KUBO - DER TAPFERE SAMURAI | Kubo and the Two Strings
Filmische Qualität:   
Regie: Travis Knight
Darsteller: (deutsche Stimmen): Ben Hadad, Nana Spier, Benjamin Völz, Joachim Tennstedt, Katrin Fröhlich
Land, Jahr: USA 2016
Laufzeit: 101 Minuten
Genre:
Publikum: ab 12 Jahren
Einschränkungen: --
im Kino: 10/2016


José García
Foto: Universal

Die reichhaltige Mythenwelt Japans mit ihren Geistern, Zauberern und Hexen hat das Filmschaffen des wohl größten Regisseurs im Animationsfilm-Fach nachhaltig inspiriert: Hayao Miyazaki, der 2005 als erster Animationsfilm-Regisseur überhaupt mit dem Goldenen Löwen für sein Lebenswerk beim Internationalen Filmfest in Venedig ausgezeichnet wurde, griff immer wieder darauf zurück - von "Nausicaä - Aus dem Tal der Winde" (1984) über "Mein Nachbar Totoro" (1988) und "Prinzessin Mononoke" (1997) bis zu seinem Meisterwerk "Chihiros Reise ins Zauberland" (2001), der als erster Animationsfilm den Goldenen Bären bei den Internationalen Filmfestspielen Berlin, und außerdem den Oscar als Bester Animationsfilm gewann.

In dieser Welt voller Geister und Magie ist ebenfalls der Animationsfilm "Kubo ? Der tapfere Samurai" angesiedelt, der nun im regulären Kinoprogramm startet. Der kleine Kubo lebt in einer Höhle direkt am Meer zusammen mit seiner recht apathischen Mutter, um die er sich aber rührend kümmert. Kubo verdient im Dorf mit seinem Instrument seinen Lebensunterhalt. Der Junge besitzt die Fähigkeit, mit der Musik seiner dreisaitigen Laute die Figuren aus Origami-Papier, die in seinen Geschichten spielen, lebendig werden zu lassen. Kubo muss jedoch stets vor Einbruch der Dunkelheit wieder zu Hause sein. Denn die furchterregenden Schwestern seiner Mutter und deren Vater, ein grausamer Mondgott, suchen nach ihm. Sie haben bereits eines von Kubos Augen geraubt und Kubos Vater getötet.

Als sich aber Kubo beim Laternenfest zu lange draußen aufhält, wird er prompt von seinen Zwillingstanten angegriffen. Auch wenn ihn seine Mutter diesmal retten kann, muss Kubo die magische Rüstung seines verstorbenen Vaters finden, will er auf Dauer gegen seine rachsüchtigen Verwandten bestehen. So macht sich der kleine Samurai auf zu seiner Heldenreise in Begleitung eines lebendig gewordenen Affen-Amuletts namens Monkey. Unterwegs gesellt sich zu ihnen ein Kämpfer, der vom bösen Zauberer zu einer Art Käfer verwandelt wurde, und Beetle genannt wird.

Auch wenn sich "Kubo ? Der tapfere Samurai" als fremdartiges, wunderschön animiertes, fernöstliches Märchen ausnimmt, stammt der Film nicht aus Japan. Für das Drehbuch zeichnen Marc Haimes und Chris Butler nach einer Story von Shannon Tindle verantwortlich. Sie sind sozusagen den umgekehrten Weg gegangen, den Hayao Miyazaki in "Das wandelnde Schloss"(2004) beschritt, als er den Roman der britischen Schriftstellerin Diana Wynne Jones adaptierte und dadurch diesen Film in Europa ansiedelte. Nun spielt der Animationsfilm eines britisch-amerikanischen Teams in Japan. Regie führt Travis Knight, der Präsident der US-amerikanischen Firma Laika Entertainment mit Sitz in Oregon. Laika tat sich insbesondere mit Filmen in der sogenannten Stop-Motion-Technik hervor, so "Coraline" und "Para-Norman". Bei der Stop-Motion-Technik wird jede Bewegung und Geste einer handgefertigten Figur fotografiert und zu einer Sequenz von 24 Bildern in der Sekunde zusammengestellt sowie mit im Computer erzeugten Hintergründen verknüpft.

Sie kommt ebenfalls in "Kubo ? Der tapfere Samurai" zur Anwendung. Die im Unterschied zu anderen Animationsfilmen real existierenden Figuren und Ausstattungsgegenstände ermöglichen außergewöhnliche Kameraeinstellungen und -fahrten. Die große Raumtiefe und die expressiven Gesten sowie die an "Coraline" und "Para-Norman" erinnernden Bewegungen der Figuren gehören, zusammen mit der sehr getragenen Musik, die nicht fernöstlich anmutet, zu den hervorragenden Merkmalen der Filmsprache von "Kubo ? Der tapfere Samurai". Der Film besticht durch eine fantasievolle und technisch hervorragende visuelle Ausgestaltung, die mit der Erzählung bestens korrespondiert.

Zur Bedeutung der Handlung führt Regisseur Travis Knight aus: "Die besten Formen der Kunst berühren uns in unserer Menschlichkeit und nirgends ist dies so deutlich wie beim Geschichten erzählen. Gute Geschichten können ein enormes Geschenk sein. Sie erlauben uns, die Welt mit den Augen eines anderen zu sehen und die Erfahrungen eines anderen zu erleben, als wären sie unsere Eigenen. Sie können uns neue Ideen und neue Wege des Denkens eröffnen, um die im Verborgenen liegende Verbindung aller Dinge zu erkennen. Eine gute Geschichte kann Mitgefühl erzeugen und eine gute Geschichte kann verändern."

Die Geschichte von "Kubo ? Der tapfere Samurai" erschöpft sich nicht in der Abenteuer- und Heldenreise. Diese epische Reise ist gleichzeitig die Geschichte eines Reifungsprozesses, eine Geschichte von Verlust und Heilung, aber auch von Vergebung statt Rache. In diesem Zusammenhang beruft sich Travis Knight auf den großen japanischen Regisseur Akira Kurosawa, nicht nur weil Kubos verstorbener Vater Hanzo eine Hommage an den legendären japanischen Schauspieler und Filmstar Toshiro Mifune ist, der die Hauptrolle in Kurosawas Klassiker "Die sieben Samurai" (1954) spielte, sondern auch weil die Familiengeschichte in "Kubo ? Der tapfere Samurai" alles andere als eindimensional ist. Eine Geschichte über die aufopfernde Liebe einer Mutter, aber auch über den Verlust des Vaters und darüber hinaus über den Verrat innerhalb der Familie.
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