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José García Foto: universum ![]() Die Wohnungsnot und die enorm hohen Mietpreise in Paris standen bereits in den französischen, im deutschen Kino voriges Jahr gestarteten Komödien "Frühstück bei Monsieur Henri" und "Gemeinsam wohnt man besser" im Mittelpunkt. Alexandra Leclere dreht die Schraube eine Windung weiter in Richtung leichte Komödie, ja Farce, die in der Absurdität vieler Situationen freilich ein Körnchen Wahrheit über die "conditio humana" enthüllt. Denn dass die Drehbuchautorin und Regisseurin "Madame Christine und ihre unerwarteten Gäste" nicht als ernstes Sozialdrama etwa im Stile eines Ken Loach versteht, wird nicht nur an der karikaturhaften Darstellung ihrer Figuren, sondern beispielsweise auch an der unverblümt komödiantischen Filmmusik von Philippe Rombi deutlich. Herrlich überzeichnet gestaltet Alexandra Leclere die Reaktionen der Bewohner im vornehmen Haus im 6. Arrondissement, wie sie das Teilen verstehen: Pierre Dubreuil, der Arme als arbeitsscheue Drückeberger bezeichnet, tut alles Mögliche, um die Verordnung zu umgehen. Er holt seine Mutter (Michele Moretti) aus dem Altersheim, in das er sie abgeschoben hatte. Er bietet sogar seiner Putzfrau "Asyl". War zu erwarten, dass sich ein Rechter vor dem neuen Gesetz drückt, so überrascht die Reaktion der linken Möchtegern-Aktivistin Béatrice Bretzel: Statt einer Bedürftigen ein Zimmer in ihrer Wohnung anzubieten, quartiert sie die schwarze Frau samt Kind in einer Art Besenkammer unterm Dach ein. Weil sich aber das neue Amt nicht so leicht an der Nase herumführen lässt und außerdem irgendjemand Madame Bretzel denunziert, kommt es tatsächlich dazu, dass bald eine ganze Reihe Obdach- und Arbeitslose sowie Immigranten auf die verschiedenen Appartements des eleganten Wohnhauses verteilt werden. Alexandra Leclere lässt Arm und Reich in turbulent-überdrehter Weise aufeinanderprallen. Besonders ausgeprägt ist der eindeutig satirische Ton des Filmes in der klischeebeladenen Figur der Concierge. Josiane Balasko gestaltet sie als das genaue Gegenteil der unter der rauen Schale so doch feingeistigen Hausmeisterin, die sie selbst in "Die Eleganz der Madame Michel" (2010) verkörperte. Josiane Balaskos Concierge erfüllt alle Vorurteile über ihren Beruf: Sie weiß nicht nur über alle Hausbewohner am besten Bescheid. Sie ist darüber hinaus die eigentliche Strippenzieherin im Hintergrund, ja sie betreibt sogar eine lukrative Webseite, auf der man "seine" Bedürftigen einfach "tauschen" kann. Ihr Rassismus wird beispielsweise auf eine bissige Spitze getrieben: Als sie am Telefon auf einem solchen "Tausch" angesprochen wird, antwortet sie: "Eine Dame mit Hund. Welche Rasse? ? Nicht der Hund. Die Dame." "Madame Christine und ihre unerwarteten Gäste" entlarvt aber nicht nur "die da oben" als selbstgerechte, egoistische Drückeberger. Etliche der "Bedürftigen" bekommen ebenfalls ihr Fett weg. Denn auch einige der neuen Bewohner erweisen sich als keinesfalls bessere Menschen als die Reichen. Obwohl die Komödie in mancherlei Hinsicht vorhersehbar bleibt, und die Handlung teilweise auch auf der Stelle tritt, gelingt es Alexandra Leclere, in einigen Charakteren eine gewisse Entwicklung herbeizuführen, die dann doch ihre Menschlichkeit entdecken. Innerhalb des zugegebenermaßen eng gesteckten Rahmens können die Schauspieler glänzen, allen voran Karin Viard als neurotische, nicht mehr junge Frau der oberen Zehntausend, die am bloßen Nichtstun zu ersticken droht, aber dann ihr Leben verändert. Auch Valérie Bonneton gestaltet ihre Béatrice Bretzel im Spannungsverhältnis zwischen den hehren Zielen linker Solidarität und dem egoistischen Festhalten an der eigenen, nun bedrohten Lebensweise. Durch "Madame Christine und ihre unerwarteten Gäste" spaziert eine buntgewürfelte Reihe unterschiedlicher Charaktere mit ihren teilweise entgegengesetzten Ansichten und Vorstellungen. Hauptsächlich daraus schlägt die Drehbuchautorin und Regisseurin komödiantisches Kapital. Als Satire über die bunte multikulturelle Gesellschaft kann sie die wirklichen Probleme des Wohnungsmarktes oder allgemeiner des Zusammenlebens von Menschen mit überaus unterschiedlichen Lebensentwürfen lediglich streifen. Hin und wieder gelingt es jedoch dem Film, den Zuschauer nachdenklich zu stimmen. |
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