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JOSà GARCÃA Foto: Warnerbros. Der Blickwinkel, aus dem der Kampf zwischen âdem weiÃen Mannâ und der indianischen Urbevölkerung der Vereinigten Staaten im Kino bebildert wird, hat sich spätestens seit âDer mit dem Wolf tanztâ (Kevin Costner, 1990) um 180 Grad gedreht. Die in den klassischen Western der fünfziger und sechziger Jahren gefeierten Helden à la John Wayne, die gegen den erbitterten Widerstand der Indianer die Zivilisation in den âWilden Westernâ brachten, wurden als Eindringlinge entlarvt, die Völkermord am âedlen Wildenâ verübten. An kaum einer anderen historischen Gestalt lässt sich diese völlige Umkehrung der Geschichtsbewertung besser nachweisen als an General George Armstrong Custer. In unzähligen Western â vor allem âSein letztes Kommandoâ (âThey Died with their Boots Onâ, Raoul Walsh 1942) â wurde General Custer als groÃer Heros gefeiert, der mit seinem 7. Kavallerieregiment unzählige Indianer tötete und nun 1876 in der zum Mythos erhobenen Schlacht am Little Big Horn gegen die Ãbermacht aus dem letzten Aufbegehren unterschiedlicher Indianer-Stämme den Heldentod starb. Nun bietet uns âLast Samuraiâ, die Superproduktion mit Tom Cruise in der Hauptrolle, die nun im deutschen Kino startet, eine ganz andere Sicht von General Custer. Im Mittelpunkt von âLast Samuraiâ steht Captain Nathan Algren (Tom Cruise), der einst in der US-Armee unter General Custer diente. In einer der letzten Einstellungen von âLast Samuraiâ verweilt die Kamera in einer Halbnahaufnahme lange genug, damit der Zuschauer die â7â auf jeder Achselklappe erkennen kann, die Algrens Zugehörigkeit zur Einheit Custers dokumentiert. Die Brutalität, die Captain Algren unter Custers Feldzügen erlebte, hat ihn aus der Bahn geworfen: die Abschlachtung unschuldiger Frauen und Kinder verfolgt ihn in seinen Träumen. Custers Ausrottungswahn gegen die Indianer und seine sinnlose Schlacht an Little Big Horn haben aus dem ehemaligen Hauptmann einen Zyniker werden lassen. âWarum hassen Sie Ihr Land so sehr?â wird er irgendwann einmal in âLast Samuraiâ gefragt. Genau dies ist die Schlüsselfrage des Spielfilmes, die auch etwas allgemeiner formuliert werden könnte: Warum hassen die Filmemacher die westliche Kultur und verklären die fernöstliche Kultur so sehr? Wie einst in âDer mit dem Wolf tanztâ erscheint âder weiÃe Mannâ als Zerstörer einer Idylle. Nur der Schauplatz hat sich geändert: statt im âWilden Westenâ spielt âLast Samuraiâ in den Jahren 1876â77 in Japan, wo die Telegrafenleitungen und die Eisenbahnschienen im Begriff sind, das traditionelle Japan zu verändern â wie den Westen der Vereinigten Staaten. Bei der Modernisierung und Ãffnung Japans nach zweihundert Jahren Isolationismus spielen die nun in der Weltpolitik erstarkenden Vereinigten Staaten eine zunehmend wichtige Rolle. Sie betrachten Japan als wichtiger Auslandsmarkt und schicken gerne etwa auch militärische Berater, der Japan beim Aufbau einer modernen Armee helfen sollen. Kehrseite der Medaille ist das Zurückdrängen einheimischer Traditionen im Land der aufgehenden Sonne, insbesondere der Lebensweise der Samurai. âLast Samuraiâ exemplifiziert die Konfrontation zwischen der westlichen und der fernöstlichen Welt in der Auseinandersetzung zwischen Captain Nathan Algren, der sich vom japanischen Kaiser als militärischer Berater anwerben lässt, und Samurai-General Katsumoto, dem ehemaligen Lehrer des jungen Tenno. Katsumoto hat sich in die Berge zurückgezogen und bekämpft â auch mit Waffengewalt â die Modernisierung Japans. In einem Scharmützel nimmt Katsumoto Algren gefangen, der in den Prinzipien der Samurai alles wiederfindet, was er unter Custer verlor. Ãhnlich Lieutenant Dunbar (Kevin Costner) in âDer mit dem Wolf tanztâ findet Captain Nathan Algren seinen Seelenfrieden und sein Zuhause in der Idylle einer vom âweiÃen Mannâ unberührten Welt. Visuell erinnert âLast Samuraiâ stark an die Filme des japanischen Regiemeisters Akira Kurosawa (1910â88), etwa âRashomonâ (1950), âKagemushaâ (1980) oder âRanâ (1985) â unter den Mitarbeitern von âLast Samuraiâ befinden sich etliche Fachleute, die in Kurosawas letzten Filmen mitwirkten â, etwa in der Darstellung der Samurai-Kämpfe und der wahrhaft meisterlich choreographierten Schlachten. Die Kampfszenen werden mit groÃem Realismus inszeniert, Blutspritzer inklusive, zugleich jedoch mit jenem Ballet-Charakter, der âTiger und Dragonâ (Ang Lee, 2000) in den âMartial-Arts-Filmâ einführte. Tom Cruise liefert eine auÃerordentliche schauspielerische Leistung â eine Oscar-Nominierung scheint ihm sicher zu sein. Neben Tom Cruise brillieren aber nicht nur etwa Timothy Spall, sondern auch im Westen kaum bekannte japanische Schauspieler: Ken Watanabe als General Katsumoto, Hiroyuki Sanada als traditionsbewusster Kämpfer Ujio sowie das ehemalige Model Koyuki als Taka, die sich um die Genesung des Ausländers kümmern soll, der ihren Ehemann im Gefecht tötete. âLast Samuraiâ wirft nicht nur einen nostalgischen Blick zurück auf die traditionelle japanische Kultur, sondern ergreift darüber hinaus eindeutig Partei etwa für den Ehrenkodex der Samurai, der einen heldenhaften Tod verehrt â was den Selbstmord mit einschlieÃt. Was auch zu einer überdeutlichen Schwarz-WeiÃ-Malerei führt: der Japaner, der die Verwestlichung seines Landes anstrebt â durch den Beamten Omura exemplifiziert â wird verteufelt; mit der Ausnahme von Algren sind die WeiÃen entweder Opportunisten oder Massenmörder. In dieses Bild passt auch die Darstellung der Religion: Katsumotos Dorf wird als âspiritueller Ortâ bezeichnet; Katsumotos Gebet zu Buddha wird extrem positiv konnotiert. Aber das wussten wir schon: wer heute in einem Hollywood-Film beten will, ohne lächerlich gemacht oder als verknöchert dargestellt zu werden, muss sich schon an eine fernöstlichen Gottheit wenden. |
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