8 NAMEN FÜR DIE LIEBE | Ocho apellidos vascos
Filmische Qualität:   
Regie: Emilio Martínez Lázaro
Darsteller: Lucie Debay, Rachael Blake, Don Gallagher, Laure Roldan, Clive Hayward, Lana Macanovic, Julie Maes, Catherine Salée, Larisa Faber
Land, Jahr: Spanien 2014
Laufzeit: 98 Minuten
Genre: Komödien/Liebeskomödien
Publikum: ab 12 Jahren
Einschränkungen: X, D +
im Kino: 6/2015
Auf DVD: 10/2015


José García
Foto: Alamode

Der große Erfolg der französischen Komödie „Willkommen bei den Sch tis“ („Bienvenue chez les Ch tis“, 2008), der die regionalen Unterschiede zwischen Nord- und Südfranzosen auf eine sehr leichte und vor allem lustige Art durch den Kakao zog – mit mehr als 20 Millionen Kinobesuchern in Frankreich nur von „Titanic“ übertroffen –, ließ das bewährte Modell auf andere Länder übertragen. So kam 2011 die „italienische Antwort“ auf den französischen Erfolgsfilm ins Kino: „Willkommen im Süden“ („Benvenuti al Sud“, Regie: Luca Miniero) beginnt sogar wie ein regelrechtes Remake des französischen Films, freilich mit umgekehrten Vorzeichen: Mit der Versetzung eines norditalienischen Postbeamten in die Nähe von Neapel. Regisseur Emilio Martínez Lázaro hat nun das Prinzip „Nord gegen Süd“ auf Spanien angewandt. „8 Namen für die Liebe“ („Ocho apellidos vascos“) wurde in seinem Heimatland ein Riesenerfolg: Mit mehr als zehn Millionen Kinobesuchern ist er in Spanien der meistgesehene Film aller Zeiten.

Die Komödie über den Zusammenprall der Kulturen ist wie sein französischer und sein italienischer Vorgänger ein Film voller bewusster Klischees: Die nordspanischen Basken werden als verschlossen, heimatverbunden und einer reichlichen Mahlzeit nicht abgeneigt, die südspanischen Andalusier als Kastagnetten spielendes, die Sonne genießendes, etwas arbeitsscheues Volk gezeichnet. Das erste Klischee wird auf jeden Fall sofort bedient: „8 Namen für die Liebe“ beginnt mit Kastagnetten-Geklapper. In der andalusischen Stadt Sevilla sollte Amaia (Clara Lago) mit einigen Freundinnen ihren Junggesellinnenabschied feiert. Weil aber ihr Verlobter Antxon sie kurz vorher sitzenließ, betrinkt sie sich missmutig und in einem albernen Flamencokleid in einem Flamenco-Lokal. Als Rafa (Dani Rovira) anfängt, Baskenwitze zu reißen, kann Amaia nicht mehr an sich halten. Es kommt zu Handgreiflichkeiten. Die beiden landen aber in Rafas Wohnung; Amaia schläft jedoch sofort ein. Als Rafa am nächsten Morgen aufwacht, ist die Baskin verschwunden. Glücklicherweise hat sie ihre Handtasche liegenlassen, so dass Rafa ihre Anschrift herausfinden kann.

So macht sich der andalusischer Macho in einem Reisebus auf den Weg in den unwirtlichen, 900 Kilometer entfernten Norden. Wie bei „Willkommen bei den Sch tis“ fängt es sofort an zu regnen, kaum dass der Bus ins Baskenland kommt. Im (fiktiven) Dorf Argoitia angekommen, kann sich Amaia nicht an ihn erinnern. Rafa wird schroff zurückgewiesen. Plötzlich taucht aber Amaias Vater Koldo (Karra Elejalde) im Dorf auf, mit dem sie eigentlich seit Jahren keinen Kontakt mehr hatte. Weil er glaubt, dass ihn seine Tochter zu ihrer Hochzeit eingeladen hat, muss Amaia sofort handeln: Sie bittet Rafa, sich für ihren Verlobten, den waschechten Basken Antxon auszugeben. Rafa/Antxon stellt Koldo als seine Mutter Merche (Carmen Machi) vor, die er erst im Bus kennengelernt hatte. Merche, die sich nun Anne nennt, ist ebenfalls keine Baskin, lebt aber seit Jahrzehnten im Baskenland. Gerne übernimmt sie diese Rolle, denn endlich kann sie einsetzen, was sie in der Theater-AG gelernt hat.

Nachdem Rafa sein Outfit komplett geändert hat, muss er eine erste Hürde nehmen: Er soll die Familiennamen nicht nur seiner Eltern, sondern auch seiner Großeltern aufsagen. Wie jeder Spanier (und wohl auch jeder in der gesamten spanischsprachigen Welt) hat er zwei, in seinem amtlichen Personalausweis stehende Familiennamen: den ersten des Vaters als seinen ersten, den ersten der Mutter als seinen zweiten Familiennamen. Da Vater und Mutter ebenfalls zwei amtliche Familiennamen haben, kommt jeder Spanier auf vier Familiennamen. Werden die jeweiligen vier Namen der Eltern (also jeweils die zwei amtlichen Familiennamen der Großeltern) dazugezählt, so kommt er auf die titelgebenden „8 Namen“. Wenn Koldo von seinem künftigen Schwiegersohn erwartet, dass dieser seine acht baskischen Familiennamen aufzählt, so bedeutet dies, dass er davon ausgeht, dass Antxon/Rafa Baske in (mindestens) dritter Generation ist. Daher auch der Originaltitel des Filmes, der wörtlich übersetzt heißt: „Acht baskische Familiennamen“. Schon an der umständlichen Erklärung des für einen Spanier nur allzu Offensichtlichen wird ersichtlich, wie schwer sich solche Eigenheiten sprachlich übertragen lassen.

Auf ihnen basiert allerdings über weite Strecken der Humor von „8 Namen für die Liebe“. Auch „Willkommen bei den Sch tis“ lebte größtenteils vom Sprachwitz, von den sprachlichen Eigenheiten der Bewohner von „Nord-Pas-de-Calais“, die einen für den „normalen“ Franzosen unverständlichen, sich barbarisch anhörenden Dialekt sprechen. Für die deutsche Synchronisation fand sich eine geniale Lösung: Der Schauspieler Christoph Maria Herbst, der dem Hauptdarsteller die deutsche Stimme verlieh, übertrugt den „Ch ti“-Dialekt in eine Art Kunstsprache. Das Ergebnis funktionierte hervorragend, sodass der Sprachwitz in der deutschen Fassung vorzüglich gewahrt blieb. Bei „8 Namen für die Liebe“ geht dies nicht so einfach, weil es nicht um einen besonderen Dialekt, sondern um eine Art Sprachwitz geht.

Obwohl ein Gutteil der Komik nicht übertragen werden kann und auch der Humor teilweise vulgär ausfällt, überzeugt „8 Namen für die Liebe“ letztlich durch die liebenswürdigen Charaktere sowie durch die leichte Art, mit der regionale Eigenheiten dargestellt und parodiert werden, die sonst allzu oft zu ideologisch aufgeladenen Streitigkeiten führen.
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