URTEIL – JEDER IST KÄUFLICH, DAS | Runaway Jury
Filmische Qualität:   
Regie: Gary Fleder
Darsteller: John Cusack, Gene Hackman, Dustin Hoffman, Rachel Weisz, Bruce Davison, Bruce McGill, Jeremy Piven, Nick Searcy
Land, Jahr: U 2003
Laufzeit: 138 Minuten
Genre: Thriller
Publikum: ab 12 Jahren
Einschränkungen: S-


JOSÉ GARCÍA
Foto: Twentieth Century Fox

Ob es nun der Zufall wollte oder eher in der Absicht der zwei großen Studios Columbia und Fox lag, sind in derselben Woche im deutschen Kino zwei Spielfilme angelaufen, die nach der Vorlage eines populären amerikanischen Schriftstellers gedreht wurden: Gleichzeitig mit David Koepps Adaption der Stephen King-Novelle „Das geheime Fenster“ (siehe Filmarchiv) startete die achte Verfilmung eines John Grisham-Werkes: „Das Urteil – Jeder ist käuflich“, die auf dem Roman „The Runaway Jury“ basiert. Wobei die Abweichung im Original- und im deutschen Titel eine einfache Erklärung hat: „Die Jury“ heißt bereits der deutsche Verleihtitel einer früheren Grisham-Verfilmung („A Time To Kill“, 1996).

Spielfilme nach einer Grisham-Romanvorlage sind mit einer ähnlichen Grundkonstellation aufgebaut. Bereits der erste, „Die Firma“ (Sydney Pollack, 1993), handelte vom Kampf um Moral und Gerechtigkeit. „Der Klient“ (Joel Schumacher, 1994), „Die Kammer“ (James Foley, 1996), „Die Jury“ (Joel Schumacher, 1996) oder „Der Regenmacher“ (Francis Coppola, 1998) verlagern den Kampf des kleinen Mannes gegen das übermächtige System in den Gerichtssaal. Dort stehen sich der idealistische, kleine Anwalt und der mit allen Tricks handelnde Starverteidiger gegenüber, wobei sich dieser Klassenunterschied äußerlich bis in die Kleidung ausdrückt.

Auch in „Das Urteil – Jeder ist käuflich“ trägt der Geschworenenberater Rankin Finch (Gene Hackman) Designeranzüge und -krawatten zu teuren Hemden und mokiert sich über die billige, bewusst einfach wirkende Kleidung seines Gegenspielers, des aufrechten Anwalts Wendell Rohr (Dustin Hoffman). Dieser vertritt bei einer Schadensersatzklage gegen einen namhaften Waffenkonzern die Witwe eines beim Amoklauf eines Kollegen ums Leben gekommenen zweifachen Familienvaters. Damit der Prozess kein Präzedenzfall mit Milliardenverlusten für die Waffenindustrie wird, setzt die Waffenlobby alles daran, die Geschworenen zu einem Freispruch zu bewegen. Deshalb hat sie den skrupellosen Jury-Berater Rankin Fitch engagiert, der dem Verteidiger zuarbeiten soll – mit Hilfe der Auswahl, Überwachung und Einschüchterung der Geschworenen.

„Das Urteil“ variiert indes die Grundkonstellation eines Gerichtsthrillers wie der meisten Grisham-Verfilmungen. Durch die Figuren des undurchsichtigen Nick Easter (John Cusack), der es in die Gruppe der zwölf Geschworenen geschafft hat, um deren Mitglieder zu manipulieren, und seiner nicht weniger geheimnisvollen Freundin Marlee (Rachel Weisz), die sowohl Rankin Fitch als auch Wendell Rohr gegen einen Millionenbetrag eine Jury-Entscheidung im Sinne desjenigen anbietet, der das „Geschäft“ annimmt, verlagert sich das Thema des Filmes: „Das Urteil“ handelt nicht so sehr vom Prozess an sich als vielmehr von der Beeinflussung einer Geschworenen-Jury: „Gerichtsurteile sind viel zu wichtig, um sie Geschworenen zu überlassen“, fasst Rankin Finch die Schwachstelle dieses Rechtssystems zusammen.

Regisseur Gary Fleder übersetzt die Kombination des altbekannten Gerichtsdramas mit dem neuen Thema der Geschworenen-Manipulation in einen Wechsel von klassischen Gerichtsszenen mit schnellen Schnitten und nervösen Bildern aus Finchs Hauptquartier, von wo aus mittels modernster Technik die zwölf Geschworenen überwacht und nach den Möglichkeiten, sie unter Druck zu setzen, durchleuchtet werden.

„Das Urteil“ besitzt ein solides Drehbuch, das konventionelle Motivationen entfaltet, jedoch auch überraschende Wendungen parat hält. Die korrekte Regiearbeit verlässt sich allerdings in erster Linie auf das beeindruckende Star-Ensamble. Gestalten Dustin Hoffman und Gene Hackman ihre Figuren genauso konventionell und vorhersehbar, wie von ihnen erwartet wird, so liegt ein Pluspunkt der Besetzung auf der Figurenzeichnung der zwielichtigen Nick Easter und Marlee durch John Cusack und Rachel Weisz. „Das Urteil“ spricht durchaus interessante Themen an. Ein Potential, das leider nicht ausgeschöpft wird: Zugunsten der Thriller-Elemente werden diese interessanten Konflikte leider letztlich in den Hintergrund gedrängt.
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