BECKS LETZTER SOMMER | Becks letzter Sommer
Filmische Qualität:   
Regie: Friedrich Wittich
Darsteller: Christian Ulmen, Nahuel Pérez Biscayart, Eugene Boateng, Friederike Becht, Fabian Hinrichs, Anna Lena Klenke, Ernst Stötzner
Land, Jahr: Deutschland 2014
Laufzeit: 98 Minuten
Genre: Komödien/Liebeskomödien
Publikum: ab 12 Jahren
Einschränkungen: --
im Kino: 7/2015
Auf DVD: 1/2016


José García
Foto: Wild Bunch

Robert Beck (Christian Ulmen) kann förmlich der Frust angesehen werden, der ihm sein Dasein als Musik-Lehrer an einem Berliner Gymnasium bereitet. Denn viel lieber wäre er Profi-Musiker geworden. Dass dies möglich geworden wäre, zeigt eine DVD-Aufnahme aus „alten Zeiten“, die etwas später zu sehen sein wird. Aber aus dieser Karriere wurde nichts. Offenbar verbaute ihm ein gewisser Holger Gersch (Fabian Hinrichs) den Weg nach oben, der bei einer Plattenfirma eine hohe Position bekleidet. Beck kehrte als Lehrer an die Schule zurück, an der er selbst sein ganzes Schulleben verbracht hatte. Nun schlägt er sich mit desinteressierten Schülern herum, wobei sein Interesse am Unterricht ebenfalls gegen Null tendiert. Seine Unterrichtsvorbereitung besteht einfach darin, die Jahreszahl an den Arbeitsfolien aus den Vorjahren auszutauschen. Ständiges Zuspätkommen und Fehlen mit hanebüchenen Entschuldigungen gehören ebenfalls zu seinem Lehreralltag.

Als Beck eines Tages einen seiner Schüler, den Litauer Rauli (Nahuel Pérez Biscayart), zufällig auf einer E-Gitarre spielen hört, glaubt er in dem hageren Jungen das Talent gefunden zu haben, das er einmal besaß. Robert ist von der Idee begeistert, Rauli groß herauszubringen und für ihn Songs zu schreiben. Ganz uneigennützig ist dies allerdings nicht. Denn damit könnte sich Beck auf Umwegen doch noch den Traum von einer Musikkarriere erfüllen. Dafür nimmt er sogar in Kauf, mit Holger Gersch wieder Kontakt aufzunehmen. Becks Leben bekommt auch von einer anderen Seite neuen Schwung: Er verliebt sich in die junge Kellnerin Lara (Friedericke Becht), die überraschenderweise seine Gefühle erwidert.

Robert Beck kann zwar Holger Gersch von Raulis Qualitäten überzeugen. Der Manager möchte den jungen Musiker unter Vertrag nehmen. Damit gerät der Lehrer allerdings in ein Dilemma. Denn Gersch stellt eine einzige Bedingung, um einen Plattenvertrag mit dem Schüler zu unterzeichnen: Die Texte soll das Plattenlabel selbst verfassen – womit Robert Beck aus dem Spiel wäre. Deshalb versucht der Lehrer, bei verschiedenen kleineren Musikfirmen Interesse an Rauli zu wecken – ohne dem jungen Mann von Gerschs Entscheidung zu erzählen. Im zweiten Erzählstrang stellen sich ebenfalls Probleme ein: Lara bewirbt sich bei einer Schneiderschule in Rom, und wird dort auch angenommen. Nun bittet Robert sie, nicht nach Italien zu gehen, was dazu führt, dass Lara die Wohnung wütend verlässt. In dem Augenblick taucht Becks einziger Freund Charlie (Eugene Boateng) plötzlich in seiner Wohnung auf: Seine Mutter sei in Istanbul sehr krank. Deshalb bittet ihn Charlie, mit ihm dorthin zu fahren. Dann steigt auch noch Rauli in den Wagen. Zu dritt machen sie sich auf den Weg durch Osteuropa.

„Becks letzter Sommer“ basiert auf dem gleichnamigen Roman von Benedikt Wells (2008). Regie führt Frieder Wittich, der das Drehbuch zusammen mit Oliver Ziegenbalg verfasste. „Becks letzter Sommer“ beginnt vielversprechend: Nach der entsprechenden Einführung stehen die dramaturgischen Konflikte fest: Robert Beck muss sich entscheiden, entweder die Karriere des neuen Talents zu fördern oder seine zweite Chance in den Vordergrund zu stellen. Wenn er auf seinem neuerwachten Traum besteht, selbst eine Platte herauszugeben, verbaut er Rauli seine wahrscheinliche Karriere. Dies spiegelt sich in seiner Beziehung zu Lara wider. Wenn er ihren Traum unterstützt, könnte es zu einer Trennung kommen. In der zweiten Filmhälfte, als Wittichs Film zu einer Art „Road-Movie“ durch verschiedene Länder wird, zerfasert jedoch die Handlung: Auf einmal werden die drei Reisende irgendwie in Drogengeschäfte und Prügeleien verwickelt. Dadurch gerät der Hauptkonflikt des Filmes in den Hintergrund. Die verschiedenen Wendungen wirken dabei eher dem Drehbuch geschuldet als aus einer stimmigen Handlung heraus entwickelt. Auch die Inszenierung wirkt hektischer, die Witze verflachen.

Christian Ulmen, der bislang eher für komödiantische Rollen bekannt war, stellt den tragikomischen Lehrer glaubwürdig dar. Sein gelangweiltes Lehrerleben, die neu entflammte Leidenschaft für die Musik, als er das Talent des 17-jährigen Schülers entdeckt, aber auch die Zuneigung zu ihm und das Interesse für seine Familienverhältnisse kann Ulmen überzeugend darstellen. Als wohltuend erweist sich dabei seine im Vergleich zu früheren Rollen eher unaufgeregte, fast zurückgenommene Darstellung. Nahuel Pérez Biscayart gestaltet Rauli als schüchternen, unsicheren jungen Mann, der sich seiner Begabung nicht ganz bewusst wird. Auch seine „Unsichtbarkeit“ für die Mitschüler und ganz besonders für die hübsche Anna, macht ihm zu schaffen.

Auch wenn die eigentliche Handlung nichts aufregend Neues erzählt, vermag der Hauptkonflikt zu interessieren. Denn dabei geht es letztendlich um die Uneigennützigkeit von Becks Handeln. Schade, dass diese tiefgreifende Frage durch die teilweise klamaukige, eher verworrene Handlung in der zweiten Filmhälfte überdeckt wird. Ähnliches gilt für den Ton des Films: Auch wenn „Becks letzter Sommer“ eindeutig als Komödie angelegt ist, verschweigt der Film zunächst nicht die Spannungen in manchen Situationen. Auch dies ändert sich jedoch später. Der bedingungslose Wille zu einem „Happy End“ untergräbt die Authentizität der Figuren und den Realismus, der in der ersten Hälfte etabliert wurde.
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