SILENTIUM – VOM LEBEN IM KLOSTER | Silentium – Vom Leben im Kloster
Filmische Qualität:   
Regie: Sobo Swobodnik
Darsteller: (Mitwirkende): Sr. Kornelia Kreidler, Sr. Hildegard Schneider, Sr. Walburga Wolf, Sr. Lidwina Schneider, Pater Pius Agreiter
Land, Jahr: Deutschland 2015
Laufzeit: 84 Minuten
Genre: Dokumentation
Publikum: ab 12 Jahren
Einschränkungen: --
im Kino: 5/2015
Auf DVD: 11/2015


José García
Foto: mindjazz

Vor etwa zehn Jahren gewann der deutsche Regisseur Philip Gröning mit seinem Dokumentarfilm über die Grande Chartreuse „Die große Stille“ (siehe Filmarchiv) eine Reihe Preise, darunter den Europäischen Filmpreis als „bester Dokumentarfilm des Jahres“. Der Film wurde auch ein Publikumserfolg, weil es Philip Gröning gelang, im Wechsel des Tages- und des Jahreszeitenrhythmus das Leben der Stille und des Gebetes der Mönche im Mutterhaus des Kartäuserordens, ja sogar eine Meditation über das Leben, über das Gebet und auch über den Tod einzufangen.

Nun hat sich der Roman- und Dokumentarfilmautor Sobo Swobodnik für ein paar Wochen mit seiner Kamera und einigen Mikrofonen ins Kloster Habsthal zurückgezogen, um das Leben in diesem 750 Jahre alten Benediktiner-Kloster in der Schwäbischen Alb auf Film zu bannen. „Silentium – Vom Leben im Kloster“ heißt der Dokumentarfilm, der nun im Kino zu sehen ist. Der Regisseur hat kein Team dabei. Er nimmt eine beobachtende Position ein, was bereits in der Eingangsszene deutlich wird: Zunächst sind nur Schritte zu hören. Dann verweilt die Kamera auf dem Kopf einer Engelfigur, eines „Putto“. Die von Swobodnik selbst geführte Kamera bleibt statisch auf dem Gang, die Bilder wirken verschwommen. Nach einem Schnitt fährt die Kamera von einer Ordensschwester zur anderen in der Kapelle: Schwester Kornelia Kreidler, Schwester Hildegard Schneider, Schwester Lidwina Schneider und Schwester Walburga Wolf. Der Gesang und das Chorgebet werden im Film immer wiederkehren. Auf einer Bank sitzt auch der Spiritual der Ordensgemeinschaft, Pater Pius Agreither.

Kloster Habsthal wurde südöstlich von Sigmaringen im 13. Jahrhundert von Dominikanern erbaut. Ab 1841 wurde es abwechselnd Lehrerbildungsstätte, Waisenhaus und Besserungsanstalt. Im Jahre 1891 kauften es die Benediktinerinnen aus Hermetschwil im schweizerischen Kanton Aargau, und retteten damit das Kloster vor dem geplanten Abriss. 1946 wohnten im Kloster 59 Schwestern, erzählt eine der hochbetagten Nonnen. Damals führte das Kloster eine bekannte und hochgeschätzte Paramenten-Stickerei. Im Laufe der Jahre und Jahrzehnte seien immer wieder Neue eingetreten, aber nicht alle hätten durchgehalten, ergänzt die Ordensschwester. Oder sie seien fortgeschickt worden, weil sie keine Berufung gehabt hätten. Aus diesen Worten spricht die wohl größte Sorge der Benediktinerinnen von Habsthal: der mangelnde Nachwuchs. Die Älteste verrät sogar ihr Alter, als sie an der Nähmaschine sitzt: „Ich arbeite mit dieser Nähmaschine, seit ich im Kloster bin: 66 Jahre. Im April werde ich 90. Ich hätte nie gedacht, dass ich so alt werde.“ Hinter diesem so beiläufig gesprochen Satz scheint aber auch eine jahrzehntelange Treue zur eigenen Berufung auf.

Zwar besteht heute die Paramenten-Werkstatt nicht mehr. Aber gemäß dem Ausspruch „Ora et labora“ des Heiligen Benedikt wird in Habsthal gebetet und gearbeitet. Es sind nicht nur die 30 Schafe, sondern etwa auch der Garten zu versorgen. Darüber hinaus folgt der Film den Schwestern bei unterschiedlichen Arbeiten wie Bügeln oder Nähen. Die jüngste Schwester, Sr. Kornelia Kreidler, betreut außerdem das Telefon. Am Computer koordiniert sie etwa Besuche. Später zeigt der Film eine Besuchergruppe von ebenfalls älteren Menschen, die den Weg an den Rand des Ostrachtals gefunden hat.

Filmemacher Sobo Swobodnik begleitet die Gemeinschaft jedoch auch bei der Erholung, etwa bei einem Gesellschaftsspiel. Nun erlebt der Zuschauer die teilweise streng wirkenden Schwestern von einer ganz anderen Seite. Sie freuen sich, wenn sie gewinnen. Und gleichzeitig wird es deutlich, dass es nicht so sehr ums Gewinnen geht als vielmehr darum, sich gemeinsam zu erholen. Lustig wirkt ebenso die Suche nach der passenden Musik bei der im Schweigen eingenommen Mahlzeit, was etwa am verschmitzten Lächeln von Pater Pius zu erkennen ist.

Im Gegensatz zu dem ausgesuchten visuellen Konzept, das Philip Gröning in „Die große Stille“ verfolgte, wirkt der Stil von „Silentium – Vom Leben im Kloster“ um einiges bescheidener, sogar karg, auch durch die so entsättigten Farben, dass der Film bisweilen Schwarz-Weiß mit harten Kontrasten erscheint. Die Einfachheit der Bilder korrespondiert mit dem einfachen Leben im Koster Habsthal. Der Regisseur legt besonderen Wert auf den Lebensrhythmus: „Vor allem war es diese klar strukturierte Lebensform, der radikale Lebensentwurf, der geprägt ist von Verzicht, dem Gebet, dem unerschütterlichen Glauben und reduziert auf das für die Nonnen Wesentliche, das mich faszinierte. Darüber hinaus war ich von der Offenheit, dem Humor, auch der Weltgewandtheit der Schwestern beeindruckt. Zu all dem kam auch noch eine unbeschreibliche Stille hinzu, die mich und meine zementierten Vorstellungen vom Klosterleben gänzlich aus der Ruhe zu bringen drohten.“

Gesprochen wird in „Silentium – Vom Leben im Kloster“ wenig. Die Interviews mit den Schwestern fallen kurz aus. Auch wenn der Zuschauer vielleicht gerne etwas mehr von ihnen erfahren hätte, verdeutlicht Sobo Swobodnik dadurch, dass es im Kloster nicht um persönliche Lebensentwürfe, sondern um etwas anderes geht. So sagt etwa eine der Ordensschwestern: „Es ist wichtig, dass das Gotteslob nicht verstummt. Ob wir Nachwuchs bekommen ... das liegt in Gottes Hand.“
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