DEEPWATER HORIZON | Deepwater Horizon
Filmische Qualität:   
Regie: Peter Berg
Darsteller: Mark Wahlberg, Kurt Russell, John Malkovich, Gina Rodriguez, Dylan O´Brien, Kate Hudson, Stella Allen, Chris Ashworth
Land, Jahr: USA 2016
Laufzeit: 107 Minuten
Genre:
Publikum: ab 12 Jahren
Einschränkungen: S, D
im Kino: 11/2016
Auf DVD: 4/2017


José Garcia
Foto: Studiocanal

Am 20. April 2010 ereignete sich auf der schwimmenden Ölbohrinsel "Deepwater Horizon" im Golf von Mexiko, 84 Kilometer südlich der Küste von Louisiana, ein Unglück ungeheuren Ausmaßes. Das unkontrollierte Austreten von Bohrschlamm, Gas und Erdöl aus der Bohranlage verursachte einen Brand, der nicht unter Kontrolle gebracht werden konnte. Die Bohrinsel sank zwei Tage später auf den Grund des Meeres. Elf Arbeiter kamen ums Leben, 115 wurden gerettet. Das ausströmende Öl führte zur schwersten Umweltkatastrophe dieser Art im Golf von Mexiko.

Bei der Verarbeitung dieser wahren Ereignisse in Spielfilm-Form setzen Regisseur Peter Berg sowie die Autoren Matthew Michael Carnahan und Matthew Sand, deren Drehbuch auf einem Artikel der "New York Times" über die letzten Stunden auf der Ölbohrinsel basiert, diese Tatsachen als bekannt voraus. Denn bereits im Vorspann ist die Zeugenaussage vor einem Gericht mit der Stimme von Mike Williams zu hören, der von den Explosionen auf der Ölbohrinsel und dem Alarmsystem berichtet. Der Film "Deepwater Horizon" kann deshalb als große Rückblende über die Entstehung der Katastrophe und die Rettungsaktion angesehen werden, die für elf Arbeiter jedoch leider zu spät kam.

Mike Williams (Mark Wahlberg) steht denn auch im Mittelpunkt von Peter Bergs Spielfilm. Nach klassischer Dramaturgie erlebt der Zuschauer den "Helden" zunächst in seiner familiären Umgebung. Dem Cheftechniker der Deepwater Horizon fällt der Abschied von Frau Felicia (Kate Hudson) und der 10-jährigen Tochter Sydney (Stella Allen) schwer. Denn er soll die nächsten drei Wochen turnusgemäß auf der Bohrinsel bleiben. Ebenfalls klassisch erklärt Regisseur Peter Berg den Beruf des Chefmechanikers auf einer schwimmenden Ölbohrinsel: Sydney soll in der Schule ein Referat über den Beruf ihres Vaters halten. Sie bezeichnet das Erdöl, in das sich im Laufe von Jahrmillionen die Dinosaurier verwandelten, als "Monster". Ihr Vater "zähmt die Dinosaurier", sagt sie. Eingeführt wird auf dem Weg zur Arbeit ebenfalls die junge Technikerin Andrea Fleytas (Gina Rodriguez), deren altes Auto streikt, weswegen sie von ihrem Freund auf dem Motorrad zum Heliport der Hafenstadt Bristow gebracht wird. Andreas´ Freund verschwindet allerdings dann aus dem Film. Felicia wird hingegen später mit ihrem Mann Mike im Kontakt bleiben und deshalb die Katastrophe unmittelbar erleben. Sie steht stellvertretend für alle Angehörigen der Ölbohrinsel-Mitarbeiter, die sie dort während des Unfalls befanden.

Von Bristow werden Williams und Fleytas zusammen mit dem Projektleiter der die Ölbohrinsel betreibenden Firma Transocean Jimmy Harrell (Kurt Russell) im Hubschrauber auf die Plattform gebracht. Bei der Ankunft staunen sie darüber, dass die Mitarbeiter der Firma, die auf der Bohrinsel noch Tests durchführen sollte, bereits zum Abflug bereitstehen. Bald erfahren sie, dass es zwar technische Probleme gibt, weswegen der Test nicht durchgeführt werden konnte. Aber die Vertreter des Konzerns BP, allen voran der zynische Donald Vidrine (John Malkovich), drängen darauf, sofort mit der Ölförderung zu beginnen. Denn sie liegen 43 Tage hinter dem Zeitplan zurück, was immense Kosten verursacht. Damit ist der Konflikt zwischen Transocean und BP schnell umrissen, denn sowohl Bohrinsel-Chef "Mr. Jimmy" als auch Chef-Mechaniker Mike Williams bestehen darauf, einen weiteren Test durchzuführen. Schließlich einigt man sich auf eine weitere Testbohrung, die einen stark erhöhten Druck anzeigt. Vidrine führt dies auf eine Verstopfung im Röhrensystem zurück. Selbst nachdem ein zweiter Test keine eindeutigen Ergebnisse bringt, entscheidet Donald Vidrine gegen die Mahnungen Harrells, sofort mit der Bohrung zu beginnen. Bald kommt es zur Katastrophe: Bohrschlamm überschwemmt die ganze Bohrvorrichtung, die austretenden Gase setzen die gesamte Ölbohrinsel in Brand. Mike Williams versucht, Menschenleben zu retten, und setzt dabei sein eigenes Leben aufs Spiel.

Im actiongeladenen zweiten Teil reiht sich "Deepwater Horizon" in das Genre des "Katastrophenfilms" aus den 1970er Jahre, etwa "Airport" (George Seaton, 1970), "Erdbeben" (Mark Robson, 1974) oder "Flammendes Inferno" (John Guillermin, 1975), ein. Der Film springt hin und her zwischen der Bohrinsel, der die Rettungsaktion koordinierenden Küstenwache und den Angehörigen, wobei wie schon angemerkt Mikes Frau Felicia exemplarisch für alle Familienmitglieder der Arbeiter steht. Ebenso exemplarisch stehen "Mr. Jimmy", Mike und Andrea für die einfachen Menschen, die ihr Leben riskieren. Ihnen gilt das Mitgefühl des Regisseurs. Demgegenüber werden die BP-Vertreter als geldgierige Kapitalisten gezeichnet, die buchstäblich über Leichen gehen.

Den schönen Kamerafahrten sowohl unter Wasser als auch aus der Vogelperspektive am Anfang stehen die unübersichtlichen, gerne auch verwackelten Aufnahmen während der Katastrophe gegenüber, da die Kamera den Protagonisten nahe bleibt. Dies verhindert jedoch, dass zu viel Pathos entsteht. Die Actionszenen kontrastieren ebenfalls mit den emotionsgeladenen Augenblicken, wenn etwa die Überlebenden auf ihre Familien treffen oder sich hinknien und zusammen ein "Vater unser" beten. "Deepwater Horizon" spricht die vom Unfall ausgelöste Umweltkatastrophe nur nebenbei an. Dafür setzt er den Männern und Frauen auf der Bohrinsel ein filmisches Denkmal: Am Filmschluss sind die echten Mike Williams, Andrea Fleytas, Jimmy Harrell und andere ebenso zu sehen wie weitere Dokumentarbilder.
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