HERR DER RINGE - DIE RÜCKKEHR DES KÖNIGS, DER | The Lord of the Rings: The Return of the King
Filmische Qualität:   
Regie: Peter Jackson
Darsteller: Elijah Wood, Sir Ian McKellen, Liv Tyler, Viggo Mortensen, Sean Astin,
Land, Jahr: USA/Neuseeland 2003
Laufzeit: 200 Minuten
Genre: Literatur-Verfilmungen
Publikum: ab 12 Jahren
Einschränkungen: G


JOSÉ GARCÍA
Foto: Warner Bros.

Mit dem weltweiten Kinostart von „Der Herr der Ringe – Die Rückkehr des Königs” am 17. Dezember wird eines der ehrgeizigsten Projekte der Filmgeschichte abgeschlossen: die Umsetzung des letzten mythologischen Epos der Literaturgeschichte in Filmsprache – gleichsam zu dessen „goldenen Jubiläum”, wurde „Der Herr der Ringe” doch von John Ronald Reuel Tolkien (1982–1973) im Jahre 1954 veröffentlicht. Das in diesem halben Jahrhundert weltweit mehr als 50 Millionen Mal verkaufte Werk wurde wiederholt zum „Buch des zwanzigsten Jahrhunderts” gewählt.

An den Anfang des ersten Filmes „Der Herr der Ringe – Die Gefährten” (2001) stellte Regisseur Peter Jackson das Gedicht, das die Vorgeschichte des Einen Ringes enthält. Der vom abgrundtief bösen Herrn von Mordor Sauron geschmiedete Ring, mit dem er uneingeschränkte Macht über die Welt erlangen kann, soll zerstört werden. Dazu muss der Eine Ring in die Tiefen des Orodruin, des Feurigen Berges, in die Schicksalsklüfte geworfen werden, wo ihn Sauron einst goss. Auserwählt zu dieser hoffnungslosen Aufgabe wurde der Hobbit Frodo, der in Begleitung von acht treuen Gefährten, der „Gemeinschaft des Ringes”, nach Mordor aufbrach.

Nachdem am Ende des ersten Filmes die Gemeinschaft auseinanderbrach, verfolgte der zweite Teil „Der Herr der Ringe – Die zwei Türme” (2002) drei Handlungsstränge parallel: Während sich Aragorn, Gimli und Legolas zusammen mit den Menschen des Königreiches Rohan in „Helms Klamm” eine ungeheure Schlacht gegen das Heer des bösen Zauberers Saruman lieferten und sich die Hobbits Pippin und Merry von den Orks befreiten und „Ents” genannten Baumhirten begegneten, trat der Ringträger Frodo mit seinem treuen Diener Sam den schweren Weg nach Mordor – und machte die Bekanntschaft des früheren Ringbesitzers, Sméagol/Gollum.

Der Prolog des dritten Filmes „Der Herr der Ringe – Die Rückkehr des Königs” bietet erneut einen Einblick in die Vorgeschichte des Ringes, allerdings aus einer anderen Perspektive als im ersten Film: diesmal steht im Mittelpunkt die Auffindung des Einen Ringes durch den Hobbit Sméagol und der erste tödliche Streit um dessen Besitz. Dieser Rückblick ermöglicht nicht nur ein größeres Verständnis der inneren Zerrissenheit der Kreatur Gollum, in die sich der einst unbeschwerte Hobbit im Laufe von Jahrhunderten verwandelte, sondern verdeutlicht die Macht, die der Eine Ring über den Ringträger erlangt.

Deshalb kommt die größte Gefahr für Frodo nicht von außen, sondern aus den Einflüsterungen des Ringes. Der Ring wird zu einer solchen Bürde, dass sich Frodo auf dem letzten Abschnitt seiner Wanderung gemeinsam mit Gollum nur noch mit Hilfe seines treuen Dieners Sam Schritt für Schritt schleppen kann. Im zweiten Handlungsstrang bricht Gandalf mit Pippin zur Festung namens Minas Tirith auf, wo Truchsess Denethor das Reich Gondor an Königs statt regiert. In einem weiteren Erzählfaden begibt sich Aragorn mit dem neu geschmiedeten Schwert des rechtmäßigen Thronerbes auf die Pfade der Toten, um ehrlose Untoten zur großen Schlacht zu rufen, und sie dadurch zu erlösen. Eine Mischung aus Realaufnahmen, Dreharbeiten an Miniatur-Modellen und im Computer erstellten Bildern liefert Massenszenen, die etwa die Schlacht um Helms Klamm aus dem zweiten Film „Der Herr der Ringe – Die zwei Türme” in den Schatten stellen. Im dritten Film wird alles gigantischer, spektakulärer, so etwa auch die Kamerafahrten aus der Mitte des Geschehens in schwindelerregende Höhen.

Dass Peter Jackson nicht jede Zeile von „Der Herr der Ringe” würde in Bilder fassen können, war von Anfang an klar. Im dritten Film wird allerdings deutlicher als in den früheren zwei Verfilmungen, dass unter den geschnittenen Szenen die Dramaturgie leidet: da die ganze Passage in den „Häusern der Heilung” und damit die schöne Liebesgeschichte zwischen Eowyn und Faramir weggefallen ist, wird unverständlich, warum bei der Krönung Aragorns eine glückliche Eowyn neben Faramir steht. Insofern macht „Die Rückkehr des König” Appetit auf die so genannte „extended Version”: die fast dreieinhalbstündige Kino-Fassung soll später als DVD in einer fünfstündigen Version herauskommen. Schwerer als diese Auslassungen wiegt freilich, dass Peter Jackson Aragorns Krönung näher an einer mainstreamigen Kinotradition – patriotische Rede und „Hollywood-Kuss” inklusive –als am Geist des Tolkienschen Epos inszeniert.

Dennoch: Jacksons Mischung aus gewaltigen Schlachten und echt menschlichen Fragen bringt den Kern des Epos stimmig zum Ausdruck: die wahren Schlachten werden im Inneren eines jeden ausgefochten. Selbst der so unzeitgemäße Gedanke Tolkiens, der die Sterblichkeit als „die Gabe” Gottes an die Menschen bezeichnet, zieht sich durch den dritten Film deutlicher als durch seine Vorgänger wie ein roter Faden: inmitten des wildesten Schlachtgetümmels finden Gandalf und Merry Muße, sich über den Tod und das Leben danach Gedanken zu machen. Diese Öffnung zur Transzendenz ist in „Der Herr der Ringe – Die Rückkehr des Königs” immer wieder präsent, nicht nur in der Entscheidung Arwens, aus Liebe zu Aragorn auf ihre Unsterblichkeit zu verzichten, sondern auch in den Worten Théodens zu seiner Nichte Eowyn in seiner Sterbestunde oder auch im Abschied der Elben, Bilbos und Frodos an den Grauen Anfurten.

Nicht nur wahrhaft christliche Tugenden: Starkmut gepaart mit Demut, Freundschaft, Hingabe, Treue zur eigenen Berufung, die in „Der Herr der Ringe” und auch in Peter Jacksons Verfilmung allgegenwärtig sind, unterscheidet Tolkiens Epos von all den Parallelwelten, die in den letzten Jahren in der Massenkultur an Popularität gewonnen haben, ob sie nun „Star Wars”, „Harry Potter” oder „Matrix” heißen. Darüber hinaus hebt sich „Der Herr der Ringe” von solchen Entwürfen einer Phantasiewelt dadurch ab, dass der Autor Mittelerde nicht als imaginäre Welt ansah. Der Philologe Tolkien leitete den Namen aus der im 13. Jahrhundert aufgekommenen Bezeichnung „midden-erd” oder „middel-erd” ab, und stellte fest: „Schauplatz meiner Erzählung ist diese Erde, dieselbe, auf der wir nun leben, aber die historische Periode ist imaginär. Von mir ist nicht eine ‚imaginäre’ Welt, sondern ein imaginärer historischer Moment in Mittelerde – unserer Wohnstätte.”

Anders als heutige Entwürfe einer Phantasiewelt ist „Der Herr der Ringe” Teil eines viel breiter angelegten Ansatzes: eine umfassende Mythologie von der Schöpfungsgeschichte („Die Musik der Ainur”) bis zum Beginn unserer Historie nach der Zerstörung des Einen Ringes am Ende des so genannten „Dritten Zeitalters” zu entwerfen. Das Projekt blieb jedoch unvollendet. Lediglich einige Fragmente wie „Die Musik der Ainur” wurden nach Tolkiens Tod in der Sammlung „Das Silmarillion” veröffentlicht. Zum Abschluss konnte er eigentlich nur „Der Hobbit” sowie „Der Herr der Ringe” bringen. Beide Werke sollten indes als Teil dieser umfassenden Mythologie angesehen werden, einer Mythologie, die aus der Feder eines tief gläubigen Menschen stammt: „Saurons Begehren war, ein Gottkönig zu sein; wäre er siegreich geblieben, hätte er von allen vernünftigen Geschöpfen göttliche Ehren und die absolute zeitliche Macht über die ganze Welt verlangt.” „Der Herr der Ringe” handele im Grunde vom alleinigen Recht Gottes auf göttliche Ehre, erklärte J.R.R. Tolkien in einem seiner spärlichen Kommentare zum eigenen Werk. Wegen dieser Vielschichtigkeit bestand eine enorme Schwierigkeit, Tolkiens epischer Dichtung in bewegte Bilder zu übersetzen. Nicht in jeder Einstellung, nicht in jeder Sequenz seiner drei Filme ist Peter Jackson die Umsetzung geglückt. Insgesamt gesehen hat jedoch der neuseeländische Regisseur und Tolkien-Verehrer mythologische Dichtung in genuine Filmsprache übertragen. Seine Filmversion von „Der Herr der Ringe” wird einen festen Platz in der Filmgeschichte einnehmen.
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