THE MISSING | The Missing
Filmische Qualität:   
Regie: Ron Howard
Darsteller: Tommy Lee Jones, Cate Blanchett, Evan Rachel Wood, Jenna Boyd, Aaron Eckart, Val Kilmer
Land, Jahr: USA 2003
Laufzeit: 137 Minuten
Genre: Action/Western
Publikum: ab 16 Jahren
Einschränkungen: G


JOSÉ GARCÍA
Foto: Columbia TriStar Film

Nachdem jahrzehntelang der „Wilde Westen” aus der Kinoleinwand verschwunden war, kommen dieses Jahr vermehrt Hollywood-Produktionen ins Kino, die zu diesem beinahe abgeschriebenen Genre gehören, etwa Kevin Costners „Open Range – Weites Land” (siehe Filmarchiv) sowie der Eröffnungsfilm der Berlinale 2004 „Cold Mountain” von Anthony Minghella (Kinostart: 19. Februar).

Der Berlinale-Wettbewerbsbeitrag „The Missing”, der nun im regulären deutschen Kinoprogramm anläuft, erzählt von der jungen Maggie Gilkeson (Cate Blanchett), die im Jahr 1885 in New Mexiko mit ihren zwei heranwachsenden Töchtern Lilly und Dot eine eigene Farm aufzubauen versucht. Zusätzlich kümmert sich Maggie als „Heilerin” um die Gesundheit der mexikanischen Ureinwohner. Zur häuslichen Gemeinschaft gehört auch noch der Vorarbeiter Brake (Aaron Eckart), der zu Maggie offenkundig ein Gelegenheitsverhältnis unterhält – eine Familie bilden sie jedoch nicht. Als Maggies Vater Samuel Jones (Tommy Lee Jones) unvermittelt vor seiner Tochter steht, erfährt der Zuschauer denn auch von den traumatischen Erlebnissen, die Maggie vor der Gründung ihrer eigenen Familie zurückschrecken lassen. Nachdem Brake ermordet und Lilly von ehemaligen indianischen Armeespähern entführt wird, die sie in Mexiko verkaufen wollen, bleibt Maggie nichts anderes übrig, als ihren Vater um Hilfe bei der Verfolgung der Entführer zu bitten. Dadurch werden sich Vater und Tochter nach zwei Jahrzehnten Entfremdung wieder näherkommen.

Auf der Folie eines Western, in dem Apache-Indianer ebenso Platz finden wie die US-Kavallerie, entfaltet „The Missing” eine durch und durch zeitgenössische Handlung um den Mut einer Frau, die für ihre Tochter ihr eigenes Leben aufs Spiel setzt, zumal sie sich die Schuld an deren Verschwinden gibt. Das eigentliche Sujet von „The Missing” liegt jedoch in der Beziehung zwischen Maggie und ihrem Vater, der seine Familie verlassen hatte, um unter Indianern ein naturverbundenes Leben zu führen. Erst der Einsatz des Großvaters für seine Enkelin bahnt den Weg für Vergebung und Aussöhnung zwischen Vater und Tochter.

In visueller Hinsicht spiegelt „The Missing” jene Mischung aus historischem Bühnenbild und zeitgenössischen Figuren wider: Während Kostüme und Ausstattung das New Mexiko des ausgehenden 19. Jahrhunderts ins Bild setzen, nimmt sich die Kameraführung durchaus modern aus. Obwohl hier und da Totalen eingesetzt wurden, wird von der Handkamera ausgiebig Gebrauch gemacht, die eine größere Unmittelbarkeit als die in den Western übliche Großaufnahme gewährt. Sie erleichtert auch den Zugang zum Standpunkt der zehnjährigen Dot, aus dem der Zuschauer das Geschehen betrachtet.

Bezüglich der Einschätzung der Indianer versucht „The Missing” einen Mittelweg zwischen dem „bösen Wilden” der klassischen Western und dem „edlen Wilden”, den Kevin Costners „Der mit dem Wolf tanzt” (1990) einführte, zu finden. Überzogen wirkt dieser Versuch indes, wenn christlicher und animistischer Glaube auf dieselbe Stufe gestellt werden – etwa in der Rettung Maggies aus ihrer rätselhaften Krankheit mit den vereinten Kräften indianischer Amulette und christlicher Gebete.

Die Inszenierung von „The Missing” trägt die Handschrift des Regisseurs Ron Howard, die sich durch eine große Stilsicherheit, aber auch durch ein gewisses Pathos auszeichnet – gutes Beispiel dafür lieferte sein letztes, mit vier Oscars ausgezeichnetes Werk „A Beautiful Mind – Genie und Wahnsinn” (2001). Wie in „A Beautiful Mind” hat an diesem Pathos James Horners Filmmusik einen nicht unerheblichen Anteil.
Diese Seite ausdrucken | Seite an einen Freund mailen | Newsletter abonnieren