SEBASTIAN UND DIE FEUERRETTER | Belle et Sébastian, l’aventure continue
Filmische Qualität:   
Regie: Christian Duguay
Darsteller: Félix Bossuet, Tchéky Karyo, Thierry Neuvic, Margaux Chatelier, Thylane Blondeau, Urbain Cancelier
Land, Jahr: Frankreich 2015
Laufzeit: 97 Minuten
Genre: Familienfilme
Publikum: ab 6 Jahren
Einschränkungen: --
im Kino: 1/2016


José García
Foto: Neue Visionen

Vor gut zwei Jahren startete im Kino „Belle & Sebastian“ (siehe Filmarchiv), die erste Adaption für die große Leinwand der gleichnamigen französischen Fernsehserie aus den sechziger Jahren, die wiederum auf dem Kinderbuch von Cécile Aubry basierte. Der Film des vorwiegend als Dokumentarfilmer bekannten Regisseurs Nicolas Vanier besticht zwar durch die beeindruckenden Bilder einer ursprünglichen Berglandschaft. Durch die Verlegung der Handlung in die 1940er Jahre und damit in die Zeit der Besatzung durch Nazi-Deutschland gelingt „Belle & Sebastian“ die Verknüpfung der wunderbaren Freundschaft zwischen dem Jungen Sebastian und der Hündin Belle mit dem historischen Hintergrund. Belle und Sebastian helfen sogar bei einer illegalen Flucht über die Grenze.

Mit „Sebastian und die Feuerretter“ startet nun eine Fortsetzung im Kino – was im französischen Originaltitel „Belle et Sébastian, l’aventure continue“ deutlicher zum Ausdruck kommt, als im deutschen Verleihtitel. Der Krieg, der im ersten Sebastian-und-Belle-Film eine herausragende Rolle spielte, ist nun vorbei. Im September 1945 soll Angelina (Margaux Chatelier), die Tochter des alten César (Tchéky Karyo), bei dem der inzwischen zehnjährige Sebastian (Félix Bossuet) immer noch wohnt, nach Hause zurückkehren, nachdem sie in der Résistance gekämpft hat. Der Motor der alten Militärmaschine, die Angelina nach Hause bringen soll, fängt jedoch kurz vor dem Ziel Feuer. Das Flugzeug verschwindet in einer Rauchwolke, die den Wald in helle Flammen setzt.

César und Sebastian, für den Angelina eine Art Ersatzmutter ist, weigern sich aber zu glauben, dass die junge Frau ums Leben gekommen ist. Der einzige, der in dieser Situation helfen kann, ist ein Außenseiter namens Pierre (Thierry Neuvic), denn er besitzt als Einziger in der Gegend ein Flugzeug. Obwohl César ihm nicht ganz traut und Pierre nicht nur immer übel gelaunt, sondern auch gegen Hunde eingestellt ist, bleibt César und Sebastian nichts anderes übrig, als ihm zu vertrauen. Allerdings erleiden auch sie eine Bruchlandung und müssen sich vorbei an tiefen Schluchten und rauschenden Gebirgsflüssen durchschlagen. Bald gesellt sich zu ihnen Gabriela (Thylane Blondeau), eine als Junge verkleidete Holzfällerin, mit deren Hilfe sich Sebastian und Belle auf die Suche nach Angelina machen.
Im Unterschied zu „Belle & Sebastian“ spielt in „Sebastian und die Feuerretter“ der geschichtliche Hintergrund so gut wie keine Rolle. Der neue Sebastian-Belle-Film ist ein lupenreiner Abenteuer-Kinderfilm geworden. Nicht nur das Drehbuch von Juliette Sales und Fabien Suarez konzentriert sich auf die Abenteuer, die Sebastian überstehen muss, um zu einer Familienzusammenführung zu kommen, wobei ein Familiengeheimnis für Spannung auf einer weiteren Ebene sorgt. Auch die Regie von Christian Duguay betont die genretypischen Elemente des Abenteuerfilmes von der Flugzeug-Notlandung über Belles Kampf mit einem Bären bis hin zu den Gefahren des Waldbrands. Die Dramaturgie hangelt sich von der einen zur nächsten Gefahr.

Auch wenn Einiges nicht besonders glaubwürdig und darüber hinaus andere Elemente eine Spur zu inszeniert wirken, überzeugen in „Sebastian und die Feuerretter“ insbesondere die Kameraführung und die großartigen Naturaufnahmen, die Kameramann Christophe Graillot liefert. Weil die Gefahren, die aus der Natur kommen, zwar kindgerecht, aber recht deutlich dargestellt werden, umschifft Regisseur Duguay die Gefahr, die wunderbare Berglandschaft als eine bloße Idylle darzustellen. Ähnlich verhält es sich mit der Familien- und Liebesgeschichte hinter der äußeren Handlung. Duguay gelingt es, sie vorwiegend kitschfrei zu entwickeln.

Dass Sebastian gegenüber dem ersten Film gewachsen ist, schlägt sich auch in den Beziehungen zu den Erwachsenen nieder. Wurden in „Belle & Sebastian“ etwa Erwachsene Opfer von in für Kinderfilme typischer Manier ausgeführten Streichen, so behauptet sich Sebastian im neuen Film gegen die Erwachsenen, wenn es etwa darum geht, bei der Suche nach Angelina mit von der Partie zu sein. „Sebastian und die Feuerretter“ ist auch deshalb kein reiner Kinderfilm mehr. Nicht nur Sebastian ist älter geworden, auch Duguays Film liefert emotionsgeladene Szenen sowohl für Kinder als auch für Erwachsene. Insofern könnte er als Familienfilm bezeichnet werden. Über die rasanten Abenteuer, die jedoch größere Kinder nicht überfordern, hinweg handelt „Sebastian und die Feuerretter“ von den klassischen Themen Freundschaft, Liebe, Familie.

In diesem Zusammenhang nimmt der von Thierry Neuvic verkörpert Pierre eine Schlüsselstellung ein. Tritt er anfangs als mürrischer Außenseiter auf, so entwickelt er eine immer größere Zuneigung zu Sebastian, insbesondere nachdem er erfährt, wie Sebastians Mutter starb. Denn er verlor seine große Liebe auf ähnliche Weise. Macht Pierre die größere Entwicklung durch, so bleiben die anderen Figuren ebenso glaubhaft: Vom fürsorglichen César bis zur unbedingten Liebe Sebastians zu seiner Ersatzmutter Angelina, die ihn die größten Abenteuer bestehen lässt. Stand in „Belle & Sebastian“ die Freundschaft zwischen dem Jungen und der großen schneeweißen Hündin im Vordergrund, so stellt „Sebastian und die Feuerretter“ die actiongeladene Handlung in den Mittelpunkt. Den eigensinnigen, aber liebenswürdigen Sebastian verkörpert Félix Bossuet jedoch weiterhin glaubwürdig.
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