KÖNIG VON BERLIN, DER | Der König von Berlin
Filmische Qualität:   
Regie: Lars Kraume
Darsteller: Florian Lukas, Anna Fischer, Marc Hosemann, Monika Hansen, Max Hopp, Rüdiger Klink, Daniel Zillmann, Carl Heinz Choynski, Uwe Preuss
Land, Jahr: Deutschland 2017
Laufzeit: 90 Minuten
Genre:
Publikum: ab 12 Jahren
Einschränkungen: --
im Kino: 9/2017


José García
Foto: robb

Kaum in Berlin angekommen, wo er eigentlich an einer Fortbildung teilnehmen möchte, sieht sich der junge, ehrgeizige Cloppenburger Kommissar Carsten Lanner (Florian Lukas) in einen Mordfall verwickelt: Der Inhaber einer renommierten Firma für Schädlingsbekämpfung Erwin Machalik (Carl Heinz Choynski) wird tot aufgefunden. Für Kriminalhauptkommissar Kolbe (Max Hopp) steht es von vorne herein fest: Das war Selbstmord! Obwohl alle Indizien am Tatort auch dafür sprechen, wittert Lanner Mord. Aber Kolbe lässt den "Becloppenburger" auflaufen. Allerdings kann Lanner auf die lokale Kollegin Carola Rimschow (Anna Fischer) zählen, der offensichtlich der Filz in der Berliner Polizei zum Halse raushängt. Viel Zeit bleibt den beiden zur Mordaufklärung nicht. Denn Machalik hatte vor seinem Ableben eine ungeheure Rattenplage in Berlin angekündigt. Bürgermeister Koppelberg (Uwe Preuss) ist verzweifelt. Machaliks feiste Söhne Max (Rüdiger Klink) und Helmuth (Daniel Zillmann) übernehmen zwar die Firma, aber mit der Plage sind sie überfordert. Helfen könnte eher der Kammerjäger Toni Matthes (Marc Hosemann), der Sohn von Machaliks Chefsekretärin Claire Matthes (Monika Hansen). Offenbar hat die Rattenplage mit einer mysteriösen Organisation MaMMa zu tun.

Die Krimihandlung stellt sich bald als bloßes Vehikel für eine beschwingt-amüsante Krimikomödie heraus. "Der König von Berlin" könnte auch als Milieustudie über den Filz in einer wunderbar vielseitigen, aber auch verrückten Stadt bezeichnet werden - wofür die abertausenden Ratten als Symbol stehen könnten. Basierend auf dem gleichnamigen Buch von Hors Evers bietet Drehbuchautor und Regisseur Lars Kraume eine bunte, manchmal auch schräge Kriminalkomödie, die mit ausgefallenen Einfällen und mit großartigen Schauspielern aufwartet: Florian Lukas, der Berliner, der einen etwas unbedarften, aber grundehrlichen Kommissar aus der Provinz spielt, und Anna Fischer, die mit Berliner Schnauze ihren gefährlichen Fahrstil wettzumachen versucht. "Der König von Berlin" umschifft immer wieder einen schenkelklopfenden Humor, der in vielen deutschen Komödien einfach in Klamauk umschlägt - auch wenn der Film einen gewissen Hang zum Slapstick nicht verhehlen mag.

"Der König von Berlin". Buch und Regie: Lars Kraume, Samstag, 23. September, 20.15 Uhr im Ersten, 90 Minuten.

Interview mit Regisseur sowie Drehbuchautor Lars Kraume sowie mit Hauptdarsteller Florian Lukas zur Krimikomödie "Der König von Berlin"


Ihre letzten Spielfilme "Meine Schwestern" und "Der Staat gegen Fritz Bauer" waren eher düstere Dramen. Suchten Sie jetzt mit der Krimikomödie Abwechslung?

Lars Kraume: Eine Komödie habe ich auch schon vor 16 Jahren gedreht: "Viktor Vogel -Commercial Man" mit Alexander Scheer und Götz George. Dazwischen waren viele Dramen und Krimis. Deshalb habe ich mich sehr gefreut, wieder eine Komödie machen zu können. Ich mag alle Facetten des Filmemachens.

Was waren die Vorbilder für die Inszenierung der Krimikomödie?

Lars Kraume: Das große Vorbild ist Inspektor Clouseau in "Der rosarote Panther". Das Format Krimikomödie mit einem Außenseiter, der dann den Fall tatsächlich löst... Und das alles in einer grotesken Situation mit der Rattenplage und dem Mordfall sowie der Frage, was das eine mit dem anderen zu tun hat. Es gibt auch noch andere Vorbilder für obskure Bedrohungen in Großstädten wie "Ghostbusters" oder "Men in Black".

Florian Lukas: Na ja, den Krimi habe ich nicht ganz verstanden ... Ich habe den Film zweimal gesehen, und verpasse immer den Augenblick, wenn erklärt wird, wer der Mörder ist. Deshalb würde ich eher von einem "Krimi-Placebo" sprechen. Ja, Clouseau könnte ein Vorbild sein. Aber ich mag auch die Louis de Funes-Filme. Er ist ja ein kleiner Typ, der versucht, sich zu behaupten. Ich bin ein Fan von solchen Figuren. Da sind auch noch die großen Vorbilder aus der Stummfilmzeit. Mir fehlt allerdings das akrobatische Talent eines Buster Keaton. Ich würde gerne nur den Hauch des Könnens dieser Genies haben, denn ich mag den Slapstick, der häufig unterschätzt wird, weil man ihn mit Klamauk verwechselt.

Kann es sein, dass hier die Komödie funktioniert, weil sie nicht den Schenkelklopfhumor sucht, oder weil sie in eine andere Handlung eingebettet ist, was Sie "Krimi-Placebo" nennen?

Florian Lukas: Ich mag den trockenen Humor, ich mag die subtilen Dinge, denn die große Keule finde ich nicht lustig. Viele Menschen finden es lustig, herablassend auf andere herabzuschauen. Das ist Schadenfreude, die wir häufig mit Humor verwechseln. Ich mag Schadenfreude nicht. Man müsste schon Humorexperte sein, um den Unterschied zu analysieren. Aber ich glaube, es besteht in der Ernsthaftigkeit, nicht auf die eigenen Figuren herabzuschauen, um sich dadurch besser zu fühlen.

Was ist das Spezifische an Berlin im Gegensatz zu Städten wie New York oder Los Angeles, in denen die von Ihnen genannten Filme spielen?

Lars Kraume: Zunächst einmal, und das ist nicht Berlin-, sondern Deutschland-spezifisch, dass wir unsere Filme mit wesentlich viel weniger Geld drehen. Es geht um den grotesken Filz vom Bankenskandal bis zum BER, um den obskuren Verwaltungsapparat, bei dem man im Bürgeramt keine Termine bekommt ... Allerdings sind die Ratten nicht nur ein Symbol: Die Stadt hat tatsächlich ganz viele Ratten.

Florian Lukas: Für Berlin ist typisch die Wurstelei: "Es wird schon", "es kümmert mich doch nicht, alles egal". So wurstelt sich diese Stadt seit vielen Jahrzehnten irgendwie durch. Ich kenne mich nicht so genau aus, um zu sagen, wie eine solche Geschichte in London oder Paris aussehen würde. Aber in Berlin liegt es auf der Hand, dass Dinge, die jahrzehntelang schieflaufen, unter der Oberfläche gären, weil sich einfach "keener" darum kümmert. Es ist alles "egal". Das finde ich so schön an der von Marc Hosemann gespielten Figur, dass er ständig "egal" sagt. Das passt zu dieser Stadt.

Carsten Lanner kommt aus der Provinz, und sieht sich damit konfrontiert. Wie haben Sie diese Figur gestaltet?

Lars Kraume: In Evers´ Buch ist schon sehr viel angelegt. Der Außenseiter, der aus schwacher Position gegen eine Mischpoke, eine korrupte Berliner Polizei, antritt, den man versucht, gleich abzuschieben. Eine Abstellkammer ist eine naheliegende Überhöhung, wie man eine solche Figur als isoliert im Film präsentiert. Was Florian (Lukas) selbst dann genial macht, ist, wie man auftritt, wie man eine solche Abstellkammer betritt ...

Florian Lukas: Es ist eher eine emotionale Annäherung. Lars (Kraume) schreibt das. Ich verstehe ganz genau, was er meint. Lanner ist im besten Sinne rechtschaffen. Der Ausdruck mag spießig klingen, aber ich mag die Beharrlichkeit, die nicht verkrampft oder ehrgeizig ist. Ich mag seine leise Art, aber mit Rückgrat, was allen anderen um ihn herum mit Ausnahme von Carola abgeht.

Wie dreht man einen Film mit Ratten?

Lars Kraume: Das ist der Horror. Dreharbeiten sind sehr disziplinierte, streng organisierte Arbeitsabläufe. Mit Kindern oder Tieren drehen ist schwierig, weil sie sich in der Regel nicht an Absprachen halten. Bei Tieren gibt es auch Unterschiede: Hunde lassen sich dressieren, bei Pferden geht es auch, aber schon bei Katzen wird es schwer. Und mit Ratten ist es die Hölle. Sie wurden zwar dressiert, aber die Dressur klappt nicht. Sie machen einfach nicht, was man will. Deshalb mussten wir die meisten Ratten digital erzeugen.

Wird es eine Fortsetzung, gar eine Reihe mit Carsten Lanner geben?

Lars Kraume: Das ist eine gute Frage. Das muss die ARD beantworten. Ich sage es mal so: Wenn ich am Samstagabend den Fernseher einschalte, und es läuft ein obskurer, bunter, anarchisch-schräger Krimi, freue ich mich. Themen gibt es genug: Vom Bau eines Flughafens über die Drogendealer im Görlitzer Park ...

Florian Lukas: Ich würde total gerne weitermachen, auch wenn ich als Berliner einen Nicht-Berliner spiele (lacht). Die Produktion, Lars (Kraume) und mich verbindet eine lange Freundschaft. Es ist sehr schön, dass wir uns hier zusammengefunden haben. Auch deshalb ist der Wunsch da. Aber die Sender wollten zunächst einmal einen Film machen und auf die Reaktion des Publikums warten. Das ist natürlich legitim.
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