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José García Foto: Universal ![]() Im Gegensatz zur üblichen Dramaturgie setzten Emma Donoghue und Lenny Abrahamson keine Rückblenden ein. Die Filmemacher setzen vielmehr darauf, Joys Geschichte aus der Gegenwart verständlich zu machen. So wird etwa schnell deutlich, wer Jacks Vater ist. Später wird sich Joy vehement dagegen aussprechen, "Old Nick" als Vater ihres Sohnes anzusehen: "Jakob hat keinen Vater". Die unbedingte Liebe zu ihrem Sohn, ihre Bemühungen, ihm in diesen ungemein schwierigen Umständen eine möglichst normale Kindheit zu ermöglichen, liefert nebenbei auch einen beredten Kommentar zum Thema Abtreibung nach einer Vergewaltigung. Mit Jacks fünftem Geburtstag hält die Mutter den Augenblick für gekommen, ihm die Wahrheit beizubringen. Obwohl sich der Junge zunächst dagegen sträubt, die Welt "draußen" als real anzusehen, gelingt es der Mutter nach und nach, ihn davon zu überzeugen. Joys Hintergedanke dabei: Nur mit Jacks Hilfe kann sie einen riskanten Fluchtversuch wagen. Bei der Verleihung des Prädikats "besonders wertvoll" urteilt die Deutsche Film- und Medienbewertung FBW über Lenny Abrahamsons Film: "Sein leises und dennoch unglaublich intensives Drama ist voller Interesse und Zärtlichkeit für die beiden tapferen Protagonisten, die um ihren Platz in der Welt kämpfen. Unterstützt von einem exzellenten Drehbuch, zwei herausragend agierenden Hauptdarstellern, einer trotz der Enge der RAUMverhältnisse überaus flexiblen Kamera und einer überaus variablen und einfühlsamen Filmmusik gelingt ihm ein echtes, stets überraschendes und niemals auch nur eine Sekunde langweiliges Meisterwerk, das auf ganzer Linie begeistert und das durch unendlich viele Feinheiten und Nuancen überzeugt." Besonders hervorzuheben ist zunächst einmal die Dramaturgie, die den Film zweiteilt. In der ersten Hälfte überwiegt eine den besonderen Verhältnissen geschuldete Enge, die dem Film eine kammerspielartige Anmutung verleiht: Eine Erwachsene und ein Kind auf kleinstem Raum. Besonders nah bleibt die Kamera an Jack, aus dessen Sicht der Zuschauer diese außergewöhnliche Situation erlebt. Sie verhindert aber gleichzeitig, die schreckliche Lage der Mutter in all ihrer Grausamkeit oder gar voyeuristisch auszubreiten. Nicht die furchtbaren Lebensverhältnisse der Mutter stehen im Vordergrund, sondern die Art und Weise, wie sich das Kind unter solch außergewöhnlichen Bedingungen die Welt erschließt. Für ihn existiert nur der Raum, in dem er sich eingerichtet hat und so etwas wie eine glückliche Kindheit erlebt hat. Um Jacks Selbstbewusstsein anzuregen, hat sie ihm beispielsweise erklärt, seine langen Haare würden ihm besondere Stärke verleihen. "Ich möchte wieder vier Jahre alt sein", wird Jack einmal dieses Gefühl der Geborgenheit bei seiner Mutter ausdrücken. Die Sicht weitet sich in der zweiten Filmhälfte zwar ein wenig, aber im Grunde bleibt "Raum" ein auf wenige Schauplätze beschränkter Film, selbst wenn weitere Figuren hinzukommen, insbesondere Joys Mutter Nancy (Joan Allen). Der Umgang mit der neuen Situation fällt Jack zunächst nicht einfach. Nach einer ersten Umstellungszeit kommt das Kind allerdings mit der Wirklichkeit besser als seine Mutter zurecht. Sie muss nicht nur die Veränderungen in der Familie, sondern insbesondere aber ihre eigene Stellung verarbeiten, nachdem sie sich fünf Jahre lang durch nichts anderes als durch das Muttersein definiert hat. Bestens unterstützt von der extrem beweglichen Kamera und von einer unaufdringlichen Filmmusik sowie von hervorragenden Darstellern in den Nebenrollen, überzeugt insbesondere das Spiel der zwei Hauptfiguren. Jakob Tremblay stellt seinen Jack mit entwaffnender Natürlichkeit dar, etwa wenn es darum geht, "seine" Welt zu beschreiben. Die weitestgehend unbekannte Brie Larson spielt auf einer breiten Klaviatur der Gefühle, ohne je ins Gefühlige zu kippen. Für ihre Rolle der Mutter in "Raum" erhielt sie unter anderen Auszeichnungen den Golden Globe, den Preis des US-amerikanischen Schauspielerverbands sowie den Oscar als "Beste Hauptdarstellerin". |
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