt die Spannung dadurch, dass dieser „Außerirdische“ mit detaillierten Kenntnissen über die entferntesten Ecken des Universums verblüffte.

Auch „Science Fiction“ hält die Spannung dadurch aufrecht, dass er wie ein Thriller für Erwachsene falsche Fährten legt und Beobachtungen verzerrt. Dem Film gelingt hervorragend die naturgemäß eingeschränkte Sicht eines Kindes, das sich über Dinge Gedanken macht, die es nicht versteht, ihm aber suspekt vorkommen. Und dies, ohne in Infantilismus zu verfallen.

Hinter der spannenden Geschichte steckt darüber hinaus ein tiefgreifender Gedanke: dass Vero den Verdacht hegt, Andreas’ Eltern könnten Aliens sein, rührt daher, dass sie entdeckt hat, dass ihr Vater ihre Mutter betrügt. Daraus schlussfolgert die Neunjährige: „Alle Eltern lügen“. Eine Behauptung, die Andreas durch seine Entscheidung – und damit auch „Science Fiction“ – widerlegt.
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