MATRIX REVOLUTIONS | The Matrix Revolutions
Filmische Qualität:   
Regie: Andy und Larry Wachowski
Darsteller: Keanu Reeves, Laurence Fishburne, Carrie-Anne Moss, Hugo Weaving, Jada Pinkett Smith, Mary Alice
Land, Jahr: USA 2003
Laufzeit: 129 Minuten
Genre: Science-Fiction/Fantasy
Publikum: ab 16 Jahren
Einschränkungen: S, G


JOSÉ GARCÍA
Foto: Warnerbros.

„Alles, was einen Anfang hat, hat auch ein Ende“, leuchtet es verheißungsvoll in der grünen, altmodischen Computerschrift, die zum Erkennungszeichen des „Matrix“-Universums geworden ist, auf dem Kinoplakat des dritten „Matrix“-Filmes. Mit „Matrix Revolutions“ schließen Andy und Larry Wachowski, die sich als Drehbuchautoren und Regisseure nun „The Wachowski Brothers“ nennen, ihren filmischen Diskurs um Wirklichkeit und deren Auflösung in der sekundären Welt der titelgebenden „Matrix” sowie um Auserwählung, Aufopferung und Erlösung, ab.

Mit „Matrix“ (1999) schufen die Wachowski-Brüder ein eigenes Universum, in dem wie in kaum einem anderen Spielfilm Action- und Thesenkino verknüpft wurde. Kein Produkt der Populärkultur ließ so viele Lesarten zu, dass sich etliche Bildungsschichten gleichermaßen angesprochen fühlten. Dies gelang den Wachowski-Brüdern dadurch, dass handfeste Action und intellektueller Unterbau nicht nur das auf den ersten Blick instabile Gleichgewicht hielten, sondern darüber hinaus eine echte innere Einheit eingingen.

„Matrix“ wurde – neben Quentin Tarantinos „Pulp Fiction“ (1994) – zum stilbildenden, die Kino-Sehgewohnheiten am meisten beeinflussenden Film der neunziger Jahre überhaupt. Und natürlich auch zu einem Kassenschlager. Kein Wunder also, dass die Wachowski-Brüder bald an einer Fortsetzung arbeiteten. Nach dem gleichen Muster wie zwei Jahrzehnte zuvor aus dem überwältigenden Erfolg von „Krieg der Sterne” (1977) die „Star Wars“-Trilogie erwuchs, bei der der zweite und der dritte Film eigentlich eine Einheit bildeten, haben die „Matrix“-Schöpfer den zweiten und dritten Teil ihrer Trilogie als einen einzigen Spielfilm angelegt, der allerdings in zwei Folgen geteilt wurde: „Matrix Reloaded“ (siehe Kritik) hörte mitten in der Handlung abrupt auf. „Es wird fortgesetzt“, hieß es am Ende, als Neo im Koma an Bord eines Rebellenschiffs lag.

Zu Beginn von „Matrix Revolutions“ erfährt der Zuschauer freilich, dass sich dort lediglich der Körper Neos befindet. Sein Geist ist in einer Zwischenwelt zwischen der Matrix und der realen Welt gefangen. Neos Rettung gibt Anlass zu den ersten Kampfszenen des Filmes und auch zu dem Schlüsselsatz von „Matrix Revolutions“: „Schluss mit dem Gerede“, sagt Trinity zu „Merowinger“, der Neos Befreiung von einer Gegenleistung abhängig machen wollte. Und in der Tat bereitet der dritte Teil all den Widersprüchen – Determinismus kontra freien Willen – ein Ende, in die sich „Matrix Reloaded” hineinmanövriert hatte.

Was folgt, ist handfeste Action, zunächst ein zwar von Spezialeffekten strotzender, aber letztendlich auf konventionelle Science-Fiction-Art inszenierter Kampf zwischen den Rebellen und den Maschinen. Zum Schluss indes, nachdem sich Trinity und Neo bis in die Maschinenstadt vorgewagt haben, zeigen „The Wachowski Brothers“ im finalen Kampf zwischen Neo und seinem Widersacher, dem Agenten Smith, dass sie in der Lage sind, die Kino-Sehgewohnheiten weiter zu beeinflussen. Die Umsetzung dieses comichaften Kampfes in reale, grünlich getönte Bilder, mit einer entfesselten Kamera einmal in extremer Zeitlupe, einmal in „Überschall-Zeitraffer“, stellt eine echte Weiterentwicklung des inzwischen legendär gewordenen Spezialeffekts „Bullet Time” mit in Zeitlupe dahingleitenden Kugeln und einer eigenwilligen Kombination von hyperschnellem Schnitt und Zeitdehnung dar, den die Wachowski-Brüder in „Matrix“ etabliert hatten.

Diese technisch hervorragenden Sequenzen drängen die „Unterbau“-Fragen in den Hintergrund, die im Trilogie-Mittelstück breitgetreten wurden. Ob nun Neo ein „Systemfehler”, eine vom Matrix-Architekten programmierte „Anomalie” unter vielen oder aber der „Auserwählte“ ist, spielt letztendlich keine Rolle. Im Schlussakt der „Matrix“-Trilogie erweist sich Neo doch noch als Erlöser in jüdisch-christlicher Tradition, der die Menschen aus der Knechtschaft befreit. Weil sich im drittel Teil die ganzen Fragestellungen des zweiten Teils nicht nur als falsche Fährten, sondern auch als völlig unerhebliche Umwege erwiesen haben, fragt es sich, ob aus „Matrix Reloaded“ und „Matrix Revolutions“ nicht besser ein einziger abendfüllender Film hätte hergestellt werden sollen, bei dem all diese Umwege im Schneideraum verschwunden wären.

Ob der Abschluss der „Matrix“-Filmtrilogie jedoch auch das Ende des „Matrix“-Universums darstellt, steht in den Sternen. Denn mit oder ohne Absicht haben die Filmemacher den ursprünglichen Konflikt, um den es in „Matrix“ eigentlich ging, gar nicht gelöst. Ob Neo nicht doch wieder auf die Leinwand zurückkehren wird, bleibt also auch nach „Matrix Revolutions“ ungewiss. Ein Hintertürchen haben sich „The Wachowski Brothers“ jedenfalls offen gehalten.
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