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José GarcÃa Foto: Prokino ![]() âZweite Chanceâ konfrontiert zwei junge Paare mit Kleinkind miteinander, die jedoch unterschiedlicher kaum sein könnten: Der Polizist Andreas (Nikolaj Coster-Waldau) und seine Frau Anne (Marie Bonnevie) leben in einem schmucken Haus in schöner Umgebung am Stadtrand. Nach einer Fehlgeburt war Anne zwar psychisch angegriffen. Die Geburt des kleinen Alexander hat ihr aber wieder Lebensmut gegeben, obwohl das Baby in der Nacht häufig schreit, und die Eltern mit ihm einfach im Auto herumfahren müssen, um es zu beruhigen. Bei einem Einsatz mit seinem Partner Simon (Ulrich Thomsen) entdecken die beiden Polizisten bei Tristan (Nikolaj Lie Kaas) und seiner Freundin Sanne (May Andersen) ein völlig verwahrlostes, etwa Alexander gleichaltriges Baby. Nicht nur die Umgebung â eine vergammelte Sozialwohnung â steht in scharfem Kontrast zum Haus des Polizisten. Auch das Verhältnis der Eltern zum Kind ist ein ganz anderes: Der für seine Gewaltausbrüche der Polizei hinlänglich bekannte Tristan und seine Freundin scheinen überhaupt kein Interesse für das Kind zu haben, das sich selbst völlig überlassen ist. Die beiden Drogensüchtigen sind vollauf damit beschäftigt, sich den nächsten Rausch zu besorgen. Die beiden Polizisten bringen das Baby zum Jugendamt, aber die Behörde gibt das Kind in die Obhut der Eltern mit der Begründung zurück, dass es nicht unterernährt sei und auÃerdem die Mutter den Drogentest bestanden habe. Andreas kann es kaum fassen und verliert langsam den Glauben an die Gerechtigkeit. Doch bald hat er ganz andere Sorgen: Eines Morgens stellt Andreas fest, dass Alexander leblos in der Wiege liegt. Seine Frau Anne hindert ihn daran, den Notarzt anzurufen: Sollte ihr das Kind weggenommen werden, so würde sie sich selbst umbringen. Susanne Biers Inszenierung konzentriert sich insbesondere auf den Kontrast zwischen den beiden Milieus, dem bürgerlichen des Polizisten und dem randständigen des Drogendealers. Dadurch stellt âZweite Chanceâ aber auch den vermeintlich fürsorglichen Eltern solche gegenüber, die ihr Kind bis zum Unvorstellbaren vernachlässigen. Sollte nicht irgendeine Instanz einschreiten, um das Schlimmste zu verhindern? Kann ein unter solchen Umständen aufwachsendes Kind überhaupt die Möglichkeit haben, sich normal zu entwickeln? Susanne Bier gibt hier durch einen Einschub am Filmschluss eine allzu deutliche Antwort. Ãhnlich verhält es sich mit der vermeintlich heilen Welt des eher bürgerlichen Paares. Solche unerwartete Wendungen, die Susanne Bier etwa in âNach der Hochzeitâ weitaus subtiler einzusetzen wusste, wirken in âZweite Chanceâ eher drehbuchgesteuert. Dadurch wird die zentrale Frage des Filmes â ob jemand der vermeintlichen Ungerechtigkeit durch eigenmächtiges Einschreiten nachhelfen darf, ob eine an sich schlechte Handlung um eines ebenso vermeintlich hehren guten Zweckes willen erlaubt sein kann â zu sehr als Versuchsanordnung wahrgenommen. Dazu passt es auch, dass am Ende der nach seiner Scheidung aus dem Lot geratene und dem Alkohol verfallene Simon seinen Kollegen Andreas auf die Verwerflichkeit seines Handelns hinweisen muss. Dennoch ist es zu begrüÃen, dass sich die Regisseurin mit Schuldzuweisungen zurückhält. âZweite Chanceâ erreicht zwar nicht die dramatische Dichte der groÃen Werke von Susanne Bier und Anders Thomas Jensen. Wenn er jedoch ein überdurchschnittlich zum Nachdenken anregender Film geworden ist, dann einerseits wegen der darin zum Ausdruck kommenden Fragen, andererseits aber auch wegen der schauspielerischen Leistung insbesondere der männlichen Darsteller, die von Kameramann Michael Snyman effektvoll ins Licht gerückt werden. Nehmen sich die weiblichen Charaktere allzu gekünstelt aus, so verleihen sowohl Nikolaj Coster-Waldau als auch Nikolaj Lie Kaas ihren Figuren eine beeindruckende Leinwandpräsenz. Dennoch brilliert insbesondere der Leinwandveteran Ulrich Thomsen mit seiner zurückgenommenen Darstellung einer zerrissenen Persönlichkeit. Trotz der etwas gesuchten Dramaturgie stellen Susanne Bier und Anders Thomas Jensen in âZweite Chanceâ tiefgreifende Fragen im Zusammenhang mit Elternschaft, mit moralischen Grauzonen im vermeintlich richtigen Handeln sowie mit Schuld und Sühne. |
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