FLORENCE FOSTER JENKINS | Florence Foster Jenkins
Filmische Qualität:   
Regie: Stephen Frears
Darsteller: Meryl Streep, Hugh Grant, Simon Helberg, Rebecca Ferguson, Agnes Stark
Land, Jahr: Großbritannien 2016
Laufzeit: 110 Minuten
Genre:
Publikum: ab 12 Jahren
Einschränkungen: --
im Kino: 11/2016
Auf DVD: 5/2017


José Garcia
Foto: Constantin

Der britische Regisseur Stephen Frears wurde mit "Die Queen" einem breiten Publikum bekannt. Eine Filmbiografie der Königin Elisabeth II. von England im eigentlichen Sinne war "Die Queen" nicht, denn der Film konzentrierte sich auf die Tage zwischen dem Tod und dem Begräbnis von Lady Diana. Ähnliches lässt sich vom aktuellen Film des britischen Regisseurs sagen, der sich mit der exzentrischen und reichen Erbin Florence Foster Jenkins (1868?1944) beschäftigt. Denn das Drehbuch von Nicholas Martin beleuchtet lediglich deren letzte Lebensjahre in New York.

Auf die 1940er Jahre verweist bereits der stilvolle Vorspann. In dem von ihr selbst gegründeten "Verdi Club" präsentiert Florence Foster Jenkins (Meryl Streep), die sich gerne als großzügige Mäzenin der klassischen Musik gibt, zusammen mit ihrem englischen Ehemann St. Clair Bayfield (Hugh Grant) einem ausgewählten Publikum aus der New Yorker High Society ihre legendären "tableaux vivants", bei denen Madame Florence selbstverständlich die Hauptrolle übernimmt. Der ehemalige Shakespeare-Schauspieler St. Clair Bayfield sorgt mit dem dicken Scheckheft dafür, dass der Gesangslehrer lediglich zweideutige Antworten auf die Fragen nach Florences Gesangskünsten gibt. Wer über soviel Geld verfügt, kann außerdem genügend wohlwollende Zuhörer gewinnen.

Ein Konzert der berühmten Sopranistin Lily Pons in der Carnegie Hall, das Florence Foster Jenkins zusammen mit ihrem Mann besucht, inspiriert sie dazu, nicht nur in einem kleinen Kreis, sondern eben in derselben Carnegie Hall zu singen. Zu dem Zeitpunkt hat sie bereits die Siebzig überschritten. Zur Vorbereitung wird ein Klavierspieler gesucht, der den Gesangslehrer unterstützt. Die Wahl fällt auf den jungen Pianisten Cosme McMoon (Simon Helberg). Das Gesicht des jungen Mannes spricht Bände, nachdem er die alternde Frau erstmals singen hört: Obwohl sie sich als musikalisches Ausnahmetalent sieht, kann sie weder Ton noch Rhythmus halten ? ganz abgesehen von ihrem ziemlich kleinen Stimmumfang. Darüber hinaus verwirrt den jungen Cosme, dass sich Bayfield liebe- und hingebungsvoll nicht nur um Florences Karriere, sondern auch um sie selbst kümmert, und dabei ein Doppelleben führt. Denn jeden Abend verbringt er zusammen mit seiner Freundin Kathleen (Rebecca Ferguson) in der gemeinsamen Wohnung. Mit Kathleen fährt er auch hin und wieder für ein paar Tage aus der Stadt. In der verblümten Sprache von Florence Foster Jenkins heißt es, ihr Mann treibe ein paar Tage Sport, bei dem sie ihn aus gesundheitlichen Gründen nicht begleiten könne. Cosme McMoon steht immer wieder kurz vor der Kündigung. Er bleibt aber, nicht nur weil der junge, arbeitslose Pianist das Geld braucht, sondern weil er nach und nach die ältliche Möchtegern-Sängerin in sein Herz schließt.

Der Auftritt in der Carnegie Hall am 25. Oktober 1944 stellt selbstredend den Höhepunkt des Spielfilmes "Florence Foster Jenkins" dar. Es sind die letzten Monate des Zweiten Weltkriegs, weshalb Florence tausend Kriegsveteranen Eintrittskarten verschenkt, so dass ihr Mann diesmal keine Kontrolle über das Publikum behält. Ebenso wenig kann er verhindern, dass der Musikkritiker der "New York Post", der Florence für "die schlechteste Sängerin der Welt" hält und alle Bestechungsversuche von St. Clair Bayfield ablehnt, im Publikumsraum sitzt. Allerdings besucht das Konzert auch kein Geringerer als Cole Porter, der sich als Fan von Madame Florence entpuppt. Begleitet wird er von der Schauspielerin Tallulah Bankhead (die gerade 1944 in "Das Rettungsboot" von Alfred Hitchcock ihren größten Erfolg feiern konnte). Der um seinen guten Ruf besorgte Gesangslehrer verlässt allerdings sicherheitshalber vor Florences Auftritt die Stadt. In Wirklichkeit war das Konzert Wochen vorher ausverkauft. Die Eintrittskarten kosteten auf dem Schwarzmarkt große Summen.

In seiner Inszenierung hält Regisseur Stephen Frears eine außerordentlich schwierige Balance: Auf der einen Seite bricht das Publikum in Gelächter aus, sobald die Möchtegern-Operndiva die ersten Töne von sich gibt. Allerdings degradiert der Film die Mäzenin niemals zur Witzfigur. Dies liegt einerseits darin, dass Stephen Frears seinen Film mit einigen tragischen Einzelheiten aus dem Leben von Florence Foster Jenkins anreichert: Sie wurde von ihrem ersten Ehemann mit Syphilis angesteckt. Aufgrund der seinerzeit üblichen Quecksilber- und Arsen-Behandlungen verlor sie ihre Haare und musste für den Rest ihres Lebens Perücken tragen. Sie konnte außerdem nicht mehr Klavier spielen. Andererseits verkörpert Meryl Streep sie auf eine beeindruckende Art und Weise, ohne sie jemals der Lächerlichkeit preiszugeben. Auch wegen der Schicksalsschläge wirkt sie nie larmoyant. Der Zuschauer empfindet zwar "Fremdschämen", vor allem aber eher Mitleid mit ihr. Mit dieser Rolle könnte Meryl Streep ohne weiteres ihre 20. Oscar-Nominierung erhalten.

Auch Hugh Grant bewältigt seine Rolle überzeugend. Obwohl er zunächst etwas chargiert, schafft es der britische Mime, das Doppelleben des adligen, aber gescheiterten Schauspielers plausibel zu machen. Allerdings geht die Dreiecksbeziehung St. Clairs Freundin Kathleen langsam auf die Nerven. Auch Florence leidet darunter, dass ihr Ehemann "seinen Sport" braucht und sie immer wieder für ein paar Tage verlässt. Warum Florence Foster Jenkins auf Profis wie Cole Porter eine gewisse Faszination ausübte, kann Stephen Frears jedoch nicht überzeugend darlegen.
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