DESASTER | Desaster
Filmische Qualität:   
Regie: Justus von Dohnányi
Darsteller: Justus von Dohnányi, Jan Josef Liefers, Stefan Kurt, Anna Loos, Milan Peschel, Angela Winkler, Maximilian Simonischek, Oscar Ortega Sánchez
Land, Jahr: Deutschland 2015
Laufzeit: 90 Minuten
Genre: Komödien/Liebeskomödien
Publikum: ab 16 Jahren
Einschränkungen: D
im Kino: 7/2015
Auf DVD: 12/2015


José García
Foto: Studiocanal

Im Jahre 2007 gab der bekannte deutsche Schauspieler Justus von Dohnányi sein Spielfilm-Regiedebüt mit „Bis zum Ellenbogen“. Die Road-Movie-Komödie wurde ohne finanzielle Unterstützung der Filmförderung und des Fernsehens gedreht. Eigentlich war „Bis zum Ellenbogen“ ein Filmspaß, den sich die drei Freunde Justus von Dohnányi, Jan Josef Liefers und Stefan Kurt erlaubten. Mit viel Situationskomik, schwarzem Humor und originellen Dialogen schaffte es der Regisseur, bestens zu unterhalten.

Mit „Desaster“ legt von Dohnányi seinen zweiten Spielfilm vor. Mit von der Partie sind selbstverständlich ebenfalls Jan Josef Liefers und Stefan Kurt. Diesmal verfügt der Film allerdings über ein größeres Budget, obwohl es sich noch immer im Vergleich zu anderen Produktionen eher bescheiden ausnimmt – das Budget sei „etwa halb so viel wie für einen Tatort“, erklärt von Dohnányi dazu. Die im Vergleich zu „Bis zum Ellenbogen“ dennoch größere Produktion kann nicht nur an den verschiedenen Drehorten, sondern auch am Cast abgelesen werden. Stellte sich „Bis zum Ellenbogen“ als Drei-Mann-Show heraus, so wirken in „Desaster“ eine Reihe prominente deutsche Schauspieler, etwa Anna Loos, Milan Peschel und Angela Winkler sowie Maximilian Simonischek und Oscar Ortega Sánchez. Aus den drei Figuren in „Bis zum Elenbogen“ sind es in „Desaster“ acht Charaktere geworden.

Als Genre hat sich Justus von Dohnányi, der erneut ebenfalls das Drehbuch verfasste, die Gauner-Komödie ausgesucht, die ja in Hollywood, etwa mit George Roy Hills „Der Clou“ (1974) oder zuletzt „Catch Me If You Can“ (Steven Spielberg, 2002) als Paradebeispielen ziemlich verbreitet ist. Denn die acht Charaktere sind darauf aus, die anderen sieben hereinzulegen und so das ganz große Geld an sich zu reißen. Im azurblauen Wasser an der französischen Riviera treffen sich zwei Gangster: Der Hobby-Philosoph und Profikiller Mace (Jan Josef Liefers) und der einfältige Prolet Ed (Justus von Dohnányi) sollen dem korrupten Züricher Staatsanwalt Dr. Jürg Würsch (Stefan Kurt) den Rücken decken. Dieser trifft kurz darauf im Privatflugzeug ein. Würsch hat sich bereit erklärt, den Gangsterboss Mischa (Milan Peschel) vor dem Gefängnis zu bewahren. Als Dank soll der Staatsanwalt eine schöne Summe erhalten. Deswegen hat der Gangster ihn zu seinem Anwesen nach Saint-Tropez eingeladen, wo Mischas Frau Lydia (Anna Loos) mit Mischas Mutter (Angela Winkler) wohnt. Lydia vergnügt sich zwar mit dem intriganten Bodyguard Johann (Maximilian Simonischek), soll aber dem Staatsanwalt den Kopf verdrehen, um von ihm Namen und Aufenthaltsort von Kronzeugen zu erfahren.

Der gerissene Dr. Würsch will sich aber nicht mit dem Geld zufriedengeben, das ihm Mischa angeboten hat. Er sucht nach einer Möglichkeit, an den Safe heranzukommen. Dafür hat er ja die zwei Kleingangster engagiert. Aber durch eigenmächtiges Eingreifen bringt Tölpel Ed die Pläne des Staatsanwaltes durcheinander. Nachdem Ed Mischas Mutter buchstäblich über die Klippe springen lässt, nimmt das Chaos seinen Lauf. Denn nun macht sich der alarmierte Mischa selbst in einem Sportwagen auf dem Weg von Hamburg nach Saint-Tropez.

Die schwarze Gauner-Komödie erinnert nicht nur in den Dialogen an die Filme von Quentin Tarantino und den Coen-Brüdern. Die zwei Profi-Killer Ed und Mace lassen sowohl an den philosophierenden Jules und den Brutalo Vincent in Tarantinos „Pulp Fiction“ (1994) als auch an das von Steve Buscemi und Peter Stormare gespielte absurde Killer-Paar in „Fargo“ (Joel und Ethan Coen, 1996) denken. Wie in „Pulp Fiction“, der im sonnendurchfluteten Kalifornien angesiedelt ist, spielt in „Desaster“ das Licht an der südfranzösischen Côte d?Azur eine bedeutende Rolle als Kontrast zur rabenschwarzen Geschichte. Dazu führt Drehbuchautor und Regisseur Justus von Dohnányi aus: „Das Licht sieht ganz anders aus als das in Deutschland. Es erinnert an alte Filme oder schöne Tage, die man am Meer verbracht hat. Das wollten wir keinesfalls verschenken. Wir waren vom Equipment her sehr beschränkt, hatten zwar einen zusammensteckbaren Kran, aber keinen Dolly. Wir konnten also keine (Kamera-)Fahrten machen. Wir mussten Desaster über Einstellungsgrößen und Schnitten erzählen, um Geschwindigkeit und Dynamik zu erzeugen. So ist dieser spezielle Look des Films entstanden. Desaster ist eine kleine Geschichte, eigentlich ein Kammerspiel. Es gibt diesen ständigen Innen-Außen-Wechsel mit dem Haus und den Akteuren im Zentrum.“

Trotz der schönen Kameraführung von Ralf Noack konzentriert sich „Desaster“ ganz auf die Figurenkonstellation von dem bereits erwähnten ungleichen Killerpaar über den skrupellosen und gerne auch folternden Gangsterboss, seine psychopathische Mutter und seine durchtriebene Frau bis zum geldgierigen Staatsanwalt. Nicht zu vergessen der unloyale Bodyguard Johann, der ebenfalls ein doppeltes Spiel spielt, sowie der von Oscar Ortega Sánchez verkörperte korrupte Côte d Azur-Polizist. Ob sie auf den ersten Blick sympathisch und anziehend oder aber abstoßend wirken, niederträchtig sind sie alle samt und sonders. Zwar unterscheiden sie sich durch die angewandten Mittel. Ihren allen ist aber gemeinsam, davon überzeugt zu sein, die richtigen Tricks zu besitzen, um den anderen überlegen zu sein.
„Im echten Leben“ würde der Zuschauer über solche Charaktere empört reagieren. Diese Figuren verkörpern jedoch so menschliche Grundzüge, dass sie archetypisch für das Menschliche, Allzumenschliche stehen. Und eins wird außerdem in „Desaster“ klar: Verbrechen lohnt nicht.
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