RICO, OSKAR UND DER DIEBSTAHLSTEIN | Rico, Oskar und der Diebstahlstein
Filmische Qualität:   
Regie: Neele Leana Vollmar
Darsteller: Anton Petzold, Juri Winkler, Karoline Herfurth, Ronald Zehrfeld, Ursela Monn, Henry Hübchen, Detlev Buck, David Kross, Jacob Matschenz, Heike Makatsch, Katharina Schüttler
Land, Jahr: Deutschland 2016
Laufzeit: 95 Minuten
Genre:
Publikum:
Einschränkungen: --
im Kino: 4/2016
Auf DVD: 9/2016


José Garcia
Foto: Fox

Der erste Band der Kinderbuch-Trilogie von Andreas Steinhöfel um die Freundschaft zwischen dem "tiefbegabten" Rico und dem Überflieger und übervorsichtigen Oskar "Rico, Oskar und die Tieferschatten" wurde von Neele Leana Vollmar 2014 mit Anton Petzold als Rico und Juri Winkler als Oskar kongenial verfilmt. Der Film gewann sowohl den Deutschen Filmpreis als auch den Preis der deutschen Filmkritik als "Bester Kinderfilm". Mit mehr als einer halben Million Zuschauer war er ebenfalls an der Kinokasse sehr erfolgreich. Ein Jahr später folgte die Verfilmung des zweiten Bandes "Rico, Oskar und das Herzgebreche", diesmal aber unter der Regie von Wolfgang Groos, weil Regisseurin Vollmar eine Mutterschaftspause eingelegt hatte. Der zweite Rico- Oskar-Film wurde vorige Woche für den Deutschen Filmpreis nominiert. Die Entscheidung findet am 27. Mai statt. Inzwischen nahm Neele Vollmar erneut Platz auf dem Regiestuhl, um die Filmtrilogie abzuschließen. "Rico, Oskar und der Diebstahlstein" startet diese Woche im Kino.

Nach einem Update über das, was sich in der Zwischenzeit in der "Dieffe" getan hat - Ricos Mutter Tanja (Karoline Herfurth) fährt mit dem Bühl (Ronald Zehrfeld) in Urlaub, denn die beiden sind mittlerweile ein Paar, Oskar ist zusammen mit seinem Vater Lars (Detlev Buch) ins Haus Dieffenbachstraße 93 gezogen, so dass nun Rico und Oskar Nachbarn sind - geht es mit einem neuen Abenteuer los: Der mürrische, herzkranke Nachbar Fitzke (Milan Peschel) stirbt und hinterlässt Rico seine geliebte Steinsammlung. Herzstück der Sammlung ist der Kalbstein, den Fitzke gezüchtet haben will. Als ausgerechnet dieser Stein gestohlen wird, finden die beiden Kinder Anzeichen, dass eine junge Frau ihn mit an die Ostsee genommen hat, weil sie ihn dort verhökern will. Dorthin fahren denn auch Rico und Oskar. Als Treffpunkt für die Übergabe des Steins stellt sich ausgerechnet der FKK-Strand heraus.

Nach zwei in Berlin angesiedelten Filmen erweitert sich nun der Aktionsradius der zwei Jungdetektive. Rico und Oskar sind auch älter geworden. Erstmals kommt es zwischen den Freunden zu einem Streit. Dennoch kehren viele Elemente, die der Zuschauer von den früheren Rico-Oskar-Filmen kannte, auch im dritten Film wieder, etwa Zeitangaben wie "ungefähr ein paar Tage vorher" oder auch die unterschiedlichen Kameraperspektiven. Hinter den reinen Abenteuern sprechen die Rico-Oskar-Filme aber auch ernste Themen an, insbesondere Freundschaft und die Sehnsucht nach Familie.



Interview mit Regisseurin Neele Leana Vollmar

Vor zwei Jahren hatten Sie den ersten Film "Rico, Oskar und die Tieferschatten" inszeniert. Beim zweiten Film "Rico, Oskar und das Herzgebreche" pausierten Sie aus familiären Gründen. War es sehr schwer nach dieser Zeit, nach zwei Jahren dann wieder in die Welt der Figuren Rico und Oskar einzutauchen?

Eigentlich gar nicht, weil sie mich nicht verlassen hat. Mit dem ersten Film waren wir im Frühjahr 2014 fertig. Und sofort begann die Drehbucharbeit für die Verfilmung des dritten Steinhöfel-Buchs. Ich hatte also kaum Pause. Ich konnte lediglich einen kurzen Sommer mit Mann und Kind genießen. Mit den Jungs hatte ich auch immer Kontakt gehalten. Als sie den zweiten Film drehten, habe ich sie am Set besucht. Ehe es dann mit den Dreharbeiten für die dritte Verfilmung losging, wollte ich einen Tag mit ihnen in ihrer Heimat verbringen. Ich habe Anton (Petzold) in Dresden besucht. Wir sind einen ganzen Tag mit dem Fahrrad durch Dresden gefahren. Er ist übrigens ein Super-Stadtführer, er kennt sich perfekt aus. Das gleiche habe ich auch mit Juri (Winkler) in Berlin gemacht. Ich wollte einfach wissen, was sie am ersten und am zweiten Film gut fanden, was wir beim dritten besser machen können.

Und die beiden waren weiterhin Feuer und Flamme für den Film?

Ja, sie waren Feuer und Flamme, sie freuten sich auf den Film. Sie sind wie Geschwister. Es gibt Phasen, wo sie sich total gut verstehen und Spaß miteinander haben. Natürlich gibt es auch Momente, wo sie überhaupt keine Lust aufeinander haben. Dabei muss man bedenken, dass sie jetzt drei Sommer hintereinander in diesem Korsett gesteckt haben. Sie konnten nicht wie andere Kinder normale Sommerferien erleben und sechs Wochen die Beine baumeln lassen. Das war für sie auch anstrengend. Ich meine, sie sind froh, wenn sie nächsten Sommer nicht arbeiten müssen. Obwohl man nicht weiß, ob sie nicht doch einen anderen Film drehen.

In jedem der drei Filme gibt es Krimi-Elemente. Wie ist die Mischung zwischen solchen Abenteuern und der Charakterzeichnung?

Gerade das finde ich das Tolle an den Steinhöfel-Büchern. Einerseits sind sie spannend für Kinder wegen der Abenteuer. Andererseits nehmen sie die Kinder ernst und geben ihnen Lebensweisheiten mit auf den Weg. Schon in den Büchern gibt es viel zu lachen, aber auch Platz für traurige und ruhigere Momente - sie bestehen also nicht nur aus einem Gag nach dem andern. Mir war diese Balance sehr wichtig. Ich hätte es schade gefunden, wenn wir daraus einen reinen Abenteuerfilm gemacht hätten. Dafür wäre ich auch nicht die Richtige gewesen.

Erstmals spielt im dritten Film die Handlung nicht nur in Berlin. Die Kinder machen sich auf in die weite Welt. Spiegelt sich darin ihre eigene Entwicklung wider?

Es war schon Zeit, die Dieffenbachstraße zu verlassen. Beim Dreh sagten wir uns: "Nicht schon wieder in die Dieffe", in dieses Haus, das übrigens in Leipzig steht. Der Zuschauer hat schon die Welt der zwei Jungs kennengelernt. Die Freundschaft ist reifer, die Jungs sind älter geworden. Im ersten oder zweiten Teil hätten sie sich nicht getraut, sich in den Zug zu setzen und ohne Eltern an die Ostsee zu reisen. Das war jetzt eine adäquate Herausforderung - was mich auch persönlich sehr gefreut hat, weil ich eine Meeres- und Windliebhaberin bin. Ich finde alles am Meer großartig.

In dem Film spielen viele bekannte Schauspieler ganz kleine Rollen, so etwa Katharina Schüttler und Trystan Pütter, die Svens Eltern darstellen. Oder Milan Peschel, weil Fitzke so früh stirbt. War es leicht, sie für solche Rollen zu bekommen?

Ich glaube, viele finden die Bücher so toll, dass sie sich breitschlagen lassen, in kleinen Rollen dabei zu sein. Es ist aber Steinhöfel-spezifisch, dass jede Figur so viele Facetten hat, so viele Ebenen, dass ein Schauspieler sie gerne spielt. Der von Fahri Yardim dargestellte Justin ist zum Beispiel nicht einfach ein Bösewicht, sondern auch ein wenig tollpatschig. Er hat viel Pech im Leben gehabt. Auch Detlev Bucks Rolle ist klein, aber dafür extrem vielschichtig.

Die Rolle von Detlev Buck weist auch auf ein wichtiges Thema hin. Denn es geht nicht nur um Freundschaft, sondern auch um das Vater-Sohn-Verhältnis...

Der dritte Teil handelt - neben der Steinsuche - von der Geschichte von Oskar und seinem Papa. Im zweiten ging es um Rico und seine Mama. Dies ist der Subtext der Bücher von Steinhöfel, was emotional berührt: Dass Oskar auch seinen Papa wiederfindet.

Waren die Szenen am FKK-Strand schwierig, um sie wirklich so zu drehen, das sie auch kindgerecht sein würden? Gerade in dem Alter haben die Kinder eine natürliche Scham...

Ich hatte es ihnen hoch und heilig versprochen, sensibel mit dem Thema umzugehen. Da es diese Szene ja auch in dem Roman gibt, hatte ich sie schon früh gefragt, ob es für sie ok sei. Auch wenn sie sofort zustimmten, ist es alles andere als einfach, wenn der Augenblick der Wahrheit kommt. Es waren wenige Leute vom Team dabei. Wir haben sie auch abgeklebt, damit sie sich nicht ganz nackig vorkommen ... Aber wenn man Anton und Juri nach ihren Lieblingsszenen in dem Film fragt, werden sie ganz bestimmt nicht diese nennen.

Wie ist das Verhältnis zwischen Dialogen aus dem Buch und im Drehbuch? Wie viel wurde einfach übernommen?

Zusammen mit Drehbuchautor Martin Gypkens haben wir versucht, sehr nah am Roman zu bleiben. Andreas Steinhöfel hat eine wunderschöne und vor allem außergewöhnliche Sprache. Wenn man das Buch liest, hat man sofort Bilder im Kopf. Daraus einen Film zu machen, ist schon großer Luxus. Wenn wir jedoch alle Dialoge, die wir mögen, hineingenommen hätten, wäre der Film wohl eine Stunde länger geworden.
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