FÜR IMMER ADALINE | The Age of Adaline
Filmische Qualität:   
Regie: Lee Toland Krieger
Darsteller: Blake Lively, Michiel Huisman, Harrison Ford, Ellen Burstyn, Kathy Baker, Amanda Crew
Land, Jahr: USA 2015
Laufzeit: 113 Minuten
Genre: Komödien/Liebeskomödien
Publikum: ab 12 Jahren
Einschränkungen: --
im Kino: 7/2015
Auf DVD: 11/2015


José García
Foto: universum

In einem vor Jahren im Fernsehen ausgestrahlten Werbespot für Kosmetikprodukte begrüßt ein italienischer Kellner eine Stammkundin, die diesmal aber in Begleitung erscheint, mit den Worten: „Heute mit großer Schwester?“ Als die Angesprochene beim Bezahlen die sie begleitende Frau mit „Mama“ anspricht, ruft der Italiener verwundert aus: „Mama? Mamma mia!“ Dass eine Frau für die Schwester ihrer Tochter zumal von einem Schmeichler gehalten wird, kommt gar nicht so selten vor. Dass eine solche, aufrichtig gemeinte Bemerkung von einer gleichaltrigen Frau stammt, dürfte jedoch nicht so alltäglich sein.

Genau diese Äußerung entschlüpft im Spielfilm „Für immer Adaline“ („The Age of Adaline“) einer alten Freundin von Adaline Bowman (Blake Lively), als sie zufällig der inzwischen 45-jährigen Adaline und ihrer zwanzigjährigen Tochter Flemming (Cate Richardson) begegnet: „Ihr seht aus wie Schwestern, du hast dich kein bisschen verändert.“ Warum das so ist, erklärt im Film von Lee Toland Krieger (Regie) sowie J. Mills Goodloe und Salvador Paskowitz (Drehbuch) eine Off-Stimme: „Adaline Bowman lebte ein normales Leben bis zu einer kalten Winternacht im Jahr 1935, als etwas Unglaubliches geschah. Von diesem Augenblick an wurde sie nie mehr älter, keinen einzigen Tag.“ Adaline wurde „gegen den Zahn der Zeit immun“. So blieb die 1906 geborene Adaline für immer 29 Jahre alt.

Nicht altern, das wünschen sich wahrscheinlich viele Menschen, die alles mögliche tun, um nur jünger auszusehen als sie sind. Was für Konsequenzen das hätte, zeigt das bewegte Leben der Adaline Bowman. Es beginnt mit einer harmlosen Verkehrskontrolle ein paar Jahre nach der Begegnung mit der Freundin, die sich über Adalines Aussehen wunderte: Der Verkehrspolizist zeigt sich erst recht verwundert über das Alter, das auf Adalines Führerschein steht. Denn wie eine 50-Jährige sieht sie ganz sicher nicht aus. Adaline bleibt nicht anderes übrig, als alle zehn Jahre irgendwohin zu ziehen, wo sie niemand kennt, sich neue, falsche Ausweispapiere und eine neue Identität zuzulegen. Ihr Geheimnis kennt nur ihre Tochter Flemming, die drei Jahre alt war, als Adaline 1935 den eigenartigen Unfall erlebte, der ihr Leben veränderte – weil sie sich selbst seitdem nicht mehr veränderte. Zu diesem Zeitpunkt war Adaline bereits Witwe, denn ihr Mann war als Ingenieur beim Bau der Golden Gate Bridge in San Francisco tödlich verunglückt.

Nach der liebevoll ausgestatteten Vorgeschichte mit ihrem Gang durch die Jahrzehnte springt der Film in die Silvesternacht 2014/2015. Jenny – so nennt sich Adaline zurzeit – ist nach Jahrzehnten nach San Francisco zurückgekehrt, um ihrer inzwischen gealterten Tochter Flemming (nun von Ellen Burstyn dargestellt) näher zu sein. Jenny/Adaline lässt sich von einer (blinden) Freundin überreden, zu einer Silvesterfeier zu gehen. Dort lernt sie den jungen, gutaussehenden Ellis (Michiel Huisman) kennen. Obwohl er sie festhalten will, verschwindet Jenny aus der Feier. So wie der Zufall es will, begegnen sie sich ein paar Tage später wieder. Sie treffen sich ein paar Mal, bis Ellis Jenny zum 40. Hochzeitstag seiner Eltern einlädt. Als sie in der Tür steht, trifft Ellis Vater William Jones (Harrison Ford) der Schlag. Denn Adaline und er kannten sich aus seiner Jugendzeit.

Obwohl „Für immer Adaline“ zunächst die Folgen des Nicht-Alterns eher an Äußerlichkeiten verdeutlicht, gewinnt der Film mit dem Auftreten von Ellen Burstyn und Harrison Ford an Tiefgang. In „Highlander – Es kann nur einen geben“ (1986), der von „Unsterblichen“ erzählt, die wie Adaline nicht altern, gibt es eine herzzerreißende Szene: Als nach vielen Jahren Ehe die Frau des von Christopher Lambert dargestellten Highlanders Connor MacLeod an Altersschwäche stirbt, und er selbst kein bisschen gealtert ist, schwört sich MacLeod, sich nie wieder zu verlieben. Auch Adaline ist in den letzten siebzig Jahren alleine geblieben: „Was für einen Sinn hat es, jemand zu lieben, wenn man nicht gemeinsam alt werden kann?“, wird sie auch einmal rhetorisch fragen.

Lee Toland Krieger gestaltet „Für immer Adaline“ nicht als Fantasy-Geschichte nach „Highlander“-Art, sondern als romantische Liebesgeschichte. Denn in der Liebe zu Ellis entdeckt Adaline, dass sie nicht für immer weglaufen kann. Dabei behandelt „Für immer Adaline“ die verschiedenen Stationen im Leben der Frau, die immer 29 Jahre alt bleibt, keineswegs als bloße Vorgeschichte. Dafür spricht insbesondere auch die Sorgfalt, mit der Produktionsdesigner Claude Paré und Kameramann David Lauzenberg sie ausstatten und ausleuchten. „Jede der Rückblenden hat ihren eigenen zeitgemäßen Stil“, erklärt dazu Regisseur Krieger. Die Zeitlosigkeit der Liebesgeschichte wird mit dem klassischen Stil unterstrichen, der den verschiedenen Epochen eine gewisse Einheitlichkeit verleiht: „Unser Ziel“, so Lee Toland Krieger weiter, „war ein eleganter Film aus einem Guss, in den sich auch die Rückblenden nahtlos einfügen.“

Trotz des unübersehbaren Hangs der Filmemacher, für die aussichtslose Liebe zwischen der nicht alternden Adaline und dem „normalen“ Ellis doch noch eine unter den Voraussetzungen des Film schlüssige Lösung zu finden, stellt sich „Für immer Adaline“ als eine filmische Meditation über das Altern und den Tod als Teil des Lebens sowie über die Bedeutung der wichtigen Dinge in einem vergänglichen Leben heraus. Ein Plädoyer fürs Altern in einer aufs ewige Jungsein fixierten Gesellschaft.
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