THE BIRTH OF A NATION - AUFSTAND ZUR FREIHEIT | The Birth of a Nation
Filmische Qualität:   
Regie: Nate Parker
Darsteller: Nate Parker, Armie Hammer, Mark Boone Jr., Colman Domingo, Aunjanue Ellis, Dwight Henry, Penelope Ann Miller, Jackie Earle Haley
Land, Jahr: USA 2017
Laufzeit: 120 Minuten
Genre:
Publikum: ab 16 Jahren
Einschränkungen: G ++
im Kino: 4/2017
Auf DVD: 8/2017


José García
Foto: 20th Century Fox

Im Mittelpunkt von Nate Parkers Regiedebüt "The Birth of a Nation - Aufstand zur Freiheit" steht Nathaniel "Nat" Turner, der im Jahre 1831 in Virginia einen Sklavenaufstand anführte. Der Film beginnt mit einem alten Ritual, das daran erinnern soll, dass Nats Mutter und Großmutter von Afrika nach Amerika verschleppt worden waren. Bereits als Nat neun Jahre alt ist, wird ihm eine besondere Führungsposition vorausgesagt. Auf der Baumwollplantage, wo er geboren wurde, spielt er ungezwungen mit dem gleichaltrigen Sohn der Plantagenbesitzer. Als Nats Vater beim Stehlen von Lebensmitteln erwischt wird, flieht er und wird nie mehr gesehen. Nat muss sich um Mutter und Großmutter kümmern. Der aufgeweckte Nat hat sich inzwischen das Lesen selbst beigebracht, was die Frau des Plantagenbesitzers (Penelope Ann Miller) dazu bringt, ihn beim Lesen der Heiligen Schrift zu unterrichten.

Als Erwachsener predigt Nat (Nate Parker) sonntags vor Besitzern und Sklaven zugleich. Sein Ruf als Prediger zieht immer größere Kreise, und bringt Plantagenbesitzer auf einen perfiden Gedanken: Der schwarze Prediger soll in den umliegenden Plantagen die Sklaven mit seiner Predigt "beruhigen" - denn Gerüchte über die wachsende Ungeduld der Sklaven in den Baumwollfarmen Virginias machen inzwischen die Runden. Samuel Turner (Armie Hammer), der die Farm nach dem Tod seines Vaters fast in den Ruin heruntergewirtschaftet hat, lässt sich vom lukrativen Angebot der Nachbarn anlocken. So fängt Nat an, für die Unterwerfung der Sklaven zu predigen. Im Laufe der Zeit erfährt er nicht nur von der Unterdrückung der Sklaven in anderen Plantagen. Als er die kaum vorstellbare Grausamkeit eines Farmers miterleben muss, beginnt Nat, in der Bibel ganz andere Stellen zu finden.

Irgendwann einmal trifft es ihn persönlich: Seine eigene Frau Cherry (Aja Naomi King) wird von Sklavenjägern schwer misshandelt. Und seine zunächst zaghafte Auflehnung wird mit schweren körperlichen Strafen niedergerungen, die vom Hohn begleitet werden: "Wo ist Gott jetzt?" Worauf Nat antwortet: "Er ist hier, selbst jetzt". Nats ehemaliger Freund Samuel Turner kann derweil sein Gewissen nur mit Unmengen Alkohol beruhigen. Irgendwann einmal sieht Nat nur noch einen Ausweg: Er beginnt einen Aufstand in der Hoffnung, die Schwarzen aus der Sklaverei herauszuführen. Zusammen mit etwa 70 weiteren Sklaven tötete Turner 60 Menschen in Virginia, bevor die Gruppe schnell zerschlagen wurde. Aus Angst vor weiteren Unruhen wurden 56 Sklaven hingerichtet. Das Militär tötete darüber hinaus mehr als 100 Afroamerikaner in der Umgebung.

Der Titel von Nate Parkers Film lässt schon aufhorchen. Denn "The Birth of a Nation" heißt einer der Meilensteine der Filmgeschichte: Mit dem 1915 gedrehten "The Birth of a Nation" ("Geburt einer Nation") und dem darauffolgenden "Intoleranz - Die Tragödie der Menschheit" ("Intolerance", 1916) führte David Wark Griffith (1875-1948) Neuerungen ein, die den Film als eigenständiges Medium etablierten, darunter Rückblenden, Parallelmontagen, Kamerafahrten und -schwenks, Massenszenen und Nahaufnahmen, vor allem aber die Rhythmisierung durch den Schnitt. Beeinflusst von Griffith übernahm etwas später der russische Regisseur Sergej M. Eisenstein (1898-1948) die Filmmontage als besonderes filmisches Mittel, um die Filmgrammatik endgültig festzuschreiben.

Für Griffith beginnt die Geburt der US-Nation mit dem Bürgerkrieg oder Sezessionskrieg (1861-1865), den er im ersten Teil von "The Birth of a Nation" behandelt. Griffiths Film war und bleibt bis heute jedoch umstritten, weil sich im zweiten Teil rassistische Tendenzen und eine Verherrlichung des Ku-Klux-Klans in den Vordergrund drängen. Dadurch, dass Nate Parker die Geburt der Nation dreißig Jahre vorverlegt und insbesondere auch, dass er in deren Mittelpunkt einen Sklavenaufstand stellt, nimmt sich sein Film als Gegenentwurf zu Griffiths Klassiker aus.

Ob sich historisch der Titel rechtfertigen lässt, weil auch ein solcher Sklavenaufstand zur Abschaffung der Sklaverei und zum Sezessionskrieg - und damit zum Aufstieg der Vereinigten Staaten zur Weltmacht und zur eigentlichen "Geburtsstunde" des Landes - führte, sei dahingestellt. Filmisch kann Nate Parkers Film mit Griffiths Vorbild freilich nicht mithalten, auch wenn er Anfang 2016 auf dem Sundance Filmfestival große Zustimmung fand, und sowohl den Großen Preis der Jury als auch den Publikumspreis gewann. An der Kinokasse ist "The Birth of a Nation - Aufstand zur Freiheit" dagegen gefloppt.

Obwohl der Film über ein gutes Produktionsdesign verfügt, ist die Inszenierung nicht nur sehr konventionell, sondern auch von einem allzu deutlichen Gut-Böse-Schema geprägt. Die schwarzen Sklaven sind ohnehin gut, die Sklavenhalter werden holzschnittartig gezeichnet: Sie sind entweder Schwächlinge wie Samuel oder niederträchtige Sadisten, die beispielsweise einem Sklaven in Hungerstreik die Zähne mit Hammer und Meißel ausschlagen. Wobei sie in Sachen Sadismus von den Sklavenjägern noch überboten werden.

Vielleicht noch schwerer wiegt es, dass Nate Parker den entscheidenden Antrieb zum Aufstand als Rachefeldzug darstellt: Nat Turner trifft seine radikale Entscheidung, zum Aufstand zu rufen, erst nachdem seine Frau und er selbst misshandelt wurden. Dadurch verkommt "The Birth of a Nation ? Aufstand zur Freiheit" im letzten Filmdrittel zu einer von Gewaltexzessen begleiteten und mit blutrünstigen Szenen angereicherten Rachegeschichte, die filmisch eher einem "Splatter-", als einem historischen Film nähersteht.
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